Die Christliche Wissenschaft verkündet ein einziges göttliches Gemüt, einen Christus, einen göttlichen Einfluß. Dieser Einfluß offenbart unfehlbare Weisheit, unwandelbare Herrschaft und wird von „mitfolgenden Zeichen“ begleitet. Der Mensch, das Ebenbild und Gleichnis Gottes, steht unmittelbar unter diesem Einfluß. Er ist keinen entgegengesetzten Anziehungen unterworfen. Er wird von keinen menschlichen Annahmen und widersprechenden Meinungen beherrscht.
Unter dieser Einwirkung weicht die Welt materieller Persönlichkeiten, von denen jede einen materiellen Einfluß zum Guten oder zum Bösen ausübt, der Welt des göttlichen Prinzips und seiner Ideen, die als Männer und Frauen erschaut werden, die unter dem Einfluß des Christus handeln. Solch eine Welt kann heute unser sein, wenn wir willig sind, die sogenannte Beherrschung oder Einwirkung des menschlichen Willens aufzugeben, und es Gott überlassen, unsre Gedanken und Handlungen zu inspirieren und beeinflussen. Wenn wir in Demut und ernstem Streben danach trachten, nur von dem göttlichen Einfluß geleitet zu werden, so sind wir völlig geborgen in Gottes Hut.
Der befreiende Einfluß des Christus wird immer im Dienste der Liebe ausgeübt. Die Wirkungen dieses christusähnlichen Verständnisses zeigen sich in der Wiederherstellung und Erhaltung der Gesundheit und in glücklichen und geheiligten Beziehungen. Unter der Regierung des göttlichen Einflusses finden wir, daß ein Bruder dem andern hilft, daß die Nationen einig sind, daß die Zivilisation und die menschliche Gesellschaft in einer geeinten und fortschrittlichen Welt zusammenwirken. Wie wichtig ist es daher, die Macht des göttlichen Einflusses, der alle Gegenanziehungen verscheucht, zu verstehen und zu fördern.
Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Vorwort zu „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. xi): „Heute, wie damals, sind diese mächtigen Werke nicht übernatürlich, sondern im höchsten Grade natürlich. Sie sind das Zeichen des Immanuel oder ‚Gott mit uns‘ — sie sind ein göttlicher Einfluß, der im menschlichen Bewußtsein immer gegenwärtig ist, sich wiederholt und heute kommt, wie vor alters verheißen ward:
Zu predigen den Gefangenen [des Sinnes], daß
sie los sein sollen,
Und den Blinden das Gesicht,
Und den Zerschlagenen, daß sie frei und ledig
sein sollen.“
Die Umwandlung von der Krankheit zur Gesundheit, von der Sünde zur Heiligkeit, vom Krieg zum Frieden, ist unter der Wirkung des göttlichen Einflusses ebenso natürlich und schmerzlos wie das Kommen des Tageslichtes, wenn es die Dunkelheit der Nacht verscheucht. Keine Störung wird hervorgerufen, wenn die Sonne zuerst über dem östlichen Horizont erscheint, um eine neu erwachte Welt zu erleuchten.
Es kann nicht geleugnet werden, und es sollte nicht ignoriert werden, daß die Sterblichen schändlichen Einflüssen aller Art ausgesetzt sind. Diese Antriebe des menschlichen Gemüts haben oft in bösen Motiven ihren Ursprung, wie etwa dem selbstischen Verlangen nach Geltung, Macht und persönlichem Gewinn. Die Erfahrung hat die Wirkungslosigkeit solcher Motive gelehrt und sie als machtlos bewiesen, wenn die Allmacht des göttlichen Gemüts und seiner Offenbarwerdung, die in Christus oder dem göttlichen Einfluß Ausdruck findet, völlig die Beweggründe und Wünsche des wirklichen Menschen beherrscht.
Als die Apostel Petrus und Johannes in Jerusalem zur Stunde des Gebets in den Tempel gingen, wurden sie von einem Krüppel angesprochen, der an der Pforte lag und um Almosen bettelte. Er war seit seiner Geburt in diesem Zustand gewesen. Ein materieller Einfluß mag die Ursache seiner Beschwerde gewesen sein. Doch der scheinbare Einfluß, der diesen irrigen Zustand verursacht hatte, war persönlich und materiell, nicht göttlich.
Der einzig wirkliche Einfluß ist der Einfluß Gottes, des Geistes. Die einzig wirkliche Mutter ist unser Vater-Mutter Gott, von dem wir alle abstammen. Der Einfluß unsrer wirklichen Mutter kann niemals zum Krüppel machen oder einschränken, sondern nur befreien und erheben. Der Krüppel an der Pforte des Tempels war scheinbar aus persönlichen Beweggründen dort hingelegt worden, die zweifellos von der Tatsache beeinflußt waren, daß er Mitleid erregte und dadurch viele fromme und barmherzige Leute veranlassen würde, ihm eine Münze zuzuwerfen, wenn sie durch die Pforte in den Tempel gingen.
Seine Heilung wurde jedoch nicht durch solch wohlgemeinte Menschenfreundlichkeit bewirkt. Er mußte als ein Kind seines Vater-Mutter Gottes erkannt werden, beschirmt in dem Heiligtum der Liebe, unter dem Einfluß des „Immanuel oder, Gott mit uns‘ “.
Petrus wandte sich zu dem Krüppel, der ihn um ein Almosen gebeten hatte, und sagte (Apostelg. 3:6): „Silber und Gold habe ich nicht; was ich aber habe, das gebe ich dir: im Namen Jesu Christi von Nazareth stehe auf und wandle!“ Diese nachdrückliche Erklärung des Apostels erweckte den Leidenden aus seiner materiellen Stumpfheit. Er wurde inspiriert, die Gegenwart Gottes zu erkennen. Petrus, der von dem göttlichen Einfluß angetrieben war, nahm ihn bei der Hand und richtete ihn auf. Und er „sprang auf, konnte gehen und stehen und ging mit ihnen in den Tempel, wandelte und sprang und lobete Gott“ (Apostelg. 3:8).
So aufsehenerregend war die Heilung, daß alle Leute zusammenliefen, um die Männer zu sehen, die sie bewirkt hatten. Doch Petrus, mit der Weisheit, die er von seinem großen Meister gelernt hatte, lenkte ihre Gedanken ab von dem Einfluß der Persönlichkeit und sagte ihnen ganz offen, daß die Kraft Gottes sich durch den Christus, und nicht durch menschliche Wesen, offenbart hätte.
Als die Obersten und Ältesten und Schriftgelehrten von dem Heilerfolg der Apostel hörten, der den Menschen die Macht des in dem Christus ausgedrückten göttlichen Einflusses bewiesen hatte, verboten sie den Jüngern, im Namen Jesu zu lehren. Petrus und Johannes weigerten sich jedoch, durch die Drohungen beeinflußt zu werden, ebenso wie sie die Schmeichelei der Menge zurückgewiesen hatten. Unberührt fuhren sie fort mit ihrer Heilmission; und mit dem heiligen Geiste ausgerüstet, brachten sie den Menschen solch einen Reichtum von Gnade und Erleuchtung, daß viele sich Gott zuwandten und in Dankbarkeit ihre irdischen Schätze herbeitrugen, um sie den Aposteln zu Füßen zu legen.
So öffnete der göttliche Einfluß die Herzen der Menschen und brachte viele zum Christus. Materielle Einflüsse werden schnell überwunden, wenn man lernt, daß es nur ein Gemüt und einen Christus gibt, nur einen göttlichen Einfluß. Dieser Einfluß wird empfunden in jeder Phase des Lebens — im Heim, im Geschäft, in der Kirche und im Staat. Wir sehnen uns von ganzem Herzen danach, mehr von seiner Macht zu erkennen. Wir beten aufrichtig, mehr von seiner Gegenwart wahrzunehmen, und wir anerkennen demütig seine Allmacht, Allwissenschaft und seine unausbleibliche heilende Wirkung.
