Da die Christliche Wissenschaft Gott als unsterblichen Geist verehrt, nimmt sie den sterblichen Daseinsbegriff nicht als wirklich an. Daher verwirft sie den Eindruck, daß der Mensch ein Sterblicher sei, und daß es viele individuelle, materielle Personen gebe, die alle ihr eigenes Gemüt haben und von einander abhängig sind, um zu existieren. Die Christliche Wissenschaft entfaltet die Wahrheit des Seins, in welcher es offenbar wird, daß es nur eine unendliche Individualität gibt, nur eine Person, und daß diese eine Person das unendliche schöpferische Prinzip des Universums ist — Gott.
Mary Baker Eddy, die die Tatsachen des Seins entdeckte und ihre Entdeckung in ihrem Werk „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ niederlegte, schreibt hier (S. 517): „Die Welt glaubt an viele Personen, aber wenn Gott persönlich ist, gibt es nur eine Person, weil es nur einen Gott gibt.“ Und weiter unten in demselben Abschnitt fügt sie hinzu: „Gott hat zahllose Ideen, und sie alle haben ein Prinzip und eine Elternschaft.“ Mrs. Eddy bezieht sich oft auf Gott als „Person“ und auf diese eine unendliche Person als göttliches Prinzip; und es ist wichtig, daß wir Gott in diesem Sinne verstehen lernen.
Da wir tatsächlich geistige Ideen der einen unendlichen Person oder des einen unendlichen Höchsten Wesens sind, leben wir — du und ich — im göttlichen Prinzip, werden von ihm regiert und existieren, um seine göttliche Natur zum Ausdruck zu bringen. Jede Individualität hat ihren Platz in Gottes allumfassendem Plan. In dem Maße, wie wir diese Tatsachen durch die göttliche Wissenschaft verstehen lernen, geben wir unsere menschlichen, persönlichen Begriffe von Gott und dem Menschen auf und lernen allmählich unseren wahren Charakter und unsere individuelle Wirksamkeit in Gott zu demonstrieren.
Ein Neuling im Studium der Christlichen Wissenschaft wird verwirrt, wenn ihm gesagt wird, er solle nicht mehr an Gott als Person denken und Ihn als Prinzip verehren. Er glaubt, daß er nun nicht mehr beten könne, weil ihm sein persönlicher Gott genommen sei. Er muß verstehen lernen, daß das Prinzip die „unendliche Person“ ist, und daß er nur einen endlichen, persönlichen Begriff von Gott aufzugeben braucht — die Vorstellung, daß Gott ein vergrößertes menschliches Wesen sei, das von unseren sterblichen Angelegenheiten weiß und göttliche Gunst entweder verleiht oder vorenthält. Der Christliche Wissenschafter kann immer dem Beispiel Christi Jesu folgen, der zu Gott als dem Vater betete. Er kann immer den Vater als das eine schöpferische Prinzip des Menschen anerkennen und erwarten, daß der Vater die rechten Gebete hört und erhört.
Der Vater weiß von dem Guten, das wir ersehnen und tun. Und Gott weiß von dem Guten, das wir ausdrücken, denn Er hat es ja erschaffen. Wenn die eine unendliche Person sich jedoch der menschlichen Probleme bewußt wäre, so würde sie dadurch deren Existenz unterstützen, und sie würden unsterblich werden. Unser Verständnis von Gott als der einen unendlichen Person, die nur ihre eigenen Gedanken kennt, läßt unsere Probleme verschwinden. Der menschliche Wille ist die Triebkraft des Irrtums, der behauptet, menschliche Probleme hervorzubringen und ihnen Fortdauer zu verleihen. Doch der göttliche Wille ist das Gesetz, durch welches die eine unendliche Person ihr Universum der Ideen erschafft und regiert. Mrs. Eddy sagt in ihrem Buch „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten, S. 4): „Ein zeitweiliges Bewußtsein von Gottes Gesetz zu erlangen, bedeutet, in einem gewissen endlichen, menschlichen Sinne zu fühlen, daß Gott zu uns kommt und sich unser erbarmt; doch das Erlangen eines Verstehens Seiner Gegenwart durch die göttliche Wissenschaft zerstört das Gefühl der Unvollkommenheit — oder Seiner Abwesenheit — durch ein göttlicheres Begreifen, daß Gott all unser wahres Bewußtsein ausmacht; und das überzeugt uns davon, daß wir im Verhältnis, wie wir Gott noch näher kommen, unser eigenes Bewußtsein des Irrtums auf immer aufgeben müssen.“
Viele Gebete des Meisters beschäftigten sich mit dem Willen des Vaters. Er sagte (Joh. 5:30): „Ich suche nicht meinen Willen, sondern des Vaters Willen, der mich gesandt hat.“ Er wußte, daß der Wille des Vaters die bewegende Kraft der einen allerhabenen Person darstellt, und daß der Wille des Vaters geschieht. Das ist die Wahrheit, für die er mit seinem Charakter und mit seinen Taten zeugte. Dadurch, daß er in so vollem Maße Zeuge wurde, war es ihm möglich, sich über den sterblichen Daseinsbegriff zu erheben zu seinem unsterblichen Sein im Geist.
Das Gute, das die Menschen in ihrem gegenwärtigen menschlichen Leben zum Ausdruck bringen, die Gerechtigkeit, Weisheit, Redlichkeit und Reinheit, die sie ausdrücken, beweisen ihre wahre Wesenheit als Widerspiegelungen der einen unendlichen Person. Es ist das Gute im menschlichen Charakter, das die Menschheit mit der Gottheit verbindet und die Menschen befähigt, den regierenden Willen des gütigen Vaters zu erkennen. Durch dieses individuell ausgedrückte Gute wirkt das göttliche Prinzip, um das menschliche Wesen zu harmonisieren und zu beschützen, das sich bestrebt, seine wahre Selbstheit als die Idee der einen unendlichen Person zu demonstrieren.
Bei unseren Verneinungen des menschlichen Selbst müssen wir uns davor hüten, nicht das Gute zu verleugnen, das die menschlichen Wesen gegenwärtig ausdrücken; denn das würde dazu führen, unsere augenblickliche Demonstration von des Menschen Einheit mit seinem Prinzip zunichte zu machen. Es gibt nur ein Gutes, und das entstammt der einen unendlichen Person. Was verneint werden muß, ist der sterbliche Daseinsbegriff, das materielle Bewußtsein und das materielle Selbst, doch nicht die von Gott verliehene Weisheit und Liebe, die der Vater durch den menschlichen Charakter offenbart.
Die Christliche Wissenschaft zerstört nicht den Ausdruck des Guten im menschlichen Leben, sondern sie entfaltet und erweitert ihn vielmehr durch die Demonstration der Tatsache von des Menschen Vereinigung mit der einen unendlichen Person. Diese Demonstration muß fortschreiten, bis alles, was in der begrenzten und bösen sterblichen Persönlichkeit eingeschlossen, aus unserm Denken entfernt worden ist, und der Mensch als die vollkommene Idee des Prinzips bewiesen wird.
Wir verehren Gott als Prinzip, als die eine allerhabene, unendliche Person, in dem Verhältnis, wie wir die falsche Vorstellung der vielen Gemüter aufgeben, den menschlichen Willen unterdrücken, ja, uns weigern, eine materiell persönliche Auffassung von irgend jemand festzuhalten, und statt dessen jeden wahren Begriff bei dem Vater suchen. Wir verehren Gott als Prinzip in dem Maße, wie wir die bewußte Herrschaft der einen göttlichen Person in jeder Phase unseres Lebens beweisen.
Die eine allumfassende Person, oder das eine allumfassende Höchste Wesen, schließt als Idee alles in sich, was wahr ist — alle Wesenheiten und alle rechten Wirksamkeiten. Es gibt nichts außer Ihm, nichts außerhalb von Ihm, denn Gott ist alles. Dies zu verstehen, bedeutet, alles auszulöschen, was falsch persönlich ist, und dem göttlichen Prinzip gemäß zu leben, das sich keiner Sterblichkeit bewußt ist — keiner Phase des Bösen, keines Gifthauchs der Begrenzung. Es bedeutet, den Vater zu verehren, von dem es in der Heiligen Schrift heißt: Er „kennt die Seinen“ (2. Tim. 2:19).
