Eines Sommerabends nahm eine Schülerin der Christlichen Wissenschaft dankbar die Einladung einiger Freunde an, mit ihnen in dem hinteren Notsitz ihres kleinen Kraftwagens aus einer Vorstadt nach Hause zu fahren. Unterwegs vertrieb sie sich die Zeit damit, daß sie das Gewirr von Widerspiegelungen im hinteren Wagenfenster beobachtete. Die Lichter und die schattenhaften Formen sowohl der nachfolgenden als auch der von vorn und aus den Seitenstraßen kommenden Wagen schienen in beunruhigender Verwirrung ineinanderzurennen. Fortwährend schien es, als ob sofort oder im nächsten Augenblick ein Unglück geschehen müsse, und gelegentlich erschrak die Schülerin über die scheinbare Unmöglichkeit, einen Wagen durch ein solches Gewirr sicher hindurchzusteuern.
Dann sagte sie sich lachend, daß das, was sie sah, nicht die Wahrheit über die Lage war, und daß der durchaus fähige Fahrer im Vordersitz die Straße richtig vor sich sah und von dem trügerischen Gewirr, das sich ihr in dem Hintersitz bot, nichts wußte. Als sie zu Hause ankamen, fiel die Bemerkung, daß trotz des starken Verkehrs nie Gefahr gedroht oder Unordnung geherrscht habe.
Aus dieser unbedeutenden Begebenheit zog die Schülerin eine auf ihre eigenen und vielleicht auf die Angelegenheiten anderer ebenso gut anwendbare Lehre. Wenn wir die trügerischen Bilder, die uns der Augenschein der körperlichen Sinne beständig vorhält, für wirklich halten und uns durch die falschen Befürchtungen des sterblichen Gemüts beeinflussen lassen, mögen wir manchmal scheinbar hoffnungslose Unordnung, unlösbare Probleme oder drohendes Unheil sehen.
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