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Freiheit

Aus der November 1937-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Seit undenklichen Zeiten ist Freiheit das erwünschte Ziel jedes Menschen. Sie ist stets der Gegenstand des tiefsten Sehnens des Menschenherzens, des stärksten Verlangens des menschlichen Bewußtseins gewesen. Trotzdem schien sie immer fast unerreichbar, obgleich die Menschheit sie auf zahllose Arten und in allen möglichen Richtungen gesucht hat. Freiheit ist aus dem Grunde nicht allgemeiner erlangt worden, weil sie als etwas Äußerliches, als etwas von äußeren Umständen anstatt als etwas von einer inneren Tugend Abhängiges angesehen wurde. Freiheit liegt jedoch nicht in äußeren Dingen, sondern im Menschen. Freiheit ist kein materieller sondern ein geistiger Zustand des Seins. Daher ist wahre Freiheit eine persönliche Errungenschaft. Freiheit ist für jedes Kind, jeden Mann oder jede Frau — für jedermann, der wirklich frei sein möchte — erreichbar. Kein äußerer Umstand kann einen davon abhalten, sich im Sonnenschein „der herrlichen Freiheit der Kinder Gottes” zu sonnen.

Die ganze Menschheit sehnt sich nach Befreiung von Unglückseligkeit, von Krankheit, von Leiden und Schmerzen, von Not und Mangel aller Art, von Einsamkeit und Kummer und Furcht, und in gewissem Maße sehnt sich die Menschheit nach Befreiung von Sünde; aber die Menschen hoffen und warten, daß etwas geschehe, das ihnen dieses erwünschte Ziel bringt. Hier haben wir einen Schlüssel zu der unglücklichen Lage! Gerade so lang, wie wir warten, daß etwas geschehe, schieben wir unser Erleben dessen auf, was jetzt hier ist, was dem Menschen immer erreichbar gewesen ist. Denn Gott, das eine Gemüt, war und ist alles Gute in alle Ewigkeit, und das ersehnte Freisein von aller Widerwärtigkeit ist eine der Offenbarwerdungen des „unendlichen Fortschreitens”, das Mrs. Eddy „konkretes Sein” nennt (Miscellaneous Writings, S. 82).

Laßt uns kurz alles betrachten, wovon wir befreit sein möchten: Unglückseligkeit, Krankheit, Leiden, Schmerzen, Not, Mangel, Einsamkeit, Kummer, Furcht, Sünde usw. Sind das nicht samt und sonders Bekundungen oder Wirkungen des Glaubens an eine Ursache oder eine Kraft, die nicht von Gott ist? Alle diese widrigen Zustände sind die Wirkungen von Ursachen, die nach den Lehren der Christlichen Wissenschaft außerhalb des Reichs der Wirklichkeit liegen. Diese sogenannten Ursachen verneinen die Allgegenwart und die Allmacht Gottes, des Guten; sie verneinen das, was ist und immer sein wird.

Es ist viel leichter, die Unwirklichkeit der uns bedrängenden Schwierigkeiten zu sehen und zu verstehen, wenn wir ihrem sagenhaften Ursprung sofort auf die Spur kommen. So entsetzlich oder schrecklich oder mächtig sie auch scheinen mögen, sie verlieren viel von ihrer scheinbaren Machtanmaßung, wenn wir erst einmal klar sehen, daß sie nicht von Gott kommen und daher nicht wirklich sein können; daß sie tatsächlich nicht wahr sind und sich nicht wirklich ereignen. Es sind einfach Wirkungen des Mesmerismus des sterblichen Gemüts, dem es zuweilen gelingt, einen Menschen etwas glauben zu lassen, das, wie er weiß, nicht wahr ist. Nur dieser Selbstmesmerismus verhindert die volle Verwirklichung unserer gottgegebenen Freiheit.

Wenn wir dies besser verstehen lernen, und wenn wir sehen, daß Freiheit nicht Erlösung von allem möglichen Bösen und bösen Geschehnissen sondern Erlösung von falschen Annahmen bedeutet, schöpfen wir neue Hoffnung, fassen wir neuen Mut. Wir sehen, daß wir nicht das Opfer ungünstiger Umstände, nicht das Opfer von Gesetzen sind, die Krankheit, Schmerzen, Leiden, Verlust an Körper- und Lebenskraft hervorrufen, ja nicht einmal das Opfer oder der Sklave des des ganz allgemeinen Glaubens an schlechte Zeiten sind. Die Lehren unserer geliebten Führerin machen uns klar, daß wir in dem Maße, wie wir wach sind — wie wir klar dem göttlichen Prinzip, der Liebe, gemäß denken — immer mehr erkennen, daß wir hier und jetzt in der göttlichen Gegenwart leben, die alles ihr Unähnliche ausschließt. In unserer herrlichen Wissenschaft haben wir als Christliche Wissenschafter das Verständnis empfangen, das uns befähigt, unsere Augen offen und auf die Wahrheit gerichtet zu halten und zu vermeiden, daß wir durch Irrtum, durch Selbstmesmerismus, geblendet werden.

Selbstmesmerismus ist, wie der Name sagt, ein Gedankenzustand, den wir uns entweder durch Unachtsamkeit oder durch Unwissenheit selber auferlegen. Und weil wir ihn uns selber auferlegen, dürfen und können wir niemand anders dafür beschuldigen oder ihn Umständen und Geschehnissen in der Welt im allgemeinen zuschreiben. Das individuelle Annehmen des Irrtums fordert individuelle Berichtigung; und das Herrliche dieses individuellen Berichtigens ist, daß es schließlich zu allgemeiner Erlösung führt.

Laßt uns sehen, wie wir diesen Selbstmesmerismus, der entweder von Achtlosigkeit oder von Unwissenheit herrührt, erfolgreich überwinden können! Wenn einer nicht wach, nicht achtsam, nicht wachsam ist, läßt er sich von falschen Annahmen des Bösen in seinen zahllosen Formen beeinflussen. Er horcht auf die Einflüsterungen des Bösen wie Mangel, Mißgeschick, Sünde, Krankheit und Tod, und indem er diese falschen Annahmen glaubt, beginnt er sie scheinbar mehr oder weniger zu bekunden; denn seine Erfahrung ist der Ausdruck seines Denkens, der Ausdruck seines Bewußtseins. Dann kommt Furcht hinzu, und die bösen Annahmen scheinen riesige Ausmaße anzunehmen. Er fühlt sich auf allen Seiten gefesselt und sucht verzweifelt einen Weg aus dem Elend heraus. Nun gibt es aber im sterblichen Gemüt keinen Weg aus materiellen Annahmen heraus; denn das sterbliche Gemüt ist ja selber die Gesamtsumme sterblicher Annahmen. Das Denken muß über das sterbliche Gemüt, über das Scheinbare hinausblicken. Es muß aufwärts, vorwärts blicken.

Materielle Annahmen als etwas bekämpfen, heißt ihre Wirklichkeit so gut wie zugeben. Wir können nicht gut etwas bekämpfen, das, wie wir wissen, nicht besteht. Man wird sich also einer falschen Annahme nicht dadurch entledigen, daß man ein Nichts bekämpft, sondern indem man die Wahrheit weiß, die die falsche Annahme vertreibt, gerade wie das Licht die Finsternis vertreibt. Beim Lösen einer Rechenaufgabe bekämpfen wir nicht die Fehler, die wir gemacht haben. Das Erlangen eines besseren Verständnisses der Tatsachen berichtigt die falsche Annahme ganz von selber und führt zu der rechten Lösung.

Unser klares Verständnis der Wahrheit hilft uns also, daß wir uns nicht selber mesmerisieren, uns nicht durch falsche Vorstellungen erschrecken lassen, uns nicht dazu verleiten lassen, Unwirklichkeiten zu bekämpfen, als ob sie wirklich wären. Was wir von der Wahrheit wissen, genügt immer, uns zum ersten Schritt aus dem Irrtum heraus zu verhelfen; und der erste Schritt ist stets die Erkenntnis, daß der Irrtum nicht wahr ist. Die göttliche Liebe wird uns dann den nächsten Schritt zeigen. Laßt uns allezeit von unserer Erkenntnis der Wahrheit Gebrauch machen! Diese Erkenntnis wird dann immer mehr wachsen und wird sich in jedem entfalten; denn sie ist im Bewußtsein jedes einzelnen. Sie ist im wirklichen Sein inbegriffen, da „der Mensch der Ausdruck vom Wesen Gottes ist” (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 470). Das Erlangen dieser Erkenntnis ist „der Absicht der göttlichen Liebe, das Verständnis und das Reich Gottes, die schon in uns regierende Harmonie wieder zu erwecken” zuzuschreiben (Miscellaneous Writings, S. 154). Gottes Absicht mißlingt nie; sie kommt stets zur Ausführung. Unwissenheit, die Ursache des Selbstmesmerismus, ist kein Teil unseres wirklichen Seins. In dem Maße, wie wir unser wirkliches Sein erkennen und bekunden, vergeht die Unwissenheit vor dem Licht des Verständnisses, und mit ihr verschwindet die Neigung zum Selbstmesmerismus.

Achtlosigkeit ist noch eine Tür, durch die der Selbstmesmerismus von unserem Bewußtsein Besitz zu ergreifen sucht, eine Tür, die wir als Christliche Wissenschafter geschlossen halten können und müssen. Die Christliche Wissenschaft ist Wissenschaft; es ist daher unmöglich, ohne genaue Anwendung ihrer Regeln gute Ergebnisse zu erlangen. Falsche Annahmen, die wir beherbergen und nicht berichtigen, werden beim Lösen unserer Probleme so lange als Hindernisse auftreten, bis wir sie durch die Hilfe der göttlichen Liebe nicht mehr beherbergen und ihnen nicht mehr gehorchen. Wir können es uns nicht leisten, auch nur einen Augenblick nicht wachsam und achtsam zu sein. Irrtum denken und reden darf nicht geduldet werden; denn es untergräbt unsere Freudigkeit, unsere Gesundheit und unsere Freiheit. Es verdunkelt unsere klare Erkenntnis der Wahrheit.

Laßt uns also sorgfältig und gründlich unsere geistige Arbeit tun, die nicht darin besteht, daß wir das Böse als etwas bekämpfen, sondern darin, daß wir unser Bewußtsein von allem Glauben an das Böse freihalten. In seinem 1. Briefe an Timotheus schreibt Paulus: „Kämpfe den guten Kampf des Glaubens; ergreife das ewige Leben, dazu du auch berufen bist”. Dieser „gute Kampf des Glaubens” ist der Kampf, unsern Glauben an Gott und an den Menschen als Gottes Ebenbild unerschütterlich und rein zu halten, und ihn nicht von den falschen Einflüsterungen des sterblichen Gemüts überwinden zu lassen. Dieser Glaube ergreift das ewige Leben oder die Wahrheit. Er entfaltet das Verständnis der Allheit Gottes und der Tatsache des ewigen Lebens für alle Kinder Gottes, des ewigen Lebens, das alles Gute und Harmonische, alles Wünschenswerte und Erfreuliche in sich schließt, des ewigen Lebens — der Freiheit — in der Gott Seine Schöpfung erhält. Diese Freiheit ist nicht nur das Freisein vom Bösen. Sie ist die Freiheit, das Gute zu erkennen, das Gute zu erfahren, Gutes zu tun und gut zu sein. Das Verlangen nach Freiheit im Menschenherzen ist tatsächlich das Verlangen, gut zu sein, das Sehnen, das zu leben, was wir wirklich sind, und von allem frei zu sein, was die Vollständigkeit des Seins zu verhindern sucht.

Die Christliche Wissenschaft ruft uns zu dieser Freiheit auf; denn Gott erhält sie als den natürlichen Zustand des Seins. Das Sein ist Freiheit; das Sein ist, weil es ewig ist, frei von allem Zerstörenden. Mit wachsendem Verständnis dessen, was das Sein in sich schließt, erkennen wir immer mehr, daß unsere Arbeit darin besteht, daß wir das wahre Sein in uns sich widerspiegeln lassen, und daß wir wachsam sind gegen die Einflüsterungen des sterblichen Gemüts, die den Sinn des wahren Seins auszulöschen suchen.

Gehorsam ist der Weg zur Freiheit. Gehorsam ist keine einschränkende Eigenschaft, keine Eigenschaft, die dem Denken oder dem Handeln einige Zugänge verschließt. Gehorsam ist die Eigenschaft, die alle wahren Pfade, alle rechten Wege zum Glück und Erfolg erschließt. Gehorsam hemmt unsere Bemühungen nicht, sondern gibt uns die Gewißheit, daß wir auf dem rechten Wege sind, und er gibt uns überdies die Gewißheit des Gelingens. Gehorsam gegen die Wahrheit schützt uns vor dem Abirren von der Wirklichkeit und vom Verirren in den Irrgängen der Annahme. Nur falsche Annahme versklavt uns; nur Annahme beraubt uns unserer Freiheit. Was die Menschheit an Unheil zu binden scheint, ist keine wirkliche Tatsache, keine Notwendigkeit, sondern eine im Bewußtsein beherbergte falsche Annahme. Daher können wir alle hoffen — hoffen, daß wir von den Fesseln falscher Annahmen frei werden, hoffen, daß wir, wie Paulus sagt, „nicht zu Schanden werden. Denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unser Herz durch den heiligen Geist, welcher uns gegeben ist”. Gehorsam heißt, Gott unser alles sein lassen. Er läßt uns keine anderen Götter haben, er errettet uns von der Knechtschaft des Bösen. Die ersehnte Freiheit erlangen heißt also, die Wirklichkeit sehen, leben und beweisen. Freiheit ist die Frucht des Gottesverständnisses.

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