Auf Seite 390 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Unsere Unwissenheit über Gott, das göttliche Prinzip, bringt scheinbare Disharmonie hervor, und das richtige Verständnis von Ihm stellt die Harmonie wieder her”. Da ein falscher Gottesbegriff die Disharmonie verursacht, der die Menschen scheinbar zum Opfer fallen, so stellt „das richtige Verständnis von Ihm” die Harmonie offenbar wieder her, weil man nicht irregeführt werden kann, eine Lüge als wahr anzunehmen und unter den Folgen zu leiden, wenn man hinsichtlich der Behauptung der Lüge die Wahrheit weiß. Mit andern Worten, die Wahrheit, daß Gott das göttliche Prinzip ist, vernichtet die Lüge, daß Gott, das unendlich Gute, Böses schaffe oder zulasse, gerade wie man nicht glauben kann, daß zwei und zwei fünf sei, wenn man weiß, daß es vier ist. Ein Kind kann nicht verleitet werden zu glauben, daß ein Geist wirklich sei oder etwas sei, wovor es sich fürchten müsse, wenn es erkennen gelernt hat und daher weiß, daß Geister Trugvorstellungen—nichts—sind.
Wüßten die Menschen klar und beständig, daß Sünde und Krankheit nicht wahr oder wirklich sind, weil Gott, das göttliche Prinzip, sie nicht geschaffen hat, so würden die Annahmen Sünde und Krankheit ihre Scheinmacht, zu schaden oder zu täuschen, verlieren. Sagte Christus Jesus nicht: „Und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch freimachen”? Dies ist Gottes Gesetz, und es ist daher unanfechtbar und unfehlbar. Außerdem ist es einleuchtend, daß, da Gott das unendlich Gute ist, alles, wovon man befreit zu werden braucht, alles, wovon man befreit werden kann, eine falsche Annahme oder eine Lüge über Gott und Seine Schöpfung—über die Wirklichkeit—ist. Und der einzige „Ort”, wo diese Freiheit zu erlangen ist, ist im menschlichen Denken, weil das der einzige „Ort” ist, wo eine Lüge über Gott oder die Wirklichkeit wahr scheinen kann.
Aber warum, könnte man fragen, verursacht denn „Unwissenheit über Gott, das göttliche Prinzip”, scheinbar Disharmonie? In erster Linie, weil das, was wir erleben, der Ausdruck oder die Veräußerlichung unseres Denkens ist. Jeder Mensch bekundet in seinem Leben nur das, wessen er sich bewußt ist, was er als wirklich annimmt, sei es die Wahrheit und die daraus hervorgehende Harmonie oder Irrtum und Disharmonie. „Wie er in seinem Herzen denkt, so ist er” (engl. Bibel), sagte der Weise lange vor dem christlichen Zeitalter und enthüllte damit die Tatfache, daß unser Erleben unser verbildlichtes Denken ist. Paulus wies auf dasselbe hin, als er in seinem Briefe an die Römer schrieb: „Wisset ihr nicht: welchem ihr euch begebet zu Knechten in Gehorsam, des Knechte seid ihr, dem ihr gehorsam seid, es sei der Sünde zum Tode oder dem Gehorsam zur Gerechtigkeit?”, und ferner, als er den Philippern und den Nachfolgern des demütigen Nazareners jedes Zeitalters mit den Worten: „Ein jeglicher sei gesinnet, wie Jesus Christus auch war”, riet, danach zu streben, sich der Wahrheit des Seins bewußt zu werden.
Auf dieselbe Wahrheit legte Christus Jesus in der Bergpredigt Nachdruck, als er jene liebevolle und unvergleichliche Anleitung und Verheißung gab: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”, oder mit andern Worten: Trachtet den rechten Begriff von Gott als dem göttlichen Prinzip zu erkennen und im Bewußtsein zu behalten, und ihr werdet das Himmelreich, Harmonie, erleben. Unsere Führerin macht diese Tatsachen in allen ihren Schriften klar, aber vielleicht nirgends bündiger, als wenn sie sagt (in dems. Buche, S. 261): „Halte den Gedanken beständig auf das Dauernde, das Gute und das Wahre gerichtet, dann wirst du das Dauernde, das Gute und das Wahre in dem Verhältnis erleben, wie es deine Gedanken beschäftigt”.
Zugegeben also, daß das menschliche Erleben der Ausdruck des menschlichen Denkens ist, warum verursacht dann, wie Mrs. Eddy erklärt, ein falscher Gottesbegriff scheinbare Disharmonie, und warum stellt das rechte Gottesverständnis die Harmonie wieder her? Warum, kann man fragen, spricht unsere geliebte Führerin von „scheinbarer” Disharmonie? Erkennt man den Grund, warum Mrs. Eddy diesen Ausdruck gebraucht, so hat man die Antwort auf die andere Frage. Disharmonie ist ganz richtig als „scheinbar” bezeichnet, weil sie nicht wirklich ist, d.h. nicht von Gott ist, der sowohl die unendliche Liebe als auch das unendliche Gemüt ist, und der „ansah alles, was er gemacht hatte; und siehe da, es war sehr gut”. Mit andern Worten, Gott, das unendlich Gute, könnte nichts Ihm Unähnliches schaffen und tut es auch nicht, daher die Unwirklichkeit der Disharmonie, die nur eine Erscheinungsform des mutmaßlichen Bösen ist,—das, was Gott, dem Guten, ungleich ist. Durch die Erkenntnis der Tatsache, daß Disharmonie nicht wirklich ist, verstehen wir, warum Unwissenheit über Gott, die den Glauben annimmt, das Böse sei von Gott, „scheinbare Disharmonie hervorbringt”. Glaubt man, daß Gott das Böse schaffe oder zulasse, so glaubt man an die Wirklichkeit des Unwirklichen und erleidet der Annahme nach die Folgen—irgend eine Disharmonie.
Erlangt man aber durch die Christliche Wissenschaft das rechte Verständnis, daß Gott die unendliche göttliche Liebe ist, so verliert die Disharmonie, die uns getäuscht hat, ihre Scheinwirklichkeit in unserem Bewußtsein und verschwindet, und die Harmonie wird wiederhergestellt. Da es gut ist, von scheinbarer Disharmonie frei zu bleiben, sollten wir Christliche Wissenschafter oft an die unschätzbare Botschaft der Mrs. Eddy auf Seite 160 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” denken: „So leben, daß das menschliche Bewußtsein in beständiger Verbindung mit dem Göttlichen, dem Geistigen und dem Ewigen bleibt, heißt die unendliche Kraft in sich zum Ausdruck bringen; und das ist Christliche Wissenschaft”. Und wir wollen auch der bedeutungsvollen Erklärung des Meisters eingedenk sein, die enthüllt, daß es weise ist, ein rechtes Gottesverständnis zu erlangen: „Das ist aber das ewige Leben, daß sie dich, der du allein wahrer Gott bist, und den du gesandt hast, Jesum Christum, erkennen”.
