Gibt es einen Christen, der nicht wiederholt jene wunderbaren Kapitel im Evangelium des Johannes gelesen hat, die die Anweisungen enthalten, die Jesus in der Nacht vor seiner Kreuzigung seinen Jüngern und seinen Nachfolgern für alle Zukunft gegeben hat? Lieben wir nicht alle seine erleuchteten und erleuchtenden Worte über den rechten Weinstock und die Reben? Wie klar er doch ausführt, daß ebenso wie die Reben nicht leben und Frucht tragen können, wenn sie nicht am Weinstock bleiben, auch seine Nachfolger nicht leben und Frucht tragen können, wenn sie nicht in dem Christus, der wahren Idee Gottes, bleiben! Ja, die wahre Idee Gottes bildet des Menschen ganzes Sein. Der Mensch lebt und bekundet die Herrlichkeit des Seins. Er zeugt für die Allheit Gottes — und wir tun es in dem Maße, wie wir in dem einen Gemüt bleiben.
In dem einen Gemüt bleiben, heißt in der Wahrheit bleiben. Es heißt die Wahrheit ausdrücken, d.h. so sein, wie Gott den Menschen machte: es heißt der Ausdruck Seines eigenen Wesens sein. Alle Liebe und Weisheit, alle Barmherzigkeit und Heilkraft, die Jesus bekundete, sein Verständnis von Versorgung und seine Herrschaft über alle widrigen Zustände waren Bekundungen seines Einsseins mit Gott und daher Bekundungen des Wesens Gottes. Es war das im Menschen und als Mensch ausgedrückte Wesen Gottes, was das Volk heilte und speiste, was die Wogen in der Gewalt hatte und den Sturm stillte. Und heute ist Gott hier und jetzt geradeso wie zu Jesu Zeit die Liebe, das Leben und die Wahrheit.
Christus Jesus war sich seiner wahren Wesenseinheit als Ausdruck des Wesens Gottes stets bewußt. Er wußte, daß er die Allheit Gottes nicht durch eine persönliche Kraft, sondern durch die unwillkürliche Widerspiegelung alles dessen, was in Gott ist, bewies. Gott scheint unaufhörlich durch den Menschen, und das verwirklichte Licht Seiner unendlichen Gegenwart vertreibt alle Schatten und läßt für etwas anderes als Licht keinen Raum. Das durch sein geistiges Verständnis leuchtende Licht der Wahrheit machte Jesus zum Wegweiser aller Menschen. Und dasselbe durch alle Kinder Gottes leuchtende geistige Licht ermöglicht es jedem von uns, in den Fußtapfen Jesu zu wandeln.
Laßt uns diesen Gegenstand etwas genauer betrachten und sehen, wie uns die göttliche Kraft in der Christlichen Wissenschaft von Krankheit und Sünde, von Leid und Mangel heilt und uns von Seelenangst und Furcht befreit! Überall in der Bibel und in den Werken unserer lieben Führerin finden wir die Tatsache der Allmacht und Allgegenwart Gottes, des Guten, betont. Die Christliche Wissenschaft, die Wissenschaft, die diese erhabene und herrliche Tatsache offenbart, hilft uns von dieser großen Voraussetzung aus klare und wissenschaftliche Schlüsse ziehen. Und in dem Maße, wie wir lernen, unser Denken für die Allmacht und Allgegenwart Gottes, des Guten, zeugen zu lassen, finden wir, daß unsere Erfahrung immer harmonischer wird; denn wir beweisen, daß wahres Bewußtsein, das Gott widerspiegelt, unser wahres Sein ist.
Dieses gottverliehene Bewußtsein, das alles bekundet, was im göttlichen Gemüt ist, ist des Menschen wahres Sein. Es ist das Licht der Gegenwart Gottes, das alle sterblichen Schatten, alle Einflüsterungen, die uns zu betören suchen, vertreibt. Ist es nicht etwas Herrliches zu wissen, daß nicht unsere eigene schwere, mühsame Arbeit, sondern das Licht der Gegenwart Gottes tatsächlich unsere Probleme löst? Das Verständnis dieser Tatsache rüstet uns mit unerschütterlichem Mut aus; es gibt uns auf Schritt und Tritt immer mehr Kraft. Jesus wies auf das freudige Bewußtsein hin, das die unwillkürliche Wirkung unseres Bleibens am Weinstock, in der wahren Idee Gottes, ist, als er sagte: „Solches rede ich zu euch, auf daß meine Freude in euch bleibe und eure Freude vollkommen werde”.
Freude, jener Bewußtseinszustand, der vor allen Dingen den segnet, der sie zum Ausdruck bringt, wirkt wie Balsam auf alle, mit denen man in Berührung kommt. Wie könnte es auch anders sein, da doch diese Freude ihrem Wesen nach das Bewußtsein Gottes ist? Freude drückt daher das wahre Sein aus; sie ist der normale Zustand der göttlichen Idee. Sie ist eine treibende Kraft in unserem Leben, weil sie das Bewußtsein Gottes ist. Sie erleuchtet, führt, ermutigt und hält aufrecht. Überdies ist Freude verwandt mit dem Frieden, der höher ist als alle Vernunft.
Die Freude, die Christus Jesus in ihrer ganzen Fülle besaß, ging aus dem hervor, was er von Gott und dem Menschen wußte; und was er von Gott und dem Menschen wußte, war das Geschenk Gottes für Seinen geliebten Sohn. Unsere Führerin schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 42): „Dank der wunderbaren Herrlichkeit, die Gott Seinem Gesalbten verlieh, hatten Versuchung, Sünde, Krankheit und Tod keinen Schrecken für Jesus”. Er wußte, was Gott ist und daher was Gottes Bild und Gleichnis ist. Trotz aller Irrtumseinflüsterungen des sterblichen Gemüts konnte dieses Jesu freudiges Anerkennen der Wahrheit nicht unterdrücken. Und gerade aus diesem Grunde, weil seine Freude nie versagte, hatte er in seinem Heilungswerk nie Mißerfolg. Mit seinem wunderbaren Sieg über den Tod und das Grab konnte er zeigen, daß der Mensch der Schöpfung Gottes nie von einer scheinbaren Erscheinungsform der Sterblichkeit berührt wird. Jesu Freude — die von seinem gottverliehenen Bewußtsein des wahren Seins unzertrennlich war — war sein Schutz und machte ihn zum Sieger über jede Einflüsterung des Bösen.
Freude war kein besonderes Geschenk nur für Jesus allein. Sie ist eine geistige Eigenschaft, ein unentbehrlicher Teil des Ausdrucks Gottes im Menschen. Wie hätte Jesus, wenn es nicht der Fall wäre, seinen Nachfolgern verheißen können, daß seine Freude in ihnen bleiben werde? Wir alle können seine Behauptung bestätigen; denn in dem Maße, wie wir durch Vergegenwärtigung unseres Einsseins mit Gott in seinen Fußtapfen wandeln, durchflutet eine unaussprechliche Freude unser Sein und ist unser Sein.
Nicht harte Arbeit allein, sondern unsere geistige Freude, unser Anerkennen Gottes bringt uns vorwärts; doch ernstes Bemühen ist dabei ganz gewiß unerläßlich. Und die Arbeit wird weniger hart und unsere Anstrengungen werden weniger mühsam, wenn wir das sogenannte materielle Selbst immer mehr aus den Augen verlieren und erkennen, was wir sind und tatsächlich immer gewesen sind: die Offenbarwerdung des göttlichen Gemüts. Wahrnehmung, Anerkennung und Beweis sind Schritte, die zu dem vollen Verständnis dessen führen, was diese Vollkommenheit in sich schließt. Diese Schritte wecken uns aus der Stumpfheit materieller Annahme auf, und diesem Erwachen folgt das allmähliche Dämmern jener Freude, die nichts auf Erden uns nehmen kann.
Wir haben in dem Maße Freude, wie wir erkennen, daß Gott den Menschen dazu schuf, daß er Ihn ausdrücke. Diese Freude schließt ihrem ganzen Wesen nach alles dem Guten Unähnliche aus und verwirft es; denn im Strahlenglanz der Gegenwart Gottes schwindet der Irrtum dahin, und das Böse ist nicht vorhanden. Des Menschen ganzes Sein als Ausdruck der göttlichen Liebe, seines Vater-Mutter-Gottes, der alles recht macht, ist voller Licht.
Auf Seite 76 in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” schreibt Mrs. Eddy: „Die sündlose Freude — die vollkommene Harmonie und Unsterblichkeit des Lebens, denen unbegrenzte göttliche Schönheit und Güte zu eigen sind, ohne eine einzige körperliche Freude oder einen einzigen körperlichen Schmerz — sie macht den einzig wahren, unzerstörbaren Menschen aus, dessen Sein geistig ist”. Der Mensch drückt also unwillkürlich Freude aus. Diese Freude, die sündlos ist, ist das wahre Gegenmittel wider die Sünde. Das Bewußtsein Gottes, der Wahrheit, bringt Befreiung von allem falschen Glauben an eine Gott entgegengesetzte Macht. Uns über die Unwirklichkeit der Sünde und der mannigfaltigen Versuchungen des sterblichen Gemüts freuen, hilft uns sie viel schneller überwinden, als wenn wir das Böse, das Nichts, bekämpfen und es für eine schreckliche Wirklichkeit halten. Dankbares Anerkennen der Unwirklichkeit des Bösen hilft dieses wirksam überwinden. Dieses Vorgehen erweist sich als praktisch, wenn wir die Bedeutung der Worte Mrs. Eddys auf Seite 339 in Wissenschaft und Gesundheit erfassen: „Nur diejenigen, welche die Sünde bereuen und das Unwirkliche aufgeben, können die Unwirklichkeit des Bösen völlig verstehen”.
Für viele von uns mag es im Leben Zeiten geben, wo finstere und drohende Wolken den Sinn der Freude fast auszulöschen scheinen und das Böse überhand zu nehmen scheint. Dann sollten wir wachsam sein und unsere Freude in unserem Bewußtsein des wahren Seins beschützen. Dies zu erreichen, ist nie unmöglich, da das Licht Gottes keinen Augenblick zu leuchten aufhört. Die Engel Seiner Gegenwart flüstern Seine liebreiche, ermutigende Botschaft in unser harrendes Herz, und die Liebe modelt und formt unser Denken, so daß der Sohn Gottes, „der wahre, unzerstörbare Mensch”— der Mensch, dessen Sein „sündlose Freude” ist — in uns allen offenbar werden kann.
