In ihrem Buche „Rückblick und Einblick” schreibt Mary Baker Eddy (S. 31): „Das erste natürliche Sichregen der Wahrheit und Liebe, die durch die Christliche Wissenschaft auf mein aufgerütteltes Bewußtsein einwirkten, verbannte ein für allemal den Grundirrtum des Glaubens an irdische Dinge; denn dieser Glaube ist die unsichtbare Sünde, der unbekannte Feind, des Herzens ungezähmtes Verlangen, das die göttlichen Gebote bricht”.
Die Sterblichen setzen naturgemäß ihr Vertrauen auf die Materie, aus Geld, auf Stellung, auf den persönlichen Einfluß oder die Liebenswürdigkeit von Freunden oder von Personen in Ämtern. Sie setzen ihr Vertrauen auf Arznei, auf Bildung und auf das körperliche Sinnenzeugnis. Wer hat nicht schon die Erfahrung gemacht, daß dieses falsche Vertrauen und materieller Augenschein in Zeiten der Not versagen? Den Irrtum, an materielle Dinge jeder Art zu glauben, müssen wir aufgeben, wenn wir uns entschließen, die Wahrheit der Christlichen Wissenschaft zu beweisen und ihre Segnungen zu erfahren, Haben wir uns einmal von diesem falschen Glauben abgewandt, so sollten wir achtgeben, daß wir nicht dazu zurückkehren und uns darein hüllen, wenn wir des Schutzes gegen die Winde des Mißgeschicks oder die Kälte sterblicher Bosheit bedürfen. Dagegen sollten wir der Liebe warmen Mantel der Nächstenliebe suchen, der bereit liegt, daß wir ihn anziehen. Wir sollten uns oft prüfen und sehen, ob diese heimtückische Sünde, dieser „unbekannte Feind” am Werk ist, uns unseres Gewinns zu berauben, unsern Erfolg zu verzögern.
„Der unbekannte Feind” kann unter vielen Verkleidungen, z.B. als unser bester Freund, unser nützlichster Besitz, unser hervorragendstes Talent auftreten, so daß wir seinen Einflüsterungen oft gehorchen und ihm zu unserem Nachteil unwissentlich in die Hände arbeiten. Dieser Irrtum des Glaubens an die Materie, des Vertrauens auf die Dinge dieser Welt, ist der Grundirrtum, durch den die Schlange in der alten Allegorie vom Garten Eden Eva betrog. Er flüsterte ihr ein, Weisheit könne erlangt werden durch materielle Erfahrung, durch Verlangen nach der Materie und Wißbegier hinsichtlich ihres Geschmacks und ihrer Wirkung, durch die Freude, die ihr Anblick bereitet, und durch Glauben an ihre heilsamen und nahrhaften Eigenschaften. Alle diese dem Denken zugeflüsterten zudringlichen Vorspiegelungen erregten Evas Phantasie, beeinflußten ihr Urteil und veranlaßten sie, der heimlichen Sünde nachzugeben. Es weckte „des Herzens ungezähmtes Verlangen”, veranlaßte sie, das göttliche Gebot zu übertreten und auch ihren Mann zu verführen.
Ist es nicht „das ungezähmte Verlangen” des zuchtlosen Herzens, das die meisten unserer schwierigen persönlichen Probleme verursacht? Kommen wir sehr weit auf dem Wege von Leid zu Freud’, solange wir nicht willens sind, des Herzens Verlangen zu bändigen, zu zähmen und zu zügeln und nach dem uns in der Bergpredigt gegebenen Muster zu arbeiten? Hängt die Qualität des menschlichen Lebens nicht in großem Maße von der Gründlichkeit dieses Zähmungsvorgangs ab? Wieviel Geduld es erfordert, die Furcht und Scheu eines wilden Tieres zu zähmen oder ein Vöglein zu lehren zu kommen, wenn es gerufen wird, etwas Gutes zu empfangen! Jakobus sagt, daß alle Arten Tiere und Vögel von den Menschen gezähmt worden seien, daß aber niemand die Zunge zähmen könne! Wes das Herz voll ist, des geht der Mund über; und die einzige Art, die Zunge zu zähmen, ist das Herz zu zähmen, es willig jener Liebe unterzuordnen, die es bis zum Rande füllt, wenn es sich dem göttlichen Einfluß öffnet. Mrs. Eddy schreibt: „Verlangen ist Gebet” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 1), und wenn wir unser Verlangen heiligen, werden wir der göttlichen Liebe gehorchen.
In unserem Kampfe mit dem Fleisch sollten wir klarer erkennen, daß wir die Ansprüche des elementaren latenten Bösen sehen müssen und nicht zulassen dürfen, daß die Einzelheiten sichtbaren Irrtums uns ablenken oder überbürden; denn sonst könnten wir die größeren Fragen vernachlässigen. Latenter Irrtum ist im menschlichen Gemüt verborgenes Böses, vielleicht schlafend, nur auf eine Gelegenheit wartend, in Tätigkeit zu treten. Aller Irrtum ist die Folge des falschen Glaubens, daß die Materie ebenso wirklich sei wie das Gemüt. In Wirklichkeit gibt es nur einen Gott, ein Prinzip oder eine Macht, eine Ursache, ein Gemüt, eine Liebe und ihre vollkommene geistige Kundwerdung. Es ist Erbarmen, der Geist der Liebe, unermüdlicher Liebe, was heilt. Wir sollten jeden Abend liebevoller sein als wir am Morgen waren, sollten mehr lieben mit der strahlenden Glut der Geistigkeit, nicht mit dem flackernden Glanz der Gefühlsbewegung.
Der Psalmist betete: „Erforsche mich, Gott, und erfahre mein Herz; prüfe mich und erfahre, wie ich’s meine. Und siehe, ob ich auf bösem Wege bin, und leite mich auf ewigem Wege”. Ferner gibt er den Rat: „Habe deine Lust am Herrn; der wird dir geben, was dein Herz wünschet”. Die sicherste Art der Zerstörung des Bösen ist die Überwindung des Glaubens daran, wodurch es verhindert wird, sich in unserem Leben zu betätigen. Und wie könnten wir dies besser tun als durch das beständige Streben, so zu leben, daß wir das Gebet erfüllen, das die Christlichen Wissenschafter täglich beten (Kirchenhandbuch, Art. VIII, Abschn. 4): „, Dein Reich komme‘; laß die Herrschaft der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe in mir ausgerichtet werden und alle Sünde aus mir entfernen; und möge Dein Wort die Liebe der ganzen Menschheit bereichern und sie beherrschen!”
Die göttliche Liebe gibt uns, was das Herz begehrt, wenn dieses sich am ersten „nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit” sehnt und danach trachtet. Dann fällt uns aus dem unendlichen Vorrat der Liebe alles zu, worin Gesundheit und Glück bestehen, und wir finden den Weg zur Lösung aller persönlichen, politischen, Rassen- und Glaubensprobleme.
