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Unsern Mitmenschen verstehen

Aus der Mai 1941-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Ein französisches Sprichwort lautet: Tout comprendre, c’est tout pardonner —„Alles verstehen, heißt alles vergeben”. Dies ist ein Grundsatz, den wir als Christliche Wissenschafter vor Augen behalten müssen.

Beim Ergründen der Christlichen Wissenschaft machen wir viele Entwicklungsstufen durch. Und trotz ihrer vollkommenen Lehre scheint es bei vielen von uns lange zu dauern, von der Gewohnheit zerstörenden Tadelns frei zu werden. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß „die Wahrheit nicht umgekehrt werden kann; daß aber die Umkehrung des Irrtums wahr ist”, wie Mary Baker Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 442). Warum dann zerstörendes Tadeln nicht durch die ideale Wahrheit ersetzen, damit wir beim Heilen mitwirken können?

Die Lehre der Christlichen Wissenschaft ist genau. Wir erkennen daher, daß viel Selbstprüfung erforderlich ist, um Fortschritt zu machen. Wir prüfen uns und werden mit zunehmendem Verständnis in unserem Denken wachsamer. Sind wir demütig genug, so sehen wir, daß unsere Fehler kein Teil des wahren Seins sind; wir trennen uns von ihnen und geben sie auf. Es kann scheinen, daß wir uns durch diesen Vorgang der Fehler anderer mehr bewußt werden. Aber wir müssen erkennen, daß Irrtum in anderen gerade so unwirklich ist wie in uns selber, sonst erheben wir uns nicht über den Nebel des materiellen Sinnenzeugnisses, sondern lassen zerstörenden Tadel wahrscheinlich ein Irrtumspfeil werden.

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