Wünsche erweisen sich häufig als Keim der Handlungen; daher spielt die Beschaffenheit der Wünsche, die wir hegen, eine überaus wichtige Rolle in unserem täglichen Leben. Die Christliche Wissenschaft befähigt uns, Wünsche, die mit dem göttlichen Prinzip vereinbar sind, zu entwickeln und so unsere Handlungen im Entstehen zu gestalten. Dieses Vorgehen sichert uns sowohl göttliche Führung als auch göttlichen Schutz.
Mrs. Eddy schreibt auf Seite 9 ihrer Botschaft an Die Mutterkirche für das Jahr 1900: „Starke Wünsche beeinflussen das menschliche Urteil und leiten das Handeln irre oder heben es höher”. Irregeleitete Wünsche leiten das menschliche Handeln unvermeidlich irre, und durch göttlich geleitete Wünsche wird das menschliche Leben immer mehr göttlich geordnet. So können wir hier und jetzt den Einfluß des einen Gemüts, Gottes, kennen und nur ihm folgen.
Jeder Same rechten Verlangens sollte sorgfältig gepflegt werden, damit er einen angemessenen Ertrag in unserem menschlichen Leben bringe. Nicht einmal das geringste geistige Streben oder rechte Innewerden sollte unbeachtet gelassen, zurückgewiesen oder verkannt werden; denn es ist zweifellos eine Mitteilung des Christus.
Manche Leute gestehen, daß ihnen nichts daran liegt, „zu gut” zu werden, wie sie es nennen. Dies rührt vielleicht daher, daß sie sich vor Eintönigkeit, Trübseligkeit und Selbstgerechtigkeit, lauter in der Christlichen Wissenschaft verpönten Zuständen, scheuen. Welcher einsichtsvoll Denkende kann wirklich das Verlangen haben, in seinem täglichen Leben ein buntscheckiges Muster, ein Gemisch aus Freude und Leid, Tugend und Laster, Frieden und Unruhe, Fortschritt und Rückschritt zum Ausdruck zu bringen? Aber Schwankungen scheinen durchschnittlich die Regel im menschlichen Leben zu sein. Materielle Wünsche steigen auf, nur um wieder niederzusinken; und durch die seelische Erschütterung bleibt unser Glaube oft erschüttert.
Geteilte Wünsche können keinen stetigen Fortschritt bringen. Im Denken dessen, der fürchtet, er könne zu gut werden, hat sich noch nicht das Verständnis der vollkommenen und befriedigenden geistigen Eigentümlichkeit des Menschen in Gottes Ebenbild entfaltet. Woher kommt wahre Eigentümlichkeit? ist die Frage. Würden Eigentümlichkeit und Fähigkeit nach den Vorfahren bemessen, so würde der Fortschritt jedes folgenden Geschlechts an Maßstäben der Vergangenheit gemessen. Aber es zeigt sich, daß selbst das menschliche Leben immer Gottes Gesetz des Fortschritts folgt, wenn man mit dessen Forderungen zusammenarbeitet und alles aufgibt, was den Fortschritt aufhält.
Paulus spricht von „den Kindern des Unglaubens”, die „den Willen des Fleisches und der Vernunft” erfüllen. Die Christliche Wissenschaft gewährt gehorsamen Sterblichen vollständigen Schutz vor solchen Wünschen. Die Maßstäbe des menschlichen Handelns werden erhöht und festgegründet, wenn ihr Grund in Gott, in den unerforschten Tiefen des göttlichen Gemüts, gelegt wird. Das geistige Verständnis ist immer von großem Frieden begleitet; denn unter der Herrschaft des göttlichen Prinzips willigt der wahre Denker nicht in die Einflüsterung ein, daß er nach zwei Richtungen gezogen werden könne. Er gibt nicht zu, daß es zwei Richtungen gebe. Fortschritt wird als rein geistig erkannt, und der Weg dazu liegt in jener allmählichen Vergeistigung des Denkens und Verlangens, die jeder Schüler der Christlichen Wissenschaft wachsam pflegt.
Erwachenden wahren Wünschen scheinen sich allerlei fleischliche Wünsche, zu denen nutzloses Zeitvergeuden gehört, beständig entgegenzustellen. Es muß bewiesen werden, daß solche aufhaltenden Annahmen machtlos sind, gegen geistige Wünsche und die höchste Anziehung des Guten zu kämpfen. Sind wir wachsam und gehorsam, so brauchen wir nicht zu fürchten, daß unser Trachten nach dem Guten umschlagen oder erfolglos bleiben könne; denn Jesus sagte: „Alles, was ihr bittet in eurem Gebet, glaubet nur, daß ihr’s empfangen werdet, so werdet ihr’s haben” (engl. Bibel). Man könnte fragen, wie man denn glauben könne, daß wir das, worum wir bitten, schon haben. Der geistige Mensch, der einzige Mensch, ist von Versuchung und von menschlichen Gebrechen ganz frei; er ist vollständig und bewußt gesegnet: „der ganze Mensch” ist „gesund”. Um die Erkenntnis dieser ewigen Tatsache beten wir zuversichtlich und ohne Unterlaß.
In den Psalmen lesen wir: „Du tust deine Hand auf und erfüllest alles, was lebet, mit Wohlgefallen”. Es gibt in Wirklichkeit keinen unbefriedigten Zustand, kein unvollständiges, unausgeglichenes Denken; denn der geistige Mensch ist der ebenmäßige Ausdruck des göttlichen Gemüts und des geistigen Gesetzes. Wird also der Christliche Wissenschafter von Einflüsterungen der Widerwärtigkeit oder der Unvollständigkeit versucht, so hält er im Denken an der Vollständigkeit des Ebenbildes Gottes fest und läßt keinen Wunsch aufkommen, der nicht an diese Vollkommenheit heranreicht.
Welche Freude es doch bereitet, zu beobachten, wie unsere Wünsche sich immer klarer gestalten, bestimmt und gerade hervortreten, kühn und sicher über die alten materiellen Maßstäbe emporund hinausragen! Wie gern wir diese göttlich eingegebenen Wünsche ergreifen und alle geringeren aufgeben, gerade wie wir nicht zögern, wenn wir eine Treppe hinaufgehen, die unteren Stufen zu verlassen. Es gibt nur eine Ebene, Gottes Ebene. Je reiner und wahrer unsere Wünsche sind, desto gewisser können wir sein, daß sie in Erfüllung gehen; und andere Wünsche sind nicht wert, gehegt zu werden.
