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Die Vollkommenheit des Seins

Aus der März 1935-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Christliche Wissenschaft unternimmt heute etwas sehr Mutiges: angesichts scheinbar herrschender Unvollkommenheit erklärt sie der Welt die Vollkommenheit Gottes und die Vollkommenheit Seiner ganzen Schöpfung. Überall auf der Erde scheint es Krankheit, Sünde und Tod zu geben. Im ganzen Pflanzen- und Tierreich zeugt der materielle Sinn für Auflösung und Verfall. Aber trotz allem, was der materielle Sinn zugunsten des Gegenteils einwenden mag, besteht die Christliche Wissenschaft darauf, daß Gott vollkommen ist, und daß Sein Weltall Seine Vollkommenheit widerspiegelt. Der Zweifler hört wahrscheinlich hohnlachend, was die Christliche Wissenschaft verkündet. Wer nur oberflächlich an Gott glaubt, nur wenig über Ihn und Seine Schöpfung weiß, bittet jedoch wohl um Aufklärung, da er gern verstehen möchte, wie die große göttliche Tatsache der Vollkommenheit des Seins wissenschaftlich bewiesen werden kann.

Mrs. Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, behauptet, daß Gott das unendlich Gute ist; daß Er das unendliche Gemüt oder der unendliche Geist ist. Was folgt logischerweise daraus? Die ewige Wahrheit, daß nur das Gute wirklich ist, daß nur das Gemüt und seine Kundwerdung — seine Ideen — wirklich sind. Aber behaupten, daß nur das Gute wirklich ist, heißt auch behaupten, daß nur die Vollkommenheit wirklich ist. Und da ferner Gott, das Gute, das Gemüt ist, muß Seine Ideenschöpfung vollkommen sein. Unsere Führerin schreibt auf Seite 353 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift”: „Vollkommenheit liegt der Wirklichkeit zu Grunde. Ohne Vollkommenheit ist nichts völlig wirklich”. Wer also zugibt, daß Gott das unendlich Gute ist, ist zu dem Schluß gezwungen, daß alles wirklich Bestehende vollkommen ist, und daß es immer vollkommen bleiben muß.

Der Mensch, der wirkliche oder geistige Mensch, ist vollkommen. Er kann, da er die Idee des Gemüts, Gottes, ist, nicht anders sein. Aber es sollte klar verstanden werden, daß sich diese Behauptung nicht auf einen Sterblichen bezieht. Denn was heißt es von ihm? Das er „kurze Zeit lebt und voll Unruhe ist”; daß er der Sünde, der Krankheit und dem Tod unterworfen ist; daß er unvollkommen ist. Wenn dem so ist, muß zugegeben werden, daß ein Sterblicher nicht von Gott ist, daß er nicht von Gott geschaffen ist. Und wenn er nicht Gottes Schöpfung, Gottes Idee, ist, kann er nicht wirklich sein. Von den Sterblichen wie von allen materiellen Dingen muß gesagt werden, daß sie, da sie durch Unvollkommenheit gekennzeichnet sind, kein wirkliches Dasein haben. Unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 414): „Sei eingedenk, daß die Vollkommenheit des Menschen wirklich und unantastbar ist, wohingegen die Unvollkommenheit verwerflich und unwirklich ist und nicht von der göttlichen Liebe herbeigeführt wird”.

Die Christliche Wissenschaft lehrt also eine ganz andere Anschauung vom Menschen, als wie sie allgemein herrscht; aber die Menschen behalten ihren falschen Begriff vom Menschen, bis sie geistig aufgeklärt werden. Was geschieht dann — was muß geschehen? Sie ändern ihr Denken über den Menschen, stellen die Wirklichkeit alles Irrtums in Abrede und verneinen, daß der Mensch je krank sein, sündigen oder sterben könne. Sie stellen in Abrede, daß es Unvollkommenheit gibt, daß es einen unvollkommenen Menschen gibt. Gewiß wird man zugeben, daß eine solche Änderung des Denkens auf seiten der Menschheit umwälzend ist. Und die Änderung findet nur dadurch statt, daß man der von der Christlichen Wissenschaft gelehrten Wahrheit über Gott und den Menschen treu ist.

Was ist die Wirkung dieser umwälzenden Änderung des Denkens, die Wirkung des Verstehens, daß Gott und der Mensch vollkommen sind? Erneuerung und Heilung. Beides findet statt, wenn erkannt wird, daß der Mensch vollkommen ist, nie der Unvollkommenheit, nie dem Bösen — der Sünde, der Krankheit oder dem Tode — unterworfen ist. Der Christliche Wissenschafter, dessen Aufgabe es ist, die Kämpfe der Wahrheit mit dem Irrtum auszufechten, ist siegreich, wenn sein Glaube an die Vollkommenheit des Seins standhält. Nie sollte er von diesem Verständnis abweichen. Nie sollte er den Maßstab verlassen, den der Meister mit den Worten aufstellte: „Darum sollt ihr vollkommen sein, gleichwie euer Vater im Himmel vollkommen ist”.

Aber die Anerkennung der Vollkommenheit Gottes und des Menschen erstreckt sich weit über den einzelnen und seine Probleme hinaus; sie betrifft die ganze Welt. Sie bestürmt die Übel, die die falschen nationalistischen Annahmen begleiten, und unterstützt das Zusammenkommen von Menschen verschiedener Nationalitäten im Geiste des Wohlwollens zu dem Zweck weiser und gerechter Lösung ihrer gemeinsamen Probleme. Das Verständnis der Unwirklichkeit alles dessen, was unwirklich scheint, das Wissen, daß nur das Vollkommene wirklich ist, ist eine wissenschaftliche und sichere Grundlage für die Beilegung aller menschlichen Meinungsverschiedenheiten.

Wie wunderbar die Vollkommenheit des wirklichen Seins in Wissenschaft und Gesundheit dargelegt ist! Auf Seite 253 ist Gott, der Geist, angesehen, als rufe Er sich selber zu: „Die Schönheit der Heiligkeit, die Vollkommenheit des Seins, unvergängliche Herrlichkeit — alles ist Mein, denn Ich bin Gott. Ich gebe dem Menschen Unsterblichkeit, denn Ich bin Wahrheit. Ich umschließe und verleihe alle Seligkeit, denn Ich bin Liebe. Ich gebe Leben ohne Anfang und ohne Ende, denn Ich bin Leben. Ich bin allerhaben und gebe alles, denn Ich bin Gemüt. Ich bin die Substanz von allem, denn Ich bin, der Ich bin”.

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