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„Des Menschen moralischer Barometer”

Aus der April 1936-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es ist des Christlichen Wissenschafters sehnlichster Wunsch, so tief und allumfassend zu lieben, daß er jederzeit bereit ist, zu ermutigen und zu trösten, Krankheit oder sogenanntes hoffnungsloses Leiden zu heilen und die Sündenlast zu erleichtern. Um jedoch den Befürchtungen und Anfechtungen der Menschheit mutig entgegenzutreten, erkennt der Schüler, daß er mit jenen Eigenschaften ausgerüstet sein muß, die die Macht, die Kraft und die Liebe Gottes widerspiegeln. Er weiß, daß Reinheit, Selbstlosigkeit und Güte unfehlbar das Gemüt widerspiegeln, dessen unmittelbare Gegenwart und Herrlichkeit Mut und Verständnis fördern und Furcht und Schwäche vertreiben. Inmitten der brandenden Wogen der Not und des Elends stehen solche, die reines Herzens sind, unerschrocken da; denn Reinheit des Denkens kann keine Furcht und keinen Schrecken anzeigen. Ein von dieser Eigenschaft durchdrungenes Bewußtsein spiegelt vielmehr die unbegrenzten Gaben des Gemüts Unerschrockenheit und Stärke Wider; es drückt rechte Ideen aus, die durch ihre unwiderstehliche Gegenwart, Macht und Wirklichkeit das materielle, nichtige Sinnenzeugnis besiegen und Sünde, Krankheit und Tod überwinden.

Auf Seite 449 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Des Menschen steigender oder fallender moralischer Barometer zeigt die Fähigkeit zum Heilen und die Tauglichkeit zum Lehren an”. Der sittliche Zustand des Menschen bestimmt also seinen Erfolg oder Mißerfolg beim geistigen Heilen. Wer sich das Denken durch Sünde irgend welcher Art trüben läßt, dürfte finden, daß es ihm, wenn er um Hilfe gebeten wird, an geistigem Gleichgewicht, an Festigkeit und Mut fehlt; denn der fleischliche Sinn, der Feind des Guten, kann weder die Kranken heilen noch Furcht austreiben. Ein solcher bedauerlicher Gedankenzustand muß unvermeidlich der Selbstverdammung, der Mutlosigkeit und zuweilen der Verzweiflung die Tür öffnen. Aber die Erfahrung kann Wertvolles lehren, und die Liebe weist den Strauchelnden und aufrichtig Reumütigen liebevoll zurecht und weist auf die unbefleckte, unbesiegte Gegenwart des wirklichen Selbst — der Idee Gottes — hin.

Der ernste Schüler der Christlichen Wissenschaft macht durch Sieg und Niederlage Fortschritt, und glücklich ist der, dessen Tugend und Reinheit oder sittlicher Barometer die Fähigkeit, die göttliche Heilkraft zu beweisen, anzeigt. Er heilt seine eigene Umgebung — die Gedanken, die seine Gefährten sind — und er wird göttlich geführt, jenen empfänglichen und hungrigen Herzen zu helfen, die brauchen, was er zu geben hat. Seine Gebete werden durch den unerschöpflichen Strom heiliger Inspiration gespeist, und er ist mit Einsicht, Weisheit und Liebe ausgerüstet. Lebt er in bewußtem Einssein mit seinem Ursprung, dem ewigen Gemüt, so sieht er seinen heiligen Wunsch erfüllt; denn ein solches Gebet erreicht den Himmel. „Des Gerechten Gebet vermag viel, wenn es ernstlich ist”.

Kann es sich überhaupt jemand durch sein sündiges Denken leisten, sich auch nur einen Augenblick die Freude und den Frieden eines reinen Gewissens, eines reinen Herzens zu verscherzen? Wer wollte freiwillig den Segen bewußten Einsseins mit Gott gegen etwas eintauschen, was verdunkelt, entweiht und schwächt? Selbst wenn Versuchung ihre trügerischen Einflüsterungen dem aufrichtigen und gewissenhaften Arbeiter entgegenschleudert, erschrickt er nicht. Christus Jesus war „versucht allenthalben gleichwie wir, doch ohne Sünde”. Gewissenhafte Ausdauer und der feste Vorsatz, sich Tag für Tag über die Einflüsterungen des Bösen zu erheben, bauen im menschlichen Charakter das auf, was dauernd und gesund ist. Jedes Überwinden führt zu größerer Herrschaft und Stärke, offenbart neue Hilfsquellen und Inspiration und befähigt einen, die Unwirklichkeit des Bösen in immer größerem Maße zu beweisen. Unsere Führerin schreibt in „Nein und Ja” (S. 33): „Die Herrlichkeit des menschlichen Lebens liegt im Überwinden von Krankheit, Sünde und Tod”.

Die Tatsache der Vollkommenheit des Menschen, des Bildes und Gleichnisses Gottes, liegt allem Streben des wahren Christlichen Wissenschafters, die himmlische Reinheit zu erlangen, zugrunde und belebt es. Er denkt über das unzerstörbare, sündlose, vollkommene Wesen des Menschen, der Idee Gottes, nach und beansprucht dieses göttliche Sein und diese göttliche Atmosphäre hier und jetzt als sein rechtmäßiges Erbe. Er besitzt eine unüberwindliche Rüstung — das Verständnis der Wahrheit, womit er sein Denken vor allem schützt, was das wirkliche Sein zu verdunkeln sucht.

Dem Weltlichen entsagen und jeden Gedanken, jedes Wort und jede Handlung dem Betätigen des reinen Christentums widmen, ist das Ziel des Christlichen Wissenschafters und das Mittel zu aller wahren Entfaltung. So findet er das Himmelreich in geistigem Denken und empfängt von Gott die Fähigkeit und die Kraft zu heilen. Wie auf dem Meere das Leuchtschiff allen leuchtet, die in seine Reichweite kommen, so sehen alle, die reines Herzens sind, Gott und empfangen von Ihm von der Lieblichkeit und Anmut der Seele, um die Welt zu heilen, zu erheitern und aufzurichten. „Dein Einfluß zum Guten hängt davon ab, welches Gewicht du in die rechte Waagschale wirfst. Das Gute, das du tust und verkörperst, verleiht dir die einzig erreichbare Macht. Das Böse ist keine Macht. Es ist ein Hohn auf die Stärke, der alsbald seine Schwäche verrät und fällt, um nie wieder aufzustehen” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 192).

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