In der Regel findet der strebsame Schüler bei seinem Ergründen der Christlichen Wissenschaft schon frühzeitig, daß die göttliche Liebe irgend ein Bedürfnis befriedigt; und eine Zeitlang mag er denken, daß diese Wissenschaft zur Befriedigung gerade derartiger Bedürfnisse besonders nützlich sei. Bei weiterem Vordringen findet er, daß sie viele andere Bedürfnisse befriedigt. Und schließlich beginnt er die Richtigkeit und Erhabenheit der Erklärung der Mary Baker Eddy, der geliebten Führerin der Christlichen Wissenschafter, auf Seite 494 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” zu erfassen: „Die göttliche Liebe hat immer jede menschliche Notdurft gestillt und wird sie immer stillen”.
Liebe — das Verständnis und der Beweis der göttlichen Liebe — erweist sich als das rechte und wirksame Mittel zu jedem guten Zweck. Ist das Bedürfnis Gesundheit, so ist sie das Mittel zur Gesundheit; ist es Versorgung, so ist sie das Mittel zur Versorgung; ist geistige Erfrischung, frohe Kameradschaft, größere Nützlichkeit vonnöten, so ist sie der sichere Weg dazu und zu allem Guten.
Der ernste Schüler der Christlichen Wissenschaft ist für das göttliche Prinzip unaufhörlich dankbar. Wie er die Liebe besser verstehen lernt und das Gelernte anwendet, wird er beständig gewahr, daß er durch wahres Lieben die Wirklichkeit berührt, und daß diese Wirklichkeit Friede und Kraft und Schönheit ist. Wie der Apostel Johannes sieht auch er in zunehmendem Maße, daß „die Liebe von Gott ist, und wer liebhat, der ist von Gott geboren und kennt Gott”.
Die äußerst wichtige Frage in jeder menschlichen Lage ist also: Wie kann man mehr lieben? Auf diese Frage gibt die Christliche Wissenschaft die klare Antwort: Indem man durch die Christliche Wissenschaft die Allheit Gottes, der göttlichen Liebe, und die Nichtsheit des Bösen — alles von der Liebe Abweichenden — erkennt.
Was ist in Wirklichkeit des Menschen Stand in der Wissenschaft? Als das Ebenbild Gottes, des unendlich Guten, ist er harmonisch, mit allen Erfordernissen der Harmonie und der Freudigkeit ausgestattet. Durch Widerspiegelung hat er alle Eigenschaften des Gemüts. Überdies kann ihm nichts genommen werden. Er hat infolge seiner Beziehung zu Gott und Gottes Ideen ununterbrochen vollkommene Kameradschaft. Er sieht nur das Gute. Er ist auf ewig als der Ausdruck des Gemüts gekennzeichnet. Er hat Gleichmut, Frieden, ist in unbegrenztem Maße nützlich und auf ewig im unendlichen Leben geborgen.
Dies sind wirkliche geistige Tatsachen über den Menschen; und es ist klar, daß sie keinen Raum für irgend etwas der Liebe Unähnliches lassen. Neid z.B. wird dadurch so unmöglich wie Finsternis im Licht. Wo alle durch Gottes unendliche Vorkehrung für den Menschen vollkommen sichergestellt und befriedigt sind, ist niemand neidisch oder zu beneiden. Auch nur einen Augenblick eine Einflüsterung von Neid beherbergen heißt also einfach, sich der Annahme nach dem Unwirklichen zuwenden, sich von dem abwenden, was allein befriedigen kann.
Ebenso verhält es sich mit Haß. Im Reiche des Geistes gibt es nichts zu hassen; denn nur Vollkommenheit ist gegenwärtig; und auch nur im geringsten an etwas neben Gott glauben, heißt das Gute suchen, wo es nicht zu finden ist, während das unendlich Gute gegenwärtig ist und nur erkannt zu werden braucht. So verhält es sich auch mit Ungeduld, Stolz, Geringschätzung, selbstsüchtigem Ehrgeiz, Selbstbedauern, Eigenliebe, Trägheit, Freudlosigkeit, Furcht — mit allem dem Guten Unähnlichen. Diese Irrtümer haben in der göttlichen und wirklichen Ordnung keinen Raum; sie sind unwirkliche Annahmen und daher Annahmen von Schwachheit und Not. Wenn der Schüler sie bestimmt zurückweist und durch sein Ergründen und gewissenhaftes christliches Leben und Wissen die göttlichen Tatsachen als Tatsachen über sich selber beansprucht, erlebt er das Wunder, daß die göttlichen Tatsachen in seiner Erfahrung immer mehr in Erscheinung treten, daß Liebe — die Widerspiegelung der göttlichen Liebe — für ihn natürlich wird, und daß alles der Liebe Unähnliche verschwindet.
Eine große Hilfe beim Wachstum des Schülers an geistigem Verständnis und im Beweisen ist Wachsamkeit. Es ist zu seinem Vorteil, wenn er auf der Hut ist gegen jede Einflüsterung, daß ihm durch ein Denken, das nicht die Widerspiegelung des unendlich Guten und daher lieblos ist, auch nur vorübergehend etwas Gutes zuteil werden könne. Wenn er in dieser Weise wachsam ist, wird er sich nicht zu dem Glauben verleiten lassen, daß er angesichts gewisser angreifender Neigungen des sogenannten menschlichen Gemüts Liebe vorenthalten und diesen Neigungen anstatt mit der klaren Erkenntnis der Machtlosigkeit des Bösen, der Allmacht des Guten und der mit dieser Erkenntnis verbundenen Weisheit mit Unwillen, Haß und bloßer Parteilichkeit entgegentreten dürfe.
Der Schüler muß unter allen Umständen erkennen lernen, daß Stärke, Freiheit, Freudigkeit, Friede, Gesundheit, alles Begehrenswerte ihm nur zuteil wird, wenn er sich der Wahrheit zuwendet und den Irrtum verwirft,— nur, wenn er sich mit dem geistig wahren Menschen wesenseins erklärt, was nur durch Widerspiegeln der Liebe geschehen kann.
Wie geht also, kurz gesagt, der Christliche Wissenschafter richtig vor, wenn ihm etwas dem Guten Unähnliches begegnet? Er darf den falschen Anspruch natürlich nicht einfach übersehen, billigen, entschuldigen oder irgendwie ermutigen. Es wird von ihm verlangt, daß er seinen Glauben daran aufgebe. Und zu diesem Zweck erkennt er ihn als falsche Vorstellung, ohne Wesenheit oder Wirklichkeit. Er erkennt, daß nur Gott, das Gute, und Seine Widerspiegelung wirklich sind. Bleibt er sich unerschütterlich dieser Tatsache bewußt, und bekundet er die unvermeidlich damit verbundene Weisheit und Liebe, so sieht er Beweise der geistigen Tatsachen. Und sind beim Beweisen menschliche Schritte erforderlich, so kann er sie eher richtig erkennen und demütig unternehmen.
Die menschliche Erfahrung hat ihre Wüsten, ihre dürren Gebiete, und drückt solche Unvollkommenheitsannahmen solange aus, bis die göttliche Wissenschaft sie zurückfordert. In Zeiten der Unzufriedenheit, der Trübsal, der Unsicherheit müssen wir um mehr Verständnis der Liebe beten — und mehr lieben. Wir müssen die Vollkommenheit alles wahren Seins wissen, wodurch Liebe unvermeidlich wird. So kann das dürre Land in jedem Falle „blühen wie die Lilien”.
Paulus schrieb: „Die Liebe versagt nie” (engl. Bibel). Das klingt, als ob er geschrieben hätte: Die Liebe ist immer erfolgreich. Die Christliche Wissenschaft zeigt in Übereinstimmung mit der biblischen Lehre klar, daß Gott die Liebe ist. Indem Mrs. Eddy zeigt, daß „der Geist menschliche Angelegenheiten regieren sollte”, schreibt sie (Miscellaneous Writings, S. 267, 268): „Die vorbereitende und anregende Ursache aller Niederlage und alles Sieges unter der Sonne beruht auf der wissenschaftlichen Grundlage, daß Handeln aus Gehorsam gegen Gott des Menschen Beweggründe und Verfahren vergeistigt und mit Erfolg krönt, während Ungehorsam gegen dieses göttliche Prinzip menschliches Vorgehen und das menschliche Bewußtsein verweltlicht und wirkungslos macht”. Und in Wissenschaft und Gesundheit (S. 266) erklärt sie: „Allumfassende Liebe ist der göttliche Weg in der Christlichen Wissenschaft”.
