Gegenwärtig halten viele Menschen Arbeitslosigkeit und Mangel so sehr für unabwendbar, daß sie nicht einmal mehr versuchen, ihre Haltung zu berichtigen. Ja, manche, die früher gut gestellt waren, haben sich durch Verlust der Stellung oder des Einkommens angewöhnt, sich betreffs Versorgung auf andere Leute zu verlassen. Fortgesetzte Inanspruchnahme solcher Unterstützung stumpft das Feingefühl ab und unterdrückt auf diese Art die natürliche Willensfreiheit, so daß gewisse menschliche Verpflichtungen nicht beachtet oder vergessen werden. Wie es schon bei Völkern der Fall war, so mag der einzelne das Bezahlen seiner Schulden nicht mehr für möglich und daher für unnötig halten. Bei nachlässigem Denken und Leben ist es nicht zu verwundern, daß die Menschen hilflos weiterstraucheln und nur wenig Segnungen haben.
Die Sterblichen sind geneigt, sich an Personen und materielle Dinge zu klammern und von ihnen Hilfe und Unterstützung zu erwarten. Aber wie falsch das doch ist! Rein materielle Unterstützungsquellen versiegen, und durch Mißerfolg im Geschäft können Leute in die Lage kommen, daß sie anderen nicht helfen können, selbst wenn sie es noch so gerne möchten. Dann folgt nichts als Hoffnungslosigkeit für den, der nichts anderes weiß.
Wenn er an diesem Punkte das Glück hat, auf die Christliche Wissenschaft aufmerksam zu werden, besteht für ihn und seine allgemeine Aussicht Hoffnung. Er entdeckt wunderbare Dinge, von denen er vorher nichts wußte, z.B. daß er diese Hoffnung lebendig erhalten muß. Die Christliche Wissenschaft zeigt ihm, daß seine Zukunft aus dem Grunde gesichert ist, weil sich alles Wirkliche in Gottes Hand befindet. Aber er kann nicht mental träge sein und gleichzeitig erwarten, diese Sicherheit zu erfahren. Gerade jetzt muß er sich anstrengen, verstehen zu lernen, daß Gott die Quelle alles Guten, seiner Versorgung und sogar seines Lebens ist; denn „unser Verlaß auf irdische Dinge muß”, wie Mrs. Eddy erklärt, „umgewandelt werden in die Wahrnehmung der geistigen Dinge, auf die wir dann vertrauen” (Rückblick und Einblick, S. 28).
Sollte es, selbst nachdem man diese Schritte in mentalem und geistigem Aufstieg gemacht hat, immer noch notwendig scheinen, sich von Verwandten und Freunden oder durch öffentliche Mildtätigkeit unterstützen zu lassen, so sollte man klar sehen, daß solche Unterstützung nur ein vorübergehendes Mittel ist, und daß dieser Umstand einen zu größeren Anstrengungen zwingt, erkennen zu lernen, daß man nur von Gott abhängig ist. Das Herrliche an solchem Denken ist, daß es nicht nur den Betreffenden befreit, sondern auch den, auf den er sich anscheinend verlassen muß: es wirkt ebenso für den, der sich verläßt, wie für den, auf den er sich verläßt.
Man kann sich für jemand anders verantwortlich fühlen. Eine Mutter kann eine Familie haben, die ganz auf sie angewiesen ist, oder es kann in einer Familie nur ein Lohnverdiener sein, der bemüht ist, die verschiedenen Bedürfnisse der ganzen Familie mit seinem kleinen Verdienst zu befriedigen. Diese durch ihr Verantwortlichkeitsgefühl belasteten Menschen brauchen ihre Probleme nur im Lichte der Christlichen Wissenschaft zu prüfen, um zu finden, daß sie eine „Annahme” gehegt haben; daß sie angenommen oder vermutet haben, sie seien für andere verantwortlich, während es doch stets die Verantwortung der Liebe ist, für alle ohne Ausnahme zu sorgen. Was für eine Erleichterung es doch ist, verstehen zu lernen, daß nur die göttliche Liebe für alle verantwortlich ist, und so unsere Lasten der Liebe zu Füßen zu legen „und ein Lied davonzutragen”! Die Liebe tut alles vollkommen, weit besser, als was ängstliches menschliches Denken je hoffen oder planen könnte.
Gott ist der Schöpfer des Menschen und des Weltalls. Ist es dann nicht unvermeidlich, daß Er Seine Schöpfung ewig erhält? Nie ist das göttliche Prinzip weniger als das göttliche Prinzip alles wirklich Bestehenden. Wenn das sterbliche Furcht- und Zweifelgetümmel zum Schweigen gebracht ist, wird die Stimme des liebenden Vater-Mutter-Gottes vernehmbar, der zu Seinem Sohne sagt: „Heute habe ich dich gezeuget”. Der Trost dieser himmlischen Versicherung richtet den Niedergeschlagenen auf, daß er seinen Platz in des Vaters Reich erkennt. Er beginnt zu verstehen, daß jedes Kind oder jede Idee Gottes nur von Gott abhängig ist, und dankbar anerkennt er, daß jede Idee einen nie abnehmenden oder schwankenden Sinn von ewiger Dauer, von unvergänglicher Substanz und von unveränderlichem Sein besitzt. Er sieht, daß die göttliche Liebe für jede Idee ohne Ausnahme genügt, und in dem Verhältnis, wie er diese Wahrheit begreift und behauptet, wird sich ihm ihre Fürsorge menschlich bekunden.
Heute wie immer lautet die Forderung, nicht nach der Materie, sondern nach dem Geist zu sehen und dadurch eine unverrückbare Grundlage für das Leben und unsere Aussichten wahrzunehmen. Die Christliche Wissenschaft teilt dieses Verständnis mit; denn sie lehrt die Wissenschaft des Lebens, die Jesus lehrte und anwandte und seinen Nachfolgern zur Anwendung empfahl. Jesus sagte: „Der Vater hat den Sohn lieb und hat ihm alles in seine Hand gegeben”. Das bedeutet, daß der Vater Seinen Kindern durch Seinen Christus, „d. h. durch die göttliche Idee des göttlichen Prinzips, das Himmel und Erde machte”, alles Gute gegeben hat, wie Mrs. Eddy erklärt (Unity of Good, S. 59). Der geistige Sinn, durch den wir diese Wirklichkeit erblicken, steht unerschütterlich fest, er gibt dem Augenschein der sogenannten materiellen Sinne nicht nach. Der Mensch ist sich seiner geistigen Erhaltung und Genüge jetzt bewußt; denn er kann „der Wesensübereinstimmung mit dem, was im ewigen Gemüt wohnt, nicht entrinnen” (S. 64).
