Dem Augenschein nach steht die Erde still, während sich die Sonne um sie dreht, und die beiden parallelen Schienen eines Einsenbahngleises laufen in der Ferne zusammen. Diese und viele andere Trugvorstellungen werden durch Überlegung, Verständnis und Beweis berichtigt. Trotzdem beharrt jedoch die geistig unaufgeklärte Menschheit darauf, das materielle Sinnenzeugnis als wahr anzunehmen, und beurteilt die Gesundheit, den Stand und die Aussichten der Menschen nach dem äußeren Anschein.
Christus Jesus kannte diesen Zug und diese Neigung des menschlichen sogenannten Gemüts; ferner sah er dessen Irrtum und die damit verbundene Zwietracht, Ungerechtigkeit und Knechtschaft. Es ist offensichtlich, daß der Meister sein Denken auf die geistige Tatsache gründete, daß Gott, das Gute, das eine allwissende Gemüt, das alles erschaffende, alles beherrschende göttliche Prinzip, die Liebe, ist; daß der Geist das einzige Leben und die einzige Substanz ist, und daß der Mensch, Gottes Bild und Gleichnis, geistig, harmonisch und vollkommen ist und auf ewig im Reiche des reinen geistigen Bewußtseins lebt. Dieses Verständnis der Wahrheit über Gott und den Menschen befähigte Jesus, zu sehen und zu beweisen, daß der materielle Sinn der Schöpfung einschließlich der Menschheit nur eine falsche Vorstellung ist; daß sogenannte materielle Zustände einfach vergegenständlichte Gedankenzustände sind, mit andern Worten, daß Dinge nicht das sind, was sie scheinen. Daher des Meisters Worte: „Richtet nicht nach dem Ansehen, sondern richtet ein rechtes Gericht”.
Diese auf der Wahrheit beruhende Anweisung ist daher für die Menschen von höchstem Wert, weil Christus Jesus sie durch Beweis bekräftigte. Als diejenigen, die glaubten, was sie sahen, „einen Gichtbrüchigen brachten, der auf einem Bette lag”, richtete Jesus nicht nach dem Anschein, sondern rügte den Glauben, daß Sünde die Kraft habe, Lust oder Schmerz zu erzeugen, worauf der Mann auf Jesu Gebot „aufstand und heimging”. Ebenso als andere, die das materielle Sinnenzeugnis glaubten, dabei beharrten, daß die Tochter des Jairus gestorben sei und den Meister verlachten, bewahrheitete er seine Behauptung: „Sie ist nicht gestorben, sondern sie schläft”— bekundet jene Erscheinungsform des Adamtraumes, den die Sterblichen Tod nennen,— denn er heiß sie aufstehen; und sie stand sofort auf und ging. In der Tat verwarf Christus Jesus bei seiner ganzen Arbeit das materielle Sinnenzeugnis als falsch und richtete gerecht, d.h. nach dem Maßstab: vollkommener Schöpfer und vollkommene Schöpfung.
Durch göttliche Offenbarung entdeckte Mrs. Eddy die Wissenschaft rechten Richtens, die der Wegweiser lehrte und anwandte, und nannte ihre Entdeckung Christliche Wissenschaft. Sie sah, daß, da Gott, die Wahrheit, durch die sogenannten materiellen Sinne nicht erkannt werden kann, das materielle Zeugnis unzuverlässig, ja, grundfalsch ist; daher die Erklärung im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 120): „Die Wissenschaft des Gemüts-Heilens zeigt, daß es nur dem Gemüt und nichts anderem möglich ist, den wirklichen Zustand des Menschen der Wahrheit gemäß zu bezeugen oder an den Tag zu legen. Daher kehrt das göttliche Prinzip der Wissenschaft das Zeugnis der physischen Sinne um und enthüllt, daß der Mensch in der Wahrheit, welche die einzige Basis der Gesundheit ist, harmonisch besteht; und so leugnet die Wissenschaft alle Krankheit, heilt die Kranken, stößt den falschen Augenschein um und widerlegt die materialistische Logik”.
Jemand, dem die Ärzte gesagt hatten, daß seine Tage wegen einer angeblich ererbten, unheilbaren Krankheit gezählt seien, wandte sich an die Christliche Wissenschaft als letzte Zuflucht. Er hatte gehört, daß Wissenschaft und Gesundheit das Gesetz Gottes erkläre, das Christus Jesus bei seinem Heilungswerk anwandte. Daher vertiefte er sich ernstlich in die Wissenschaft, ohne an seine Heilung zu denken, sondern nur in dem Bestreben, das göttliche Gesetz verstehen zu lernen. Dadurch lernte er recht richten, weil er vom Standpunkte Gottes und Seines Christus aus denken lernte; und er wurde geheilt. Später wurde er von einem der Ärzte, die das Todesurteil über ihn gesprochen hatten, untersucht, und der Arzt bestätigte, daß er geheilt war. Die unzähligen durch die Christliche Wissenschaft bewirkten Heilungen beweisen, daß sie die Wissenschaft rechten Richtens ist; denn diese Heilungen von Leid, Sünde und Krankheit widerlegen die Ansprüche des Bösen und beweisen die Allmacht und Allgegenwart Gottes, des Guten.
Als Samuel die Verpflichtung auferlegt wurde, einen König als Nachfolger Sauls zu wählen, und er unter göttlicher Leitung ausgezogen war, einen der Söhne Isais zu wählen, wurde zuerst Eliab vor ihn gebracht. „Aber der Herr sprach zu Samuel: Siehe nicht an seine Gestalt noch seine große Person; ... denn es geht nicht, wie ein Mensch sieht: ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der Herr aber sieht das Herz an”. Dann wurde Samuel geleitet, Isais jüngsten Sohn David zu wählen, der für den „Geist des Herrn” empfänglich war. Ähnlich sind Christliche Wissenschafter in ihren Kirchensitzungen bei der Wahl von Lesern und anderen Kirchenbeamten bestrebt, sich nicht von persönlicher Bevorzugung oder Voreingenommenheit beeinflussen, sondern vom göttlichen Gemüt leiten zu lassen. Sie finden es wissenschaftlich, sicher und befriedigend, lieber bei Gott Führung zu suchen als sich auf menschlichen Rat oder die Wahlverfahren des sterblichen Gemüts zu verlassen.
Wenn die Menschen zuweilen in Mangel- und Begrenzungsannahmen verstrickt scheinen, finden Schüler der Christlichen Wissenschaft ihren Schutz und ihre Versorgung, wenn sie den Anschein von schlechtem Geschäftsgang wissenschaftlich umkehren und durch folgerichtiges und dankbares Anerkennen der Güte, Macht und Gegenwart Gottes recht richten. Ja, wir müssen in allen Dingen „nicht nach dem Ansehen, sondern ein rechtes Gericht richten”.
