Von Bergen geschützt liegt an der Küste des Stillen Meeres in den Vereinigten Staaten ein kleines Stück Land, das besonders beachtenswert ist, weil es sich für erfolgreiche Lilienzucht außerordentlich eignet. Hier, vor scharfen Winden und großen Witterungsunterschieden geschützt, kommt dieses Sinnbild der Reinheit im Pflanzenreich sehr leicht zu voller Entwicklung und Schönheit. Eine solche harmonische Entwicklung ist ein Hinweis auf die göttlich geordnete Entfaltung in Gottes Reich, wo die ganze Schöpfung ewig in Reinheit, Vollkommenheit und Sicherheit aufrechterhalten ist.
Das Sehnen nach Geborgenheit ist tief eingewurzelt im menschlichen Herzen. Die menschen wenden sich heute in immer zunehmendem Maße der Erwägung von Mitteln und Wegen zu, um sie zu erlangen. Unzählige Menschen reden darüber, und einzelne Personen und große Vereinigungen von Menschen trachten ernstlich danach, etwas in der Hinsicht zu tun. Staatsmänner und Wissenschafter auf materiellen Gebieten machen mit den besten Absichten die größten menschlichen Anstrengungen, den Weg zu finden, und immer wieder erwacht Hoffnung, die aber dem Zweifel, der Entmutigung und der Verzweiflung weicht, wenn erkannt wird, daß die Erfindungen der Menschen, die einerseits Sicherheit versprechen, anderseits Vernichtung andeuten.
Aber wo sucht die Menschheit? Zumeist im materiellen Reich: innerhalb gewisser Volks- oder Rassengrenzen; in menschlicher Gesetzgebung, Regierung, Weltklugheit; in materieller Wissenschaft oder Erfindung; in Familienbeziehungen, Umgebung oder vorteilhafter Ausbildung; in gesellschaftlicher oder wirtschaftlicher Stellung; oder in materiellen Waffen und materieller Stärke. Man hat lange an materielle Mittel und Wege geglaubt, aber man hat nur gefunden, daß sie versagten. Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß wahre und bleibende Sicherheit nur im Geist zu finden ist. Der weise König Salomo riet seinem Volk (Spr. 3, 5. 6. 23): „Verlaß dich auf den Herrn von ganzem Herzen, und verlaß dich nicht auf deinen Verstand; sondern gedenke an ihn in allen deinen Wegen, so wird er dich recht führen. ... Dann wirst du sicher wandeln auf deinem Wege.“ Es ist undenkbar, daß Er, der die Lilien auf dem Felde in Seine Liebe einschließt, nicht auch für die Sicherheit Seiner Kinder gesorgt haben sollte.
Christliche Wissenschafter suchen folgerichtig in der Bibel und in den Schriften ihrer inspirierten Führerin Aufklärung über des Menschen Sicherheit. Das erste Buch der Bibel behandelt die Sicherheitsfrage eindrucksvoll im Falle Noah, der, wie wir lesen, „ein frommer Mann und ohne Tadel“ war (1. Mose 6, 9). Es war daher kein bloßer Zufall, daß Gott Noah auserwählte und ihm gebot, eine Arche zu bauen, in der er und alles, was ihm teuer war, Zuflucht finden konnte vor der Flut, die sich über die ganze Erde erstreckte. Wenn wir den Bericht lesen, finden wir keine Andeutung, daß die Sicherheit dieses gottesfürchtigen Mannes oder derer, die bei ihm in der Arche waren, in der zunehmenden Flut je gefährdet war. In dem Bericht ist nichts erwähnt, daß Noah in letzter Stunde um göttlichen Schutz flehte; es ist daraus vielmehr ersichtlich, daß er Gottes Gebot unbedingt befolgte und sich unerschütterlich auf Gott verließ. Von solchen war es wohl, daß der Psalmist sang (112, 4. 7): „Den Frommen geht das Licht auf in der Finsternis. ... Wenn eine Plage kommen will, so fürchtet er sich nicht; sein Herz hofft unverzagt auf den Herrn.“
Mrs. Eddy gibt in der Worterklärung ihres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ für „Arche“ die Begriffsbestimmung (S. 581): „Geborgenheit; die Idee oder Widerspiegelung der Wahrheit, die erwiesenermaßen ebenso unsterblich ist wie ihr Prinzip; das Verständnis vom Geist, das die Annahme von Materie zerstört. Gott und der Mensch zusammenbestehend und ewig; die Wissenschaft, welche zeigt, daß die geistigen Wirklichkeiten aller Dinge von Ihm erschaffen sind und immerdar bestehen. Die Arche deutet überwundene Versuchung an, auf welche Erhebung folgt.“
Der Christliche Wissenschafter findet, daß er ein immer tieferes Verlangen nach Wachstum in geistigem Verständnis empfindet. Wie Noah hört und befolgt er das Gebot Gottes (1. Mose 6, 14): „Mache dir einen Kasten.“ Wenn er die Annahme aufgibt, daß die Materie wirklich sei, baut er den Plänen und Vorschriften des Geistes gemäß. Sein Kasten oder seine Arche ist aus rechtem Verlangen erbaut, und sie ist „inwendig und auswendig“ mit Hingabe an das Gute verpicht.
Geborgen in der sich sicher über der Flut des Sinnenzeugnisses befindlichen Arche der Wahrheit kennt ihr Erbauer die Tatsächlichkeit des Seins: den einen Gott und Schöpfer, den Vater-Mutter aller; eine Schöpfung, das den Menschen in sich schließende unwandelbare, unzerstörbare und ewige Weltall; einen Christus, Seinen Sohn, den Erlöser und Wegweiser aller Menschen. Hier, in der heiligen Zufluchtsstätte geistigen Verständnisses erkennt er, daß der Mensch mit Gott, der göttlichen Liebe, zusammenbesteht und sich der göttlichen Wirklichkeit immer bewußt ist.
Eine treffliche Veranschaulichung der Tatsache, daß wir unsere Sicherheit in der Arche geistigen Verständnisses finden, bietet der Fall einer sehr geachteten und beliebten Christlichen Wissenschafterin. Ein Angehöriger ihrer Familie war dem Gebrauch berauschender Getränke ergeben. Er war für gewöhnlich freundlich und gütig; stand er aber unter dem Einfluß des Trinkens, so legte er häßliche Züge, Sinnlichkeit, Untreue und Unzurechnungsfähigkeit an den Tag.
Diese Wissenschafterin widmete sich jahrelang geduldig dem Bauen ihrer eigenen Arche, der Zufluchtsstätte vor den Stürmen des materiellen Sinnes, die sie in einen Abgrund zu stürzen versucht hatten. Tag für Tag machte sie sich gewissenhaft mehr geistiges Verständnis zu eigen, beharrte sie in dem ehrlichen Bemühen, den Irrenden entsprechend der Vollkommenheit seines wahren Seins zu sehen. Sie wandte ihr Antlitz dem Licht der Wahrheit zu und weigerte sich, das Bild, daß der Mensch ein sündiger Sterblicher sei, für wirklich zu halten. Schließlich begann sich das Bild zu ändern. Daß sie der Wahrheit treu geblieben war, hatte seinen Lohn darin, daß der Irrende um Hilfe in der Christlichen Wissenschaft bat und willig war, sich täglich in die Lektionspredigt im Christlich-Wissenschaftlichen Vierteljahrsheft zu vertiefen. Als in sein Denken, das verdunkelt gewesen war durch den Glauben an die Wirklichkeit und die Vergnügen-bereitende Macht der Sünde, das Licht des Christus, der Wahrheit, fiel, wurde er Schritt für Schritt aus der Wüste falscher Begierde herausgeführt. Als er inne wurde, daß er das sündlose und reine Kind der Schöpfung Gottes war, begann er, ein sündloses und reines Leben zu führen. Als er erkannte, daß der Mensch nicht der Knecht der Sünde ist, bewies er seine Herrschaft über die Sünde; und durch Gehorsam und Rechtschaffenheit baute er seine eigene Arche, in der er im weiteren Verlaufe Zuflucht vor dem Bösen und seinen Folgen fand.
Das Verständnis Gottes, des Geistes, das Versuchung überwindet und den Glauben an Materie zerstört, ist die Arche, unsere Stätte der Geborgenheit. Unsere Führerin schreibt in „Miscellaneous Writings“ (S. 152): „So auf den Felsen, auf Christus, gegründet, seid ihr, wenn Sturm und Wetter diese sichere Grundlage umtosen, die in der starken Feste Hoffnung, Glauben und Liebe sicher geborgenen Nestlinge Gottes; und Er wird euch mit Seinen Fittichen decken, bis der Sturm vorüber ist. In Seinen Hafen, die Seele, dringt nichts Irdisches ein, um Engel auszutreiben, um die rechte Eingebung, die euch sicher heimführt, zum Schweigen zu bringen.“
