Der Glaube an das Allwirken des Guten ist eine geistige Eigenschaft, von der man ohne Zögern und uneingeschränkt Gebrauch machen sollte. Er unterliegt keinen Schwankungen und wird bis zur Stunde des Sieges göttlich vervielfacht.
Jesus schätzte diese Eigenschaft sehr hoch. Er sagte zu seinen Jüngern: „Habt Glauben an Gott”, und: „So ihr Glauben habt und nicht zweifelt, ... werdet ihr sagen zu diesem Berge: Hebe dich auf und wirf dich ins Meer! so wird’s geschehen”. Hier warnt Jesus ausdrücklich vor dem Zweifel.
Als während des Sturms auf dem See die Wogen ihr Schifflein mit Wasser füllten, weckten die erschreckten Jünger ihren Meister mit dem Angstschrei: „Herr, hilf uns, wir verderben!” Auf sein Gebot hörte das Toben des Windes und der Wellen auf, und es herrschte Stille. Als die Harmonie wiederhergestellt war, sagte er zu ihnen: „Wo ist euer Glaube?” Ihr Glaube war offenbar vom Glauben an Gott in Furcht vor dem Sturm und Furcht vor dem Untergang gekehrt worden. Der Glaube der Jünger war von der Wirklichkeit zu der Unwirklichkeit abgelenkt worden. Aber der Glaube Christi Jesu blieb in der ewigen Ruhe und Sicherheit des Geistes.
Nach den Berichten von Lukas und Markus fragte Jesus seine Jünger erst dann nach ihrem Glauben, als er ihnen den Beweis der Macht Gottes, den Sturm zu stillen, gegeben hatte. Dadurch beruhigt, konnten sie aus ihres Meisters Worten und aus seinem Beispiel besser Nutzen ziehen. Dies zeigt, daß es zuweilen unangebracht ist, mit jemand über den Irrtum Furcht zu sprechen, solange er von Furcht erfüllt ist.
Aufgeklärter Glaube ist nicht geläuterter Zweifel. Im Grunde ist der Glaube an das Gute eine gottverliehene, nicht wankende Fähigkeit. Als Christliche Wissenschafter dürfen wir gegen den Zweifel nicht nachsichtig sein; denn er erdreistet sich, zwischen uns und dem Glauben eine Mauer zu errichten. Der Zweifel ist nicht untätig; er ist eine vermessene sterbliche Annahme des fleischlichen Sinnes, die uns immer Mißerfolg einflüstert und uns so mesmerisiert, daß wir unsere Fähigkeit, die Allmacht Gottes bei jeder Gelegenheit zu beweisen, in Frage stellen. Weil das sterbliche Gemüt vom Guten keine Kenntnis hat, flößt es natürlich Zweifel an der Heilkraft der Christlichen Wissenschaft ein. Dieser Einflüsterung müssen wir ebenso nachdrücklich widerstehen, wie sie sich unserem Denken aufdrängt. Wir mögen zuweilen denken, daß wir weder zweifeln noch unsern Glauben betätigen. Wenn aber unser Glaube an Gott, das unendlich Gute, nicht ein bewußter, tätiger und sich erweiternder Einfluß ist, lassen wir eine Lücke offen, durch die der Zweifel unbemerkt einschleichen kann.
Der Glaube muß auf die Seite geistiger Herrschaft treten. Dann werden sich schlummernder Zweifel und Furcht nicht einstellen, falls sie gereizt werden, sondern werden vernichtet werden. Wer sich an einer rechtschaffenen Unternehmung oder Tätigkeit beteiligt und Erfolg erwartet, übt gerechten Glauben. Ist er aber in Betreff des Ergebnisses seiner gewissenhaften Bemühungen im Ungewissen, so wird er von der Zweifeleinflüsterung des sterblichen Gemüts beeinflußt. Dagegen finden frostige Zweifel in dem von der göttlichen Liebe inspirierten glühenden Glauben keinen Raum. Der intelligent bewachte und treu angewandte Glaube erhebt sich über alles, was die Heilung zu verhindern sucht. Der Glaube wirkt mit Mut zusammen und entwickelt Stärke.
Das Gute ist ursprünglich; daher ist der Glaube an das Gute ursprünglich. Er kann nie umgekehrt oder in eine falsche Richtung gelenkt werden; denn wahrer Glaube kennt nur das, was wahr ist. Er ist eine geistig zuverlässige und zuversichtliche Eigenschaft. Göttlich inspirierter Glaube entfacht die Flamme der Dankbarkeit und bahnt geistiges Verständnis an. Dieses Verständnis der Vollkommenheit Gottes und des Menschen gewinnt zahllose Siege über die Welt, das Fleisch und den Teufel. Und bei diesen Siegen ist uns der Glaube ein unentbehrlicher und treuer Verbündeter.
In der uns von Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 298) gegebenen Reihenfolge nimmt der Glaube einen wichtigen Platz ein. Sie schreibt dort: „Der geistige Sinn, der den materiellen Sinnen widerspricht, schließt Intuition, Hoffnung, Glaube, Verständnis, reife Fülle und Wirklichkeit in sich”. In dieser Reihenfolge ist der Glaube das Glied zwischen Hoffnung und Verständnis. Sieht man, daß dieses Glied von der göttlichen Liebe geschmiedet ist, so ist es jeder plötzlichen oder langwierigen Probe gewachsen. Der Glaube an Gott kommt von Gott und bleibt bestehen, bis er in völligem geistigem Verständnis aufgeht. Wie soll man ohne die beständige Unterstützung durch den Glauben und das Verständnis erfolgreich sein? Und wie kann ohne Erfolg die Wirklichkeit in Erscheinung treten?
Die Christliche Wissenschaft fragt uns alle: „Wo ist euer Glaube?” Und sie gibt die wahre Antwort: Der Glaube ruht im Guten. Der Glaube steht auf seiten des einen Lebens und der Gesundheit, der einen Gerechtigkeit und Liebe. Der Glaube ist ein starker Scheinwerfer, der auf die Macht des Guten Licht wirft, der dort Verheißung sieht, wo der endliche Sinn Verzweiflung hegt, der dort den Sieg sieht, wo der Zweifel Niederlage befürchtet. Der Glaube entdeckt gerade die Eigenschaft, die Idee oder Gedanken, die wir zur Lösung jedes erdenklichen Problems brauchen. Er ist eine freudige, vertrauende Eigenschaft, die den ganzen Weg wahren Denkens entlang leuchtet. Das Glaubenslicht verbannt die Nacht des Zweifels. Licht ist Macht, und die Christlichen Wissenschafter sind Fackelträger.
„Ihr seid allzumal Kinder des Lichtes und Kinder des Tages; wir sind nicht von der Nacht noch von der Finsternis”. In Glauben unternommene Schritte führen aufwärts zu geistigem Verständnis, zu Erfolg, zur Wirklichkeit. Denn was bedeutet aufwärts anders als sich durch unbezwingbaren Glauben an die Allheit des Guten über die Nichtsheit des Bösen erheben?
