Die Randüberschrift eines Abschnitts auf Seite 393 des christlich-wissenschaftlichen Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy lautet: „Keine wirkliche Krankheit”,— eine Behauptung, die einerseits in manchen, die die ihr zugrunde liegende Wahrheit nicht kennen, wohl Zweifel erregt, anderseits die Dankbarkeit Tausender wachgerufen hat. In dem erwähnten Abschnitt schreibt Mrs. Eddy: „Der Mensch ist niemals krank, denn Gemüt ist nicht krank, und die Materie kann es nicht sein. Eine falsche Annahme ist beides, der Versucher wie der Versuchte, die Sünde wie der Sünder, die Krankheit wie deren Ursache”. Diese beiden kurzen Sätze enthalten den Grund für die Erklärung, daß Krankheit unwirklich ist, eine Erklärung, die langsam aber sicher das Denken aller Menschen über Krankheit ändert.
„Keine wirkliche Krankheit”! Wie kam die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft zu diesem Schluß? Mrs. Eddy, eine eifrige Forscherin in der Bibel und treue Nachfolgerin Christi Jesu, nahm die Tatsache der Allheit Gottes an, die Tatsache, daß Gott das unendlich Gute ist. Ja, sie tat noch mehr: sie zog aus der Tatsache, daß Gott das unendlich Gute ist, den Schluß, daß das Böse unwirklich ist, daß das Böse in allen seinen scheinbaren Formen oder Verkleidungen ohne Wirklichkeit ist. Und da Krankheit eine Scheinform des Bösen ist, schloß sie ferner, daß Krankheit nur ein Traum des materiellen Sinnes, eine Trugvorstellung des sogenannten sterblichen Gemüts ist. Daher konnte Mrs. Eddy auf Seite 396 in Wissenschaft und Gesundheit schreiben: „Der Traum der Krankheit wird durch das Verständnis beendet, daß Krankheit von dem menschlichen Gemüt gebildet wird, nicht von der Materie, noch von dem göttlichen Gemüt”.
Der Christliche Wissenschafter betrachtet also jede Krankheitsform als unwirklich, weil sie nicht vom Geist, von Gott, ist,— weil Gott sie nicht geschaffen hat. Und als christlich-wissenschaftlicher Ausüber ist er bestrebt, alle, denen er hilft,— alle, die ihn um Behandlung bitten,— für die Wahrheit zu gewinnen. Hier ist Weisheit vonnöten; denn der Hilfesucher hat vielleicht nur eine ganz geringe Kenntnis vom wirklichen Sein. Er muß daher liebevoll zum Verständnis geführt werden, daß Gott das unendlich Gute ist, damit er die trügerische Art des Bösen einschließlich Krankheit sehen kann. Um dies herbeizuführen, mag er gebeten werden, sich andächtig in Wissenschaft und Gesundheit zu vertiefen, oder es wird ihm empfohlen, über gewisse Stellen im Lehrbuch nachzudenken, Stellen, die der Ausüber für besonders geeignet hält, den irrigen Annahmen des Hilfesuchers entgegenzuwirken. Dadurch und durch die ihm erteilte Behandlung nimmt sein Verständnis des Guten und sein Glaube daran zu, während sein Glaube an die Wirklichkeit der Krankheit abnimmt, bis er schließlich verschwindet.
Die Welt im allgemeinen glaubt bestimmt, daß Krankheit wirklich sei; aber der Christliche Wissenschafter läßt sich dadurch weder täuschen noch beeinflussen. Er weiß, daß eine Lüge stets unwahr ist, mögen auch noch so viele sie für wahr halten. Er ist von der Allgegenwart und Allmacht Gottes und ebenso von der Unwirklichkeit des Bösen überzeugt. Daher verharrt er bei seinem Leugnen jedes sich ihm der Annahme nach zur Zerstörung darbietenden Leidens und behauptet die Wahrheit, daß nur das Gute wirklich ist, so lange, bis die Krankheit überwunden ist. Niemand ist zur Bekämpfung von Krankheit so ausgerüstet wie der Christliche Wissenschafter. Aber er sollte beständig im Verständnis des geistigen Seins wachsen und stark werden im Glauben an Gott; denn dadurch wird er besser befähigt, Krankheit zu heilen.
Krankheit kann durch einen sittlichen Fehler verursacht sein oder infolge eines solchen Fehlers sich beharrlich zu behaupten scheinen. Dem materiellen Sinn willfahren, den Begierden des Fleisches törichterweise gehorchen, führt unvermeidlich zu Unannehmlichkeiten. Solche Unterwürfigkeit muß also aufhören und Gehorsam gegen das geistige Gesetz an ihre Stelle treten, wenn die durch sie verursachte Krankheit überwunden werden soll. Wie warnt doch Paulus die Galater? Im 6. Kapitel seines Briefs an sie schreibt er: „Wer auf sein Fleisch säet, der wird von dem Fleisch das Verderben ernten; wer aber auf den Geist säet, der wird von dem Geist das ewige Leben ernten”.
Christus Jesus heilte während seines Wirkens alle Arten von Sünde und Krankheit. Und nicht nur das, sondern er weckte auch die Toten auf. Es war durchaus vernunftgemäß, daß er die Toten auferweckte, verstand er doch so gut, daß Gott, die Quelle alles Lebens, unendlich und ewig ist, und daß der Mensch Sein Bild und Gleichnis ist. Sollte daher das ewige Leben denen, die durch die Christliche Wissenschaft die Unendlichkeit des Lebens verstehen, nicht beständig als verwirklichungsfähiges höchstes Ziel vorschweben? Krankheit und Sünde führen zu dem Glauben an den Tod. Mit der Überwindung von Krankheit und Sünde wird die Trugvorstellung Tod aufhören. Als Paulus sich vor dem König Agrippa verantwortete, fragte er: „Warum wird das für unglaublich bei euch geachtet, daß Gott Tote auferweckt?” Ja, warum, wo doch Gott, das Gute, unendlich ist und Sünde, Krankheit und Tod unwirklich sind?
