Im christlich-wissenschaftlichen Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 115) gibt Mary Baker Eddy unter dem Titel „Wissenschaftliche Übertragung vom Unsterblichen Gemüt“ die folgenden Definitionen von Gott und dem Menschen:
„Gott: Göttliches Prinzip, Leben, Wahrheit, Liebe, Seele, Geist, Gemüt.
„Der Mensch: Gottes geistige Idee, individuell, vollkommen, ewig.“
Der vollkommene Gott und der vollkommene Mensch, wie das erste Kapitel im ersten Buche Mose sie beschreibt, sind nur dem geistigen Sinn wahrnehmbar. Im zweiten und in den folgenden Kapiteln des ersten Buches Mose finden wir eine hiervon sehr verschiedene Schilderung, nämlich die eines vermenschlichten Gottes und eines fleischlichen Menschen. Der erste Bericht ist wahr; der zweite ist ein mesmerischer, abweichender Begriff von der Schöpfung, der Ausfluß nebelhaften, hypnotischen Denkens, das von dem Absoluten und Vollkommenen nicht wahrgenommen werden kann. Dieser falsche Sinn oder menschliche Begriff muß aufgegeben werden, damit die Vollkommenheit Gottes und des Menschen erkannt und als die immergegenwärtige Wirklichkeit demonstriert werden kann.
Dem begrenzten menschlichen Sinn scheint das erwachen aus dem Traum des Lebens in der Materie ein allmählicher Vorgang zu sein, der sich Schritt für Schritt und in dem Maße entwickelt, wie der falsche Begriff aufgegeben wird, und wie die Menschheit sich die geistige Wahrheit zueigen macht, die des Menschen wahre geistige Individualität als das Gleichnis Gottes offenbart. Unsere Führerin erklärt diese fortschreitende Entwicklung, wenn sie, anschließend an die obenerwähnten Definitionen von Gott und dem Menschen unter dem Titel „Wissenschaftliche Übertragung vom Unsterblichen Gemüt“, drei Grade beschreibt, die das menschliche Gemüt durchmachen muß, wenn es die aufwärtssteigenden, für die Auferstehung zum geistigen Leben unerläßlichen Schritte tun will.
Der erste Grad, das verderbte sterbliche Gemüt, muß verworfen und durch Reue und Wiedergeburt restlos aufgegeben werden. Im zweiten Stadium ist sich das menschliche Bewußtsein weniger des Bösen bewußt und versteht mehr von dem Guten. Das menschliche Selbst muß durch den Christus erlöst werden. Es muß durch unentwegtes Festhalten an der geistigen Wirklichkeit fortschreiten über alle sterblichen Illusionen hinaus, über jede Annahme vom Leben in der Materie, bis im dritten Grad das fleischliche Gemüt verschwindet und das wahre, sündlose Menschentum sich offenbart. Wenn dieses wahre Bewußtsein des Daseins erlangt wird, verschwindet die Körperlichkeit, und der Mensch wird als eine individuelle Idee offenbart, die die Substanz des Geistes widerspiegelt.
Wir dürfen uns niemals damit zufrieden geben, im zweiten Grad zu verbleiben, für den Mrs. Eddy die Überschrift „Böse Annahmen im Verschwinden begriffen“ gewählt hat. Die Versuchung, es zu tun, liegt nahe, wenn wir nicht beständig der Notwendigkeit eingedenk bleiben, Fortschritte zum Gipfel der geistigen Vollkommenheit hin zu machen.
Im Anfang unserer Pilgerfahrt als Schüler der Christlichen Wissenschaft scheinen wir manchmal durch Zeiten der Bedrängnis und des Ringens zu gehen — eine Folge der Chemikalisation, welche die Wahrheit verursacht, wenn sie den Irrtum neutralisiert. Wenn Charakterfehler, schlechte Gewohnheiten und Krankheit an die Oberfläche kommen, um zerstört zu werden, dann erscheint der mentale Horizont dunkel und voll Schrecken, und nur dann und wann von einem Lichtschein erhellt, der uns weiterführt. Und doch genügen diese schwachen Lichtstrahlen, uns Mut zum Vorwärtsdringen zu geben, bis wir manche der ungehemmteren Ansprüche des sterblichen Gemüts wie Selbstsucht, Sinnlichkeit, Eigenwilligkeit und Stolz überwunden haben, und das Denken nun für eine Weile in einem stilleren Hafen vor Anker gehen kann. Dann werden die menschlichen Angelegenheiten harmonischer, in den Familien kommt mehr Eintracht zum Ausdruck, im Beruf bieten sich Gelegenheiten zum Fortschritt, und das menschliche Leben scheint nun leichter als am Anfang unserer Wanderung vom Sinn zur Seele, als wir noch von Angst und Pein bedrängt wurden.
Wenn wir auch für die Beweise, daß böse Annahmen aus unserem Bewußtsein verschwinden, tief dankbar sind, so dürfen wir uns, an diesem Punkte angekommen, doch nicht damit zufrieden geben. Als Christliche Wissenschafter ist es nicht unser Ziel, ein angenehmeres Leben in der Materie zu erlangen, sondern wir müssen jeden Glauben an die Freuden wie die Leiden des materiellen Lebens überwinden, bis wir dessen absolute Unwirklichkeit erkennen, und zu dem Verständnis vom Leben in und durch den Geist in all seiner Herrlichkeit und Reinheit erwachen. Wir müssen vorwärtsdringen bis zur Erlangung der absoluten geistigen Vollkommenheit und müssen dieses Ziel beständig vor Augen behalten.
Wo kein Fortschritt ist, da ist Stillstand. Aus keinem anderen Anlaß sollten wir zurückblikken, als um unseren Fortschritt festzustellen, und nur dann sollten wir befriedigt sein, wenn wir in Demut und Dankbarkeit anerkennen können, daß die nötigen Schritte vorwärts beständig und konsequent getan worden sind. Paulus spricht von diesem geistigen Vorwärtsschreiten mit folgenden Worten (Phil. 3:13, 14): „Meine Brüder, ich schätze mich selbst noch nicht, daß ich’s ergriffen habe. Eines aber sage ich: Ich vergesse, was dahinten ist, und strecke mich zu dem, das da vorne ist, und jage — nach dem vorgesteckten Ziel — nach dem Kleinod, welches vorhält die himmlische Berufung Gottes in Christo Jesu.“
Obwohl wir durch unser Verstehen von der Vollkommenheit Gottes und von der des Menschen, als Seinem Gleichnis, beten und arbeiten können, so müssen wir doch beweisen, daß wir diese absolute wissenschaftliche Tatsache verstehen, indem wir jene christusähnlichen Eigenschaften, die unser Meister bekundete, im täglichen Leben zum Ausdruck bringen. Unsere Führerin erklärte (Miscellaneous Writings, S. 358): „Das Gewand Christi wird erst dann angelegt, wenn die Sterblichen sich, rein gewaschen [haben] im Blut des Lammes‘; wir müssen auf dem Wege wandeln, den Jesus uns vorgezeichnet hat, wenn wir den himmelgekrönten Gipfel der Christlichen Wissenschaft erreichen möchten.“
Durch die christlich-wissenschaftliche Bewegung hat uns Mrs. Eddy mit den Mitteln versorgt, mit denen wir uns, im Gehorsam gegen die Vorkehrungen des Handbuchs Der Mutterkirche, weiterhelfen können auf dieser menschlichen Pilgerfahrt. Wir dürfen Mitglieder Der Mutterkirche oder einer Zweigkirche der Christlichen Wissenschaft werden und an deren Kirchentätigkeiten teilnehmen. Wir können von der Möglichkeit Gebrauch machen, bei einem autorisierten Lehrer der Christlichen Wissenschaft Klassenunterricht zu nehmen. Der letztgenannte Schritt, zusammen mit den folgenden Schülerversammlungen, wird dem demütigen und empfänglichen Schüler zu einer Stufenleiter werden, auf der er schneller zum Gipfel der Demonstration aufsteigen kann.
Dieses unentwegte Vorwärtsdringen in dem geheiligten und inbrünstigen Verlangen nach geistigem Erwachen und dem entsprechenden Fortschritt über die Materialität hinaus, wird uns endlich zu jenem Gipfel geistigen Verständnisses bringen, wo die Materialität aus dem Denken verschwindet, Gott als das Alles-in-allem anerkannt und der Mensch als eine göttliche Idee verstanden wird. Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 76): „Die sündlose Freude — die vollkommene Harmonie und Unsterblichkeit des Lebens, denen unbegrenzte göttliche Schönheit und Güte zu eigen sind, ohne eine einzige körperliche Freude oder einen einzigen körperlichen Schmerz — sie macht den einzig wahren, unzerstörbaren Menschen aus, dessen Sein geistig ist. Dieser Daseinszustand ist wissenschaftlich und unverletzt — eine Vollkommenheit, die nur für die wahrnehmbar ist, die das endgültige Verständnis von Christus in der göttlichen Wissenschaft haben.“