Wenn Jahr für Jahr die Weihnachtsfeiertage wieder zu Ende gehen, mögen viele sagen: Ach, wenn wir doch nur den Geist des Christfestes jeden Tag im Jahre haben könnten! Da Gott unserer Zeit die Christus-Wissenschaft oder Christliche Wissenschaft geschenkt hat, wird den Menschen freudig ein fortwährendes, ewiges Christfest verkündigt. Wir gedenken am Christfest zwar dankbar der Geburt Jesu, unseres Wegweisers, und seines Lebens, in dem er den Christus zweckdienlich bewies; aber wir feiern das Andenken an seine unvergleichliche Laufbahn sinngemäß doch nur durch das Befolgen seines Gebots, daß wir die Werke tun, die er tat. Durch dieses Veranschaulichen seiner göttlichen Lehren wird das Christfest für jedermann zu einem täglichen, persönlichen Erleben.
In der Christlichen Wissenschaft lernen wir verstehen, daß der Christus die immer gegenwärtige, immer zugängliche wahre Idee Gottes ist. Genau in dem Maße, wie wir auf diesen Christus eingehen, erlangen wir den wahren Geist des Christfestes oder das Verständnis, daß Gott der Vater ist — ein Verständnis, das uns über die Beschränkungen und Vereitelungen des sogenannten materiellen Daseins, über die Materie und ihre falschen Gesetze der Sünde, der Krankheit und des Todes erhebt. Ehe Mary Baker Eddy auf Seite 260 in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ erklärt, daß „das Christfest in der Christlichen Wissenschaft das Wirkliche, das Unbedingte und das Ewige — nicht die Dinge der Materie, sondern des Geistes — bedeutet“, schreibt sie: „Durch ein ewiges Christfest würde die Materie außer als Erscheinung zu etwas Fremdem; die Materie würde sich vor dem Gemüt demütig zurückziehen. Die Gewaltherrschaft des materiellen Sinnes oder des Fleisches würde vor einer solchen Wirklichkeit fliehen, um der Substanz Raum zu machen, und der Schatten Unbeständigkeit und die Ungenauigkeit des materiellen Sinnes würden verschwinden.“
In öffentlichen Äußerungen wird während der Weihnachtszeit immer mehr zur Sprache gebracht, daß ein dauernder Friede erst dann zustande kommen kann, wenn der Weihnachtsgeist — Wohlwollen, Friede und selbstlose Liebe — jeden Tag im Jahr in den Herzen der Menschen wohnt. Ja, wenn der Christus allgemein verstanden wird, wird die Menschenbrüderschaft mit einem gemeinsamen Vater in internationalen Beziehungen offensichtlich werden.
Aber damit ist Christi Wirken in menschlichen Angelegenheiten noch nicht erschöpft. Christus bewirkt eine volle Erlösung von sterblichen Irrtümern. Sein ungenähter Rock umfaßt alle menschlichen Schwierigkeiten, erstreckt sich auf die kleinste Einzelheit des menschlichen Lebens, und vernichtet nicht nur die falschen Gesetze der Sünde, sondern auch der Krankheit und des Todes. Im 61. Kapitel des Propheten Jesaja lesen wir unter der Überschrift „Das Amt des Christus [eng]. Bibel] (Vers 1 und 3): „Der Geist des Herrn Herrn ist über mir, darum daß mich der Herr gesalbt hat. Er hat mich gesandt, den Elenden zu predigen, die zerbrochenen Herzen zu verbinden, zu verkündigen den Gefangenen die Freiheit, den Gebundenen, daß ihnen geöffnet werde, ... zu schaffen den Traurigen zu Zion, daß ihnen Schmuck für Asche und Freudenöl für Traurigkeit und schöne Kleider für einen betrübten Geist gegeben werden, daß sie genannt werden Bäume der Gerechtigkeit, Pflanzen des Herrn zum Preise.“
Alle können diesen immergegenwärtigen heilenden und erlösenden Christus erkennen und sich seiner bewußt sein. Er kann zu uns kommen in Augenblicken, wo wir aufrichtig nach etwas Besserem und Höherem verlangen, als die Welt zu bieten hat; oder im stillen Gebet und im ruhigen Nachdenken über die Dinge des Geistes. Phillips Brooks sagt:
Wo Demut ihn willkommen heißt,
Der Christus Einzug hält.
In solchen Augenblicken der Aufrichtigkeit und der Demut weicht die materielle Gesinnung einer geistigen Gesinnung. Und wenn diese mit Freude, Frieden und Macht verbundenen Augenblicke des Innewerdens des immergegenwärtigen Christus zu Stunden und die Stunden zu Tagen werden, wird das Christfest für uns zu einem täglichen Erleben: wir erheben uns täglich über eine falsche Auffassung des Selbst zum Beweis des wahren Menschentums. Diese Verchristlichung des menschlichen Selbst erhöht die sittliche und geistige Empfänglichkeit und bekundet sich in einer höheren Auffassung von Gesundheit, Glück und Erfolg. Mrs. Eddy schreibt (Miscellany, S. 260): „Der wahre Geist des Christfestes erhebt die Heilkunde in das Gemüt; er treibt Übel aus, heilt die Kranken, weckt die schlummernden Fähigkeiten, fordert alle Zustände heraus und gibt dem Menschen alles, was ihm not tut.“
Das Wesentliche des Christfestes, seine Macht und sein belebendes Prinzip ist die selbstlose, unparteiische und allumfassende Liebe. Im täglichen Leben widergespiegelte Liebe gestaltet die menschlichen Beziehungen im Heim, im geselligen Verkehr und im Geschäft schöner, erleichtert Lasten und läßt uns hier und jetzt den Himmel vorahnen. Sie veranschaulicht, wie die Liebe aus der Unerschöpflichkeit des Guten gibt. Unsere Führerin gibt uns in dem Aufsatz „Liebe“ in „Miscellaneous Writings“ eine herrliche Beschreibung des Weihnachtsgeistes — der im menschlichen Leben widergespiegelten und angewandten Liebe (S. 250): „Die Liebe hat als eine menschliche Eigenschaft eine herrliche Bedeutung, sie bedeutet mehr als Worte: sie ist die im Verborgenen vollbrachte liebreiche, selbstlose Tat; das stille, unaufhörliche Gebet; das sich selber vergessende überströmende Herz; die verhüllte Gestalt, die sich heimlich entfernt, um Barmherzigkeit zu üben; die die Straße entlang trippelnden Füßchen; die milde Hand, die die Tür öffnet, hinter der Mangel und Elend, Krankheit und Leid seufzen, und so die finsteren Orte der Erde erhellt.“
Diese Worte beschreiben auch das wahre Geben. Wir geben wahrhaft und nutzbringend, wenn Selbstlosigkeit, Weisheit und Liebe unser Handeln veranlaßt. Wir können das besonders an Weihnachten starke Verlangen, andere durch Geschenke zu erfreuen, zu einer täglichen, freiwilligen Gewohnheit machen; denn können wir lieben Angehörigen, unsern Freunden und Mitarbeitern und unserer heiligen Sache nicht das ganze Jahr hindurch Treue, Zuverlässigkeit, Rücksichtnahme, Dankbarkeit und dergleichen entgegenbringen? Dies sind dauernde und befriedigende Geschenke, die nie ausgetauscht werden.
Beachten wir die liebevollen Gedanken oder Engelsbotschaften, die während des Jahres zu uns kommen und uns zu gewissen guten Taten anspornen, die unsere Mitmenschen segnen, wenn sie von Weisheit und selbstloser Liebe eingegeben sind? Wie weitreichend ein selbstloses Handeln sein und wie es den Weihnachtsgeist veranschaulichen kann, wurde dem Verfasser vor kurzem gezeigt, nachdem er an Freunde im Ausland zur Beruhigung und Ermutigung Gaben gesandt hatte. Ein Empfänger, der, ohne daß der Verfasser es wußte, tapfer für das Recht gekämpft hatte in einer Organisation, als Eigenwille und Selbstverherrlichung vergeblich versucht hatten, deren Zweck und Nützlichkeit zu vereiteln, schrieb, als er den Empfang des Geschenks bestätigte: „Es war für eine gerechte Sache Belohnung unserer Arbeit für eine gerechte Sache und ermutigte uns unermeßlich.“ Und ein anderer schrieb: „Es war gerade, wie wenn man ein Weihnachtspaket öffnet.“
So oft eine geistige Idee der Liebe, des Lebens und der Wahrheit in unserem Bewußtsein geboren wird, ist es, wie wenn wir ein Licht angezündet hätten, um die Finsternis einer falschen materiellen Annahme zu vertreiben. Laßt uns fortfahren, zu beten und uns zu bemühen, an „die finsteren Orte der Erde“ Licht zu bringen, indem wir die Kerzen geistigen Verständnisses anzünden, bis alle Finsternis der Materialität verschwunden ist, und das Bewußtsein das Licht und die Herrlichkeit des göttlichen Lebens und Seins widerspiegelt!
Durch diese geistige Erleuchtung, dieses Kommen des Christus-Lichtes in unser Bewußtsein können wir an der Art des Friedefürsten, an seiner Herrlichkeit, Schönheit, seinem Leben und seiner Macht teilnehmen. Auf diese Art heilt die Christliche Wissenschaft, erfolgt persönliche Erlösung.
Materielle Annahmen und Feiern umwölken vielleicht für viele Menschen den Himmel, so daß sie nicht sehen können, wie hell der Stern von Bethlehem heutzutage scheint. Aber für die Weisen von heute, die ihr geistiges Verständnis täglich erweitern und dessen heilende und erlösende Kraft beweisen, wird der Stern immer heller scheinen, und die Materie und der materielle Sinn werden vor dem Bewußtsein eines ewigen Christfestes vergehen.
In einem unserer Lieder heißt es (Christian Science Hymnal, Nr. 170):
Die äußern Zeichen schwinden schnell
Für den, des innrer Blick ist hell.
Und schnell die Zeit für den versinkt,
Der sie in freud'gem Lob verbringt.
Die Weihnachtsbräuche haltet ein,
So euch das wichtig noch erschein';
Doch lasset unbescholten den,
Der täglich fühlt den Christ erstehn.
