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Praktisches Christentum — die Goldene Regel

Aus der Oktober 1938-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Welt sieht sich heute vor viele ernste Probleme gestellt. Die Menschen erörtern politische Ansichten oder Theorien. Industrie- und Finanzangelegenheiten und damit zusammenhängende moralische und ethische Fragen. Manchmal scheint es, als ob viele hoffnungslos in die Schwierigkeiten verstrickt wären und keinen Weg aus ihnen herausfinden könnten. Ein sonderbarer Zustand, in, dem sich sogar Christen befinden! Denn die Menschen haben doch schon über 19 Jahrhunderte die Lehre und das Beispiel Christi Jesu — die anerkanntermaßen ethisch höchste Lehre und Praxis, die der Menschheit je dargeboten wurde. Aber die Erörterungen gehen weiter, die Unruhe besteht fort, die Probleme bleiben in vielen Fällen ungelöst.

In der Art, wie die Menschen die Lehren des Meisters auslegen und anwenden, muß etwas grundfalsch sein, sonst müßte die Christenwelt heute ein viel größeres Maß harmonischer Beständigkeit erreicht haben. Liegt es daran, daß die Sterblichen diese Gebote nicht recht verstanden haben? Oder haben sie es zu schwierig gefunden, in Übereinstimmung mit den göttlichen Geboten zu leben? Wahrscheinlich haben diese beiden Gründe zu dem Mangel an Erfolg beigetragen. Dennoch ist die Grundlehre des Christentums klar, und auch seine Forderungen sind klar. Es bleibt der Menschheit anheimgestellt, diese Forderungen zu befolgen, sie zu erfüllen; denn nur dadurch wird die Erlösung der Welt von jedem verworrenen Zustand vollbracht werden.

Die Grundlehre des Christentums ist Liebe zu Gott und dem Menschen. Die Lehre der Hebräer: „Auge um Auge, Zahn um Zahn” wurde von Jesus für ungültig erklärt. Er gebot seinen Nachfolgern, Gott von ganzem Herzen und ihren Nächsten wie sich selber zu lieben. In der Bergpredigt in? Evangelium des Matthäus finden wir klar dargelegt, was das Christentum ist. Dort lernen wir die Wirkungen der Befolgung seiner Gebote und den Lohn dafür kennen. Durch diese Predigt Jesu erfahren wir, wie angelegentlich sich das Christentum auf jede rechte Art mit unserem Nächsten befaßt, indem es lehrt, ihn zu lieben und ihm zu helfen.

Man kann sagen, daß Christus Jesus die Pflicht des Christen gegen seinen Mitmenschen in die sogenannte Goldene Regel zusammengefaßt hat, die nach dem Evangelium des Matthäus (K. 7, 12) lautet: „Alles nun, was ihr wollt, daß euch die Leute tun sollen, das tut ihr ihnen auch”. Und um der Regel gleichsam den Stempel göttlicher Ermächtigung aufzudrücken, folgen die Worte: „Das ist das Gesetz und die Propheten”. Die Goldene Regel kann als andere Fassung des Gedankens angesehen werden: Liebe deinen Nächsten wie dich selber in der Gewißheit, daß die göttliche Liebe deine Liebe beseelt, ihr ihre Kraft zum Guten gibt, ihren Erfolg sichert.

Daß die ersten Christen die Tatsache anerkannten, daß das Christentum eine Religion der Liebe ist, geht klar aus dem Neuen Testament hervor. Jakobus schreibt z.B. in seinem Briefe (K. 2, 8): „So ihr das königliche Gesetz erfüllet nach der Schrift:, Liebe deinen Nächsten wie dich selbst‘, so tut ihr wohl”. Seinen Nächsten wie sich selber lieben, ist also das königliche Gesetz. Ferner schreibt Paulus im Briefe an die Römer (K. 13, 10): „Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung”. Kraftvolle Worte und beide ganz in Übereinstimmung mit der Goldenen Regel!

Wenn sich die Christen fragten: Lebe ich heute mit ganzer Hingebung in Übereinstimmung mit der Goldenen Regel?, was wäre die Antwort? Die meisten würden wahrscheinlich antworten: Nicht in dem Maße, wie ich möchte; mein Gehorsam gegen die Goldene Regel läßt viel zu wünschen übrig. Und dennoch ist diese Regel geradezu der Kernpunkt des Christentums! Man denke nur über ihren Einfluß auf Weltzustände nach. Betrachten wir zuerst die politische Lage im allgemeinen! Was finden wir? Große Unruhe in gewissen Kreisen; Unzufriedenheit mit demokratischen Idealen auf der einen Seite, Unzufriedenheit mit autokratischen Verfahren auf der andern, und die Unzufriedenheit zeigt sich da und dort in offenem Widerstreit. Wie, fragen wir, ist das christlich geistige Ideal zu erreichen und zu erhalten? Die Antwort lautet: Durch Gehorsam gegen die Goldene Regel. Denn Gehorsam gegen diese Regel bedeutet alles, was ehrbar ist; alles, was im Verkehr der Menschen miteinander gerecht, aufrichtig, ehrlich, erbarmungsvoll, freundlich ist.

Betrachten wir nun die industrielle Lage im allgemeinen. Auch hier finden wir große Unruhe; denn viele Fragen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern, zwischen Kapital und Arbeit sind nicht gelöst. Würden diese Fragen lange ungelöst bleiben, wenn die Goldene Regel die Beweggründe und das Verhalten der Beteiligten regieren dürfte? Sobald sie beginnen würden, sie ernsthaft anzuwenden, würden sie finden, daß die Macht des göttlichen Prinzips auf beiden Seiten wirkt und zu einer rechten oder gerechten Lösung führt. Gehorsam gegen die Goldene Regel macht die Menschen immer der harmonischen Regierung des allmächtigen göttlichen Prinzips Untertan und gewährleistet so den Lohn der Gerechtigkeit.

Vom Standpunkte der Goldenen Regel aus kann auch die Finanzlage betrachtet werden. Zweifellos müssen sich Eigentümer von angehäuften Gütern in einem demokratischen Staate eher als Hüter denn als persönliche Besitzer von Reichtümern ansehen lernen. Die Goldene Regel fordert es. Das heißt nicht, daß eine planlose Verteilung kleiner oder großer Geldgeschenke stattfinden, sondern lieber ein System unterstützt werden sollte, wonach die Menschheit einen rechtmäßigen Teil der Früchte ihres Fleißes oder ihrer Arbeit erhalten soll. Wenn die Menschen das Gedeihen und die Rechte anderer weiter mißachten, wird die Zwietracht fortdauern und ihre Kraft, anderen zu helfen, schwinden. Mrs. Eddy schreibt (Rückblick und Einblick, S. 72): „Das Wohlergehen anderer außer acht zu lassen, widerspricht dem Gesetz Gottes und vermindert daher unsere Fähigkeit, Gutes zu tun und uns und die Menschheit zu segnen”. Dies ist ein viel größeres Problem, als es bei oberflächlicher Prüfung scheinen mag. Denn es handelt sich hierbei nicht um das Wohl einer begrenzten Zahl von Personen, sondern um das Wohl ganzer Völker.

Ferner ist die Goldene Regel grundlegend für alle sittlichen Fragen. Man denke darüber nach! Würden die Menschen stehlen, würden sie töten, einander Schaden zufügen, unfreundlich sein gegen diejenigen, die gegen sie freundlich oder unfreundlich sind, wenn sie die Goldene Regel befolgten? Würden sie sich gelüsten lassen nach dem, was ihrem Nächsten gehört? Vom Gesichtspunkt der Goldenen Regel aus betrachtet, ist das Christentum außerordentlich praktisch. Die Christenheit muß zu dieser Tatsache erwachen, wenn sie ihre Erlösung ausarbeiten und ihre rechtmäßigen Vorrechte und ihre Freude genießen will.

Auf Seite 5 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany” schreibt unsere Führerin: „Das erste Gebot der hebräischen Zehn Gebote:, Du sollst keine anderen Götter neben mir haben‘ und die Goldene Regel schließen die ganze Christliche Wissenschaft in sich”. Beweisen wir Christliche Wissenschafter dies in unserem Leben? Helfen wir anderen es in ihrem Leben beweisen?

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