Ein Ausüber der Christlichen Wissenschaft wurde von einem Freund gefragt, der noch ein Neuling in der Wissenschaft war: „Was ist wirksamer, gegenwärtige oder Fernbehandlung?“ Der Ausüber versicherte dem Freunde, daß die Christlichen Wissenschafter aus Erfahrung wissen, daß die beiden Arten der Behandlung gleich wirksam sind.
In ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt Mary Baker Eddy (S. 179): „Die Wissenschaft kann die von ihren Heilern abwesenden Kranken ebenso gut heilen wie die anwesenden, denn Entfernung ist kein Hindernis für Gemüt.“ Es muß daher klar verstanden werden, daß der Unterschied, den die Christlichen Wissenschafter zwischen dem machen, was sie Fernbehandlung oder gegenwärtige Behandlung nennen, sich einfach darauf bezieht, ob der Patient abwesend oder anwesend ist — nicht auf die Behandlung selbst. Auch bezieht er sich nicht auf den Ort, von dem aus die Behandlung gegeben wird.
Es ist beachtenswert, daß unsere verehrte Führerin nirgends in ihren Schriften die Ausdrücke Fernbehandlung oder gegenwärtige Behandlung braucht. Im wahren wissenschaftlichen Sinn ist Behandlung immer gegenwärtig; denn der heilende Christus ist überall und heilt, ungeachtet der sterblichen Annahmen von Ort, Raum oder Zeit. Es gibt keine Abwesenheit des Gemüts oder der Gemüts-Kraft. Eine christlich-wissenschaftliche Behandlung behauptet die ewige, geistige Vollkommenheit des Menschen, der zum Ebenbild und Gleichnis Gottes erschaffen wurde.
Zweifellos ist es tröstlich und belehrend, persönlich mit einem Ausüber sprechen zu können, doch gibt es Zeiten, wo dies nicht notwendig ist. Wenn jedoch solch eine Besprechung erforderlich wird, so bietet Gott die Gelegenheit dafür. In solchen Fällen mag oft stilles Gebet oder Behandlung dem gesprochenen Wort Gottes folgen. In anderen Fällen wird zuweilen nach der Unterredung eine Fernbehandlung gegeben. Gewißlich wird die Liebe allen Bedarf decken in einer Art, die allen Wahrheitssuchern gerecht wird, und wird die Weisheit verleihen, die das Handeln in der rechten Weise leitet.
Menschen, die in weitentfernten Teilen der Welt wohnen — und denen es nicht möglich ist, enge persönliche Beziehungen mit andern Anhängern dieser gesegneten Wissenschaft aufrechtzuerhalten — sind dadurch nicht von dem heilenden Wirken der Wahrheit ausgeschlossen; auch sollten sie nicht das Gefühl haben, weit entfernt von der christlich-wissenschaftlichen Bewegung zu sein. Es gibt keine Schranken für die augenblickliche und beständige Gemeinschaft mit der göttlichen Liebe. Die Bande christlicher Kameradschaft werden dadurch gestärkt, daß wir uns klarmachen, wie wir alle ein immergegenwärtiges Gemüt haben, eine gemeinsame Quelle und Substanz des Seins. Die ganze menschliche Familie ist in der Sicherheit des geistigen Seins einbeschlossen. Der Mensch wird immerdar in seinem vollkommenen Zustand als Kind Gottes erhalten. In ihrem Werk „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche, Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 200) tröstet unsere liebe Führerin uns mit dieser Wahrheit: „Die ungebrochene Kette der christlichen Einigkeit erstreckt sich über das Meer und reicht empor zu dem Reich des unkörperlichen Lebens — ja, zu der herrlichen Glückseligkeit der göttlichen Liebe. Im Streben, gut zu sein, Gutes zu tun und den Nächsten wie sich selbst zu lieben, ist die Seele des Menschen geborgen; der Mensch erhebt sich aus der Sterblichkeit und empfängt sein unveräußerliches Recht — die Liebe Gottes und des Menschen.“
Der Ausüber der Christlichen Wissenschaft ist dem Denken seines Patienten ebenso nahe, wie er Gott nahe ist. Wie notwendig ist es also, und welch herrliches Vorrecht ist es, dieses Einssein und diese Gemeinschaft durch unablässiges Gebet und selbstloses Streben, sowie durch Befolgung der zehn Gebote und das wissenschaftliche, geistige Verstehen und Betätigen der von Christus Jesus gelehrten Seligpreisungen heilig zu halten.
Eine auf solchen Grundlagen aufgebaute christlich-wissenschaftliche Behandlung erreicht das Bewußtsein, für das sie bestimmt ist. Gottes erlösender Plan geht in Erfüllung, gleichwohl ob das Wort der Wahrheit gesprochen oder schweigend behauptet wird, ob der Patient abwesend oder anwesend ist. „Also soll das Wort, so aus meinem Munde geht, auch sein. Es soll nicht wieder zu mir leer kommen, sondern tun, was mir gefällt, und soll ihm gelingen, dazu ich's sende“ (Jes. 55:11).
Die sofortige Wirksamkeit des Christus, der Wahrheit, die nicht von persönlicher Gegenwart oder Abwesenheit abhängig ist, wird sehr anschaulich im vierten Kapitel des Johannesevangeliums geschildert, wo wir einen Bericht von der Heilung des Sohns eines königlichen Beamten finden. Als der Vater Jesus bat, seinem Sohne zu helfen, der krank in Kapernaum zurückgeblieben war, befand sich der Meister in Kana in Galiläa. Barmherzig erhob Jesus das Denken des Vaters mit den folgenden Worten (Vers 50): „Gehe hin, Dein Sohn lebt!“ Und wir lesen: „Der Mensch glaubte dem Wort, das Jesus zu ihm sagte, und ging hin.“ Daheim angekommen, fand er seinen Sohn wiederhergestellt. Bei diesem Fall könnte man sagen, daß sowohl eine gegenwärtige Behandlung wie auch eine Fernbehandlung gegeben worden sei, denn bei der einfachen heilenden Erklärung des Meisters wurde die Furcht aus dem Denken des Vaters ausgetrieben, und er glaubte „und ging hin“, während zur selben Stunde zu Hause der Sohn geheilt wurde.
Die Wahrheit wirkt augenblicklich. Die Liebe hebt Entfernung auf. Das Leben verscheucht das Trugbild der Leere, und der Raum kann den Menschen nicht von der Liebe Gottes trennen. Die Liebe des Vaters findet überall Ausdruck, denn Gott ist allgegenwärtig. Der Psalmist versichert uns: „Gott ist unsere Zuversicht und Stärke, eine Hilfe in den großen Nöten, die uns getroffen haben“ (Psalm 46:1). Die Christlichen Wissenschafter beweisen dies täglich als eine unwiderlegliche Tatsache.
