Die Vollständigkeit des Menschen ist schon jetzt Tatsache. „Der Mensch ist die Krone der Schöpfung; und Gott ist nicht ohne einen immergegenwärtigen Zeugen, der von Ihm zeugt“, schreibt unsere Führerin, Mary Baker Eddy, in „Nein und Ja“ (S. 17). „Die Krone der Schöpfung“ sein ist nicht eine künftige Bestimmung des zu Gottes Bild und Gleichnis geschaffenen Menschen. Es ist des Menschen Geburtsrecht, etwas, was er schon hat und was ihm ewig gehört. Es ist des Menschen Erbteil, seine erhabene Bestimmung, von Gottes wunderbarer Herrlichkeit zu zeugen. Eine Widerspiegelung braucht nicht zu kämpfen, um das Urbild ohne weiteres widerzuspiegeln. Wenn man vor einem Spiegel steht, sieht man kein unvollendetes Bild, das mit der Zeit so wie das Urbild werden wird. Das Spiegelbild ist jetzt eine vollständige Widerspiegelung. Anderseits hat das Spiegelbild keine eigene Entschlußkraft, Macht oder Intelligenz, sondern hängt hinsichtlich seines Daseins vollständig von dem Urbild ab. Ebenso verhält es sich mit dem Menschen, der nichts aus sich selber tun kann, sondern unter Gottes Leitung lebt und sich bewegt.
Die Bibel erklärt mit Bestimmtheit, daß Gottes Schöpfung vollständig ist: „Also ward vollendet Himmel und Erde mit ihrem ganzen Heer“ (1. Mose 2, 1). Diese göttliche Tatsache kann durch den materiellen Sinn nicht umgekehrt werden. Laßt uns zur Veranschaulichung den Bericht im Alten Testament betrachten, wie das Rote Meer sich teilte. Durch die Eingebung des Gemüts, Gottes, bewies Mose des Menschen Herrschaft. Das Zeugnis der materiellen Sinne erhob Einwendungen der Hoffnungslosigkeit, des Mangels und der Gefahr. Aber der große Gesetzgeber wandte sich an Gott, und als „ein immergegenwärtiger Zeuge“ der erhaltenden Macht Gottes führte er sein Volk zu Sicherheit. Nur durch geistige Kraft konnte er das Volk beruhigen mit der Engelsbotschaft der Liebe: „Fürchtet euch nicht, stehet fest und sehet zu, was für ein Heil der Herr heute an euch tun wird“ (2. Mose 14. 13).
Wir sehen, daß Mose seine Behandlung mit einem demütigen Anerkennen der Gegenwart Gottes begann: „Fürchtet euch nicht.“ In Gottes Allheit gibt es nichts zu fürchten — keine Unsicherheit, keine Gefahr. Ist es da verwunderlich, daß die Kinder Israel den sichtbaren Beweis der Erlösung sahen, die Gott für sie vorgesehen hatte? Unsere Führerin gibt eine schöne Beschreibung der göttlichen Führung im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift.“ Sie erklärt dort (S. 566): „Wie die Kinder Israel siegreich durch das Rote Meer, die dunkle Ebbe und Flut menschlicher Furcht, hindurchgeführt wurden — wie sie durch die Wüste geleitet wurden, mit müden Schritten durch die Einöde menschlicher Hoffnungen wanderten und die verheißene Freude vorahnten, so wird die geistige Idee alle rechten Wünsche auf ihrem Weg vom Sinn zur Seele leiten, von einem materiellen Begriff des Daseins zu einem geistigen, hinan zu der Herrlichkeit, die denen bereitet ist, die Gott lieben.“
Versuchen wir, wie die Kinder Israel, durch unser Rotes Meer zu gehen? Fragen wir uns, ob wir wohl das ferne Ufer erreichen werden? Sehen wir zur Linken hohe Wogen der Furcht, der Verzweiflung und des Mangels? Stehen wir zur Rechten vor Bergen ungelöster Schwierigkeiten, der Vereitelung, langwierigen Leidens und der Einsamkeit? Laßt uns, wenn menschlich geplante Lösungen versagt haben und der Weg dunkel ist, an des Menschen Vollständigkeit denken und uns an Gott wenden, wie Mose es tat! Auch wir können die Engel Seiner Gegenwart beherbergen, die uns aus Furcht und falscher Verantwortung herausführen. Diese Engelsbotschaften durchdringen durchdringen die Düsterkeit der Beschränkung und der Unwissenheit und dienen als Leitstern auf unserem Wege.
Gott kann Seine Macht bei jeder menschlichen Erfahrung offenbar machen, mögen wir auch noch so weit von Ihm entfernt zu sein scheinen. Ist unser Denken im Verständnis der Allheit Gottes sicher verankert, so sind wir im Bereich der Intelligenz, wo Dunkelheit dem Licht weicht. Ja, das Rote Meer teilte sich vollständig. Gott verläßt uns nicht inmitten eines Beweises der Christlichen Wissenschaft, wenn die Schwierigkeit erst halb überwunden ist. Gott segnet alles, was Er erschafft, und Er ist von Seinem Werk befriedigt. Ein Christlicher Wissenschafter sollte sich nicht mit einem bloß gebesserten Zustand zufrieden geben und es dabei bewenden lassen. Vollständigkeit ist des Menschen rechtmäßiges Erbe
Stillstand oder Unvollständigkeit ist ein Teil des Adam-Traums, des falschen Glaubens, daß der Mensch zeitweise von Gott getrennt sein könne. Wenn eine Krankheit auch noch so tief eingewurzelt scheint, kann sie doch das geistige Verständnis nicht vernichten oder lähmen, das die Sterblichen aus der Knechtschaft des falschen Anspruchs des Irrtums befreit. Tätigkeit steht Gott zu. Sie ist nicht Muskeln, dem Wetter, Annahmen der Vererbung oder der Zeit preisgegeben. Das göttliche Prinzip, das nicht schwankt, sondern ewig allmächtig und allgegenwärtig ist, erhält und beherrscht Tätigkeit. Selbst das scheinbar verdunkelte menschliche Bewußtsein kann erwachen und Gott Allheit wahrnehmen. Der Strahlenglanz geistigen Verständnisses durchdringt sogennate unheilbare Annahmen und befreit die Sterblichen. Als Christus Jesus einen Blindgeborenen heilte, bewies er, daß die Materie nicht die Macht hat, die der Seele ewig innewohnenden geistigen Fähigkeiten zu beeinträchtigen. Es wird uns gesagt, der Mann „kam sehend“ (siehe Joh. 9, 1–7).
Eine Christliche Wissenschafterin stürzte eines Abends beim Aussteigen aus einem Wagen und verrenkte sich den Knöchel. Sie erklärte sofort die Allheit Gottes, der göttlichen Wahrheit, und konnte ruhig schlafen. Beim Aufstehen am nächsten Morgen fand sie jedoch, daß der Fuß geschwollen und verfärbt war, und daß sie nicht darauf stehen konnte. Sie begann sofort ein Gefühl der Enttäuschung zu überwinden und machte sich klar, daß Gott an Seiner Schöpfung geistiger Ideen immer Wohlgefallen hat, weil alles, was Er erschafft, „sehr gut“ ist. Die Vollkommenheit des Menschen kann nie beeinträchtigt werden oder verlorengehen, denn sie ist die Widerspiegelung des Wesens Gottes, das dem geistigen Sinn ewig offenbar ist. Sie wußte, daß kein Augenschein der materiellen Sinne diese göttliche Tatsache umkehren kann.
Um die Mittagszeit ging es ihr schon viel besser und sie konnte, allerdings hinkend, umhergehen. Dann suchten sich Gesundheitsgesetze geltend zu machen mit ihrer oft gehörten Äußerung: „Sei dankbar, daß du gehen kannst; aber es wird einige Zeit dauern, bis die Verfärbung vergeht.“ Die Wissenschafterin sah, daß der Irrtum seine listigen Schliche benützte, sie durch die Einwendung zu betören, daß sie in der Materie lebe; aber da nicht nur ein Sender, sondern auch ein Empfänger nötig ist, um eine solche Malpraxis wirksam zu machen, weigerte sie sich sofort und bestimmt, darauf einzugehen. Sie begnügte sich nicht damit, daß das Rote Meer sich nur halbwegs teilte. Sie ging statt dessen in das Kämmerlein geistiger Gemeinschaft, schloß alle materiellen Annahmen aus und betete demütig. Sie horchte auf Gott; denn das ist doch wesentlich beim wahren Beten. Als ihre Behandlung beendigt war, stand sie auf und war frei. Am Nachmittag verging alle Verfärbung, und sie war vollkommen geheilt.
Durch Mrs. Eddys herrliche Offenbarung der Christlichen Wissenschaft können wir unser Erbe heute geltend machen und antreten. Es ist keine Verzögerung nötig. Vollständigkeit ist das Geburtsrecht jedes Kindes Gottes. Auf Schritt und Tritt begleitet uns die liebreiche Versicherung unserer geliebten Führerin (Wissenschaft und Gesundheit, S. 527): „Der Mensch ist die Widerspiegelung Gottes und bedarf keiner Pflege; er ist vielmehr immerdar schön und vollendet.“
