Eine Schülerin überblickte den Fortschritt, den sie im Verständnis der Christlichen Wissenschaft gemacht hatte. Unter den erhebenden Erinnerungen war auch eine geistige Erkenntnis, die ihr einst gekommen war. An einem Sommertage hatte sie auf einer geräumigen Veranda „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” von Mary Baker Eddy gelesen. Plötzlich sah sie von dem Buch auf, das ihr Denken ganz in Anspruch genommen hatte, und dachte über die Worte auf Seite 70 nach, die in einer neuen Bedeutung ihre Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatten: „Das göttliche Gemüt erhält alle Identitäten klar erkennbar und ewig, vom Grashalm an bis zum Stern”.
Sie blickte in den Garten hinaus und dachte daran, wie oft sie bei dem Gedanken an die Flucht der Zeit und die Vergänglichkeit alles Schönen niedergedrückt gewesen war. Aber an jenem Tage sah sie tiefer, durchdringender als je zuvor. Es fiel ihr wie Schuppen von den Augen. Die Schmetterlinge schwirrten um die Rosen her. Die Vögel sangen in sorgloser Freude. Farbe, Gesang, Bewegung — Freude überall!
Trotzdem, dachte sie in jenem Augenblick, gibt es keine wahre Freude ohne das Gefühl der Sicherheit. Was war das Geheimnis des Gartens, das Geheimnis seines Ausdrucks der Freude? Gaben ihr die soeben gelesenen Worte den Schlüssel? Wohl vergeht alles Materielle; aber geistige Identitäten — sind sie nicht überall gegenwärtig, auch wenn wir das Wirkliche nur unklar sehen?
Plötzlich verstand sie. Sie hatte einen Schimmer der Wirklichekeit der geistigen Schöpfung erhascht, die „in der Entfaltung geistiger Ideen besteht” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 503), einer Schöpfung, die „eine Offenbarung” ist (S. 504). Eine geistige Idee, deren Identität im Gemüt ist, kann von Zerstörung nicht berührt werden. Durch ein solches Verständnis von Identität wird die Unvergänglicheit der Ideen Gottes klar. Der vergängliche materielle Begriff ist nur eine Fälschung. In dem wirklichen Weltall des Geistes herrscht Sicherheit und Freude. Man braucht nur mit offenen Augen zu sehen. Was wir doch alles durch die materielle Schönheit der Erde und darüber hinaus erschauen, wenn uns die Augen unseres Verständnisses geöffnet worden sind!
Die Schülerin erinnerte sich, wie sie an jenem Tage von ihrem schönen Garten zu den Bergen aufblickte — nach weiten Horizonten, wodurch sie einen Schimmer von der ewigen Schönheit des Weltalls der Schöpfung Gottes erhaschte. Wie oft sie seit ihrer Kindheit Augenblicke des Vollbringens herbeigesehnt und einen Schimmer davon, daß sie schon gegenwärtig sind, erhascht hatte! Wie oft sie inmitten von Schwierigkeiten oder Leiden hatte ausharren können, weil sie die Zeit voraussah, wo durch klareres Erkennen alles gut sein würde! An jenem Tage verstand sie, daß im wahren Bewußtsein alles stets gut ist. Das Ideal ist jetzt vollkommen. Wenn wir uns fürchten, ist dies bloß ein flüchtiger Traum eines verneinenden Sinnes. Aber dieser falsche menschliche Sinn berührt das ewige, erhebende Licht des Lebens nicht. Im ewigen Jetzt ist unsere Freude immerdar sicher.
Die Schülerin wußte, daß sie immer eine zunehmende Erkenntnis des schon Bestehenden — des ewigen Guten — und eine umfassendere Verwirklichung der Schönheit des Himmelreichs, wo die Liebe die Substanz alles darin Bestehenden ist, erwarten konnte. „Sie werden nicht schaden noch verderben auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr”.
Unsere Führerin schreibt über „die Schönheiten des Sinnenweltalls” (Miscellaneous Writings, S. 87): „‚Ich liebe eure Verheißung, und werde einmal die geistige Wirklichkeit und Substanz von Form, Licht und Farbe, von allem, was ich jetzt durch euch unklar wahrnehme, erkennen; und wenn ich es erkenne, werde ich befriedigt sein‘”.
