In dem Gedicht „Christ and Christmas“ (Christus und Weihnachten, S. 39) von Mrs. Eddy finden wir den folgenden Vers:
„In Palästinas sel'ger Zeit,
Und jetzt wie dort,
Die gleiche Hand entfaltet Macht
Und schreibt das Wort.“
Mrs. Eddys Mission bedeutete die Erfüllung einer Prophezeiung. Sie brachte der Menschheit den Tröster, den der Meister verheißen hatte, und für den die Menschheit seiner Zeit noch nicht bereit war. Voller Demut und Treue zu den Füßen Jesu sitzend, entdeckte und verkündete sie in einer gewißlich allen verständlichen Form die geistigen Gesetze des Heilens und des Lebens.
Es ist hilfreich, manchmal die Größe des Wirkens unserer Führerin zu überschauen, und sich von neuem ins Gedächtnis zu rufen, wie groß unsere Dankesschuld ist. In einem Leben, das anfangs gar voll von Prüfungen war, verlor sie nie das ihr eigene Vertrauen auf Gott. Dies bereitete sie geistig darauf vor, die Offenbarung der Wahrheit zu empfangen; und nach ihrem Sturz auf dem Glatteis und ihrer augenblicklichen Heilung durch Gebet wurde es ihr klar, daß sie den Saum des geistigen Heilens berührt hatte. Das war jedoch nicht das Ende ihres Suchens, sondern nur der Anfang. Irving C. Tomlinson sagt von diesem Moment in seinem Buch „Zwölf Jahre mit Mary Baker Eddy“ (S. 36): „Niemals behauptete sie, daß jener wunderbare Augenblick der Offenbarung die Fülle oder Vollendung ihrer Entdeckung bedeutete. Im Gegenteil, ihre Entdeckung der Christlichen Wissenschaft war das Ergebnis von Bibelforschen, Offenbarung und geistigem Wachstum. Es war nicht ein Fall plötzlicher Bekehrung, wobei sie sagen konnte:, Das Alte ist vergangen; siehe, es ist alles neu geworden.‘ Sie mußte jeden Schritt vorwärts demonstrieren.“
Mrs. Eddy selbst erzählt uns auf Seite 108 ihres Lehrbuchs „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ von ihrem fortgesetzten Suchen, auch nach der anfänglichen Entdeckung. Diese inspirierte Frau war nicht nur dankbar für ihre eigene scheinbar wunderbare Wiederherstellung, sondern sie suchte und fand die geistigen Faktoren, die dabei am Werk gewesen waren, und begann, andere auf der Basis der Allheit und Allgegenwart Gottes, des göttlichen Gemüts, und des Nichts der Materie, als einer falschen Annahme, zu heilen — einer Basis, die nur geistig wahrgenommen werden kann, und die durch körperliche und moralische Heilung bewiesen wird. Der nächste Schritt war, die Fähigkeit zu erlangen, andere dies Heilen zu lehren. Die Tatsache, daß dies möglich war, überzeugte sie, daß es sich hier nicht um eine persönliche Kraft handelte, die ihr besonders zu eigen war; sondern, daß es die Wiederherstellung des christlichen Heilens war, das von allen betätigt werden konnte, die Jesu Bedingung erfüllten (Joh. 8:31, 32): „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“
Doch auch hier blieb sie nicht stehen. Es war noch nicht genug für diese treue Dienerin Gottes, daß sie und ihre unmittelbaren Mitarbeiter nun fähig waren, das geistige Heilen zu betätigen. Durch geistige Empfänglichkeit und unermüdliches menschliches Bemühen war es ihr möglich, der Menschheit das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch zu geben, das bis an die Enden der Welt gehen sollte, um seine frohe Botschaft zu verkündigen und zu ermutigen, zu trösten und zu lehren.
Um ihre Bewegung weiterhin zu schützen und zu festigen, organisierte unsere Führerin Die Mutterkirche mit ihren Zweigen und ihren mannigfachen Unternehmungen, die sie alle schirmend in das Handbuch Der Mutterkirche einbeschloß. Mit der weisen Fürsorge einer wahren Mutter zog sie sich allmählich und im Verhältnis, wie ihre Schüler dies ertragen konnten, von der Bewegung zurück, indem sie dem Vorstand der Christlichen Wissenschaft immer mehr Verantwortung übertrug, und ihre persönliche Gegenwart vom Schauplatz der Handlung fernhielt, so daß die Bewegung immer weniger von ihr abhängig war.
Wenn wir der vollkommenen Verschmelzung ihres geistigen Schauens und dessen praktischer menschlicher Deutung, der Größe ihres Werkes und der Demut ihres Handelns und Benehmens, ihrer Aufgeschlossenheit für die Offenbarung und ihrer Treue in deren Ausführung, ihrer Liebe bei der Übermittelung dieser Offenbarung und ihrer Kraft in der Verteidigung derselben — wenn wir all dieser Dinge gedenken, so können wir nicht umhin, unserer getreuen Führerin in immer höherem Maße dankbar zu sein und uns mit erneutem Eifer der Mitarbeit an ihrem Lebenswerk zu widmen, nicht nur durch stilles Gebet, sondern auch durch tätiges Mitwirken in der Bewegung, die sie gründete.
Eine Schülerin unserer Führerin, nämlich Daisette D. S. McKenzie, schreibt in der ersten Serie der Bücher „Wir kannten Mary Baker Eddy“ (S. 40): „Unsere Führerin ermutigt uns, sie in ihren Schriften zu finden. Die Gegnerschaft des sterblichen Gemüts versucht, sie von ihren Schriften zu trennen und uns von der innigeren Gemeinschaft mit ihr abzuhalten. Wir mögen manchmal „Wissenschaft und Gesundheit“ lesen, ohne der Verfasserin auch nur einen Gedanken zu widmen. Sollten wir uns nicht vielmehr vergegenwärtigen, daß wir nicht nur Gottes Wort lesen, sondern daß uns diese Gemeinschaft mit Ihm durch die Botschaft Seines erlesenen Schreibers bereitet wurde?“
Ebenso wie wir uns davor hüten sollten, das Lehrbuch zu lesen, ohne der Verfasserin zu gedenken, müssen wir uns auch hüten, der Bewegung beizutreten, ohne einen Gedanken an die Gründerin. Das ist wohl der Grund, weshalb Mrs. Eddy im Kirchenhandbuch, wenn von Übertragungsurkunden mit Bezug auf den Ankauf von Grundeigentum für Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Massachusetts, die Rede ist, schreibt (Art. XXXIV, Abschn. 2): „Ferner sollen alle derartigen Übertragungs-Urkunden die Worte enthalten:, Mary Baker Eddys Kirche, Die Mutter-Kirche oder Die Erste Kirche Christi, der Scientisten, in Boston, Mass.‘ “ Es ist in der Tat Mrs. Eddys Mutterkirche und Mrs. Eddys Vorstand der Christlichen Wissenschaft und Mrs. Eddys Kirchenorganisation.
Wenn wir uns daran erinnern, daß Mrs. Eddy nicht nur die Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft war, sondern auch die Führerin der christlich-wissenschaftlichen Bewegung, so werden wir liebevoll und dankbar genug sein, uns in Demut dem Wirken der Bewegung anzuschließen, indem wir immer hinter der menschlichen Einrichtung die geistige Idee der Kirche sehen, die, wie Mrs. Eddy uns in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 583) sagt, „der Bau der Wahrheit und Liebe [ist]; alles, was auf dem göttlichen Prinzip beruht und von ihm ausgeht“. Dann werden nicht Stolz und Geltungsbedürfnis der Antrieb zu unserem Handeln sein; noch werden Furcht und Apathie uns lähmen. Alles wird durch demütige und verständnisvolle Dankbarkeit geschehen. Unsere eigene Dankbarkeit für die Gaben unserer Führerin — die Gottesdienste, die wöchentlichen Lektionspredigten im Christlich-Wissenschaftlichen Vierteljahrsheft, die Zeitschriften, die Vorträge, die Lesezimmer, usw. — wird uns die Bereitwilligkeit und die Fähigkeit verleihen, an den Unternehmungen unserer Bewegung teilzunehmen, die uns alle jene Vorteile bietet.
Wir können die Dankbarkeit für unsere Führerin am besten dadurch bezeigen, daß wir im Denken und Forschen in ihre Fußtapfen treten, und Heilung und Widergeburt für uns selber und andere ausarbeiten helfen. Die Kirchenorganisation ist dabei nicht etwa ein Hindernis, sondern eine Hilfe. Sie bietet uns reichlich Gelegenheit, falsche Charakterzüge zu überwinden und mit anderen für die Lösung der Weltprobleme zusammenzuarbeiten. Einer der größten Beweise, daß unser menschliches Selbst von dem Geist des Evangeliums durchdrungen ist, kann in unserer Haltung gegenüber den anderen Mitarbeitern innerhalb unserer eigenen Zweigkirche gefunden werden. Überwinden wir einen Wunsch, andere zu dominieren, oder auch eine Willigkeit, von anderen dominiert zu werden? Sind wir geduldig und verständnisvoll? Wirken wir ermutigend, oder neigen wir zu absprechendem Urteil? Fügen wir uns dem Majoritätsbeschluß oder protestieren wir beständig gegen die anerkannte Autorität der Behörde? Suchen wir Rechtsspruch beim „Obergericht des Geistes“, oder richten wir uns nach dem Urteil der niedrigeren Instinkte anderer Mitglieder? An unseren inneren Antworten auf diese Fragen und unseren äußeren Handlungen können wir am besten ermessen, inwiefern wir den Mahnungen Christi Jesu und jener Führerin eingedenk sind, die die Verheißung des Propheten Daniel so vollkommen veranschaulichte (12:3): „Die Lehrer aber werden leuchten wie des Himmels Glanz, und die, so viele zur Gerechtigkeit weisen, wie die Sterne immer und ewiglich.“
