In der Erfahrung eines jeden Christlichen Wissenschafters kommen Zeiten, wo er sich besonders des göttlichen Rufs bewußt wird, tiefer in die Wirklichkeiten des Gemüts einzudringen und sich die höheren Dinge des Geistes zu eigen zu machen. Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 264): „Die Sterblichen müssen über die vergänglichen, endlichen Formen hinausblikken, wenn sie den wahren Sinn der Dinge gewinnen wollen. Wo anders kann der Blick ruhen als in dem unerforschlichen Reich des Gemüts?“
Für die Sterblichen ist das göttliche Gemüt in der Tat unerforschlich; doch in dem Maße, wie wir durch die geistige Erfahrung lernen, den menschlichen Willen aufzugeben, unser Vertrauen auf das menschliche Wissen zu überwinden und unseren Blick „in dem unerforschlichen Reich des Gemüts“ ruhen zu lassen, wird Gott uns Seinen Plan, Seinen Willen und Seine göttliche Fähigkeit enthüllen. So dringen wir ein in die geistige Idee von Intelligenz; denn in Wirklichkeit gibt es kein Gemüt, keine Intelligenz, getrennt von Gott.
Die praktische Betätigung dieser Lehren verleiht uns Auffassungsvermögen und Scharfsinn, die weit über unsere gewöhnlichen menschlichen Fähigkeiten hinausgehen. Wir werden von oben ermächtigt, und die Herrschaft des Gemüts, die Regierung des göttlichen Prinzips, übernimmt die Leitung der Angelegenheit und zwingt uns, seinen Weisungen gemäß zu handeln.
Der Geschäftsmann, der ein scheinbar verwickeltes Problem vor sich hat, mag seinen Verstand, seine Fähigkeiten und seinen Geschäftssinn gebrauchen, um es zu lösen; wenn er jedoch in erster Linie Christlicher Wissenschafter ist, und erst in zweiter Linie Geschäftsmann, dann wird er sich der geistigen Führung des göttlichen Gemüts anvertrauen und es dem Gemüt überlassen, ihn zu lenken. Die Leitung des Gemüts kann nur dann in Kraft treten, wenn der menschliche Wille und die menschlichen Meinungen überwunden worden sind.
Wenn der Wissenschafter nicht gleich die Führung fühlt, eine Entscheidung in einem gewissen Sinne zu treffen, der ihm klar als das Natürlichste und Weiseste unter den Umständen vorkommt, dann sollte er geduldig auf Gott harren, bis ihm die Lösung offenbart wird. Es ist wichtig zu verstehen, daß der Mensch nicht nur Gott ausdrückt, sondern daß er der Ausdruck Gottes ist; mit anderen Worten, daß Gott der Schöpfer des Verstandes, der Fähigkeit und der Wirksamkeit des Menschen ist. Jesus erkannte dies klar, als er sagte (Joh. 14:10): „Der Vater..., der in mir wohnt, der tut die Werke.“
Die Notwendigkeit der absoluten Unterwerfung des Menschlichen unter das Göttliche tritt uns bei jedem Problem entgegen. Jedes scheinbare Hindernis wird beseitigt und jede verwickelte Lage geklärt, wenn wir uns vergegenwärtigen, daß die Wissenschaft des Christus — die vollkommene Ordnung und das vollkommene Gesetz der göttlichen Liebe — die Oberherrschaft führt und ihre Vollmacht nicht mit dem sterblichen Irrtum oder dem menschlichen Planen teilt.
Mrs. Eddy schreibt in „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 129): „Wir müssen tief in die Wirklichkeit hineinschauen, anstatt nur den äußeren Sinn der Dinge anzunehmen.“ Die innere sowohl wie die äußere Seite einer Lage steht unter der Herrschaft Gottes. In einem Heim, in einer Kirche oder auch bei einem Geschäftsproblem mag sich vielleicht eine Situation ergeben, bei der man nicht recht weiß, was eigentlich vorgefallen ist. Vielleicht geht man von der psychologischen Seite an die Sache heran und sucht zu ergründen, was die Beteiligten wohl zu ihrem Handeln veranlaßte, oder wie sie unter gewissen Umständen handeln würden. Das wäre jedoch nicht die christlich-wissenschaftliche Art, ein Problem zu lösen. Als Jesus sich der Heimtücke der Pharisäer gegenübergestellt sah, erklärte er (Luk. 12:2): „Es ist... nichts verborgen, das nicht offenbar werde, noch heimlich, das man nicht wissen werde.“ Paulus äußerte denselben Gedanken, als er schrieb (Hebr. 4:13): „Keine Kreatur ist vor ihm unsichtbar; es ist aber alles bloß und entdeckt vor seinen Augen.“
Die Christliche Wissenschaft sagt zu dem Menschen, dem es scheint, als ob sein Geschäftssinn versagt habe: „Verlaß dich nicht auf psychologische Methoden, die heutzutage im Geschäftsleben so vorherrschend sind, sondern wende dich mit christusähnlichem Vertrauen an den Vater, der die Lösung eines jeden Problems in ‚der hohlen Hand‘ hat, und dessen göttliche Methode den Irrtum aufdeckt und das Heilmittel offenbart.“
Es gibt keine Lage, die außerhalb der Gerichtsbarkeit des Gemüts stände. Zu einer Zeit, als unsere geliebte Führerin Mrs. Eddy starrem Eigensinn und mentaler Tyrannei in anderen entgegenzutreten hatte, versuchte sie nicht, diese Irrtümer mit ihren eigenen Waffen zu bekämpfen. Sie wandte sich an Gott und schrieb die Worte ihres unsterblichen Liedes, das in den Herzen aller Zeiten Widerhall finden und den Menschen helfen wird, ihre Probleme zu lösen. Es beginnt mit den folgenden Worten (Gedichte, S. 14):
„Hirte mein, zeige mir, wie ich soll gehn
Über die steilen, die einsamen Höh'n,
Wie ich wohl sammeln, wie säen ich kann,
Wie deine Schafe ich weiden!
Deiner Stimme will lauschen ich dann,
Daß ich nicht strauchle noch irre fortan;
Froh will ich folgen, gehst du mir voran
Auf rauhem, steinigem Pfade.
Starrsinn dann beuge du; rühre das Herz,
Das einst verhärtet in Sünde und Schmerz;
Brich der Welt Stumpfheit, die lähmend uns bannt;
Selbstischen Dünkel heiß’ schweigen!“
Die Christliche Wissenschaft lehrt uns, wie unweise es ist, das Himmelreich im Sturme nehmen zu wollen, und sich zu bemühen, die Probleme durch menschliche Psychologie oder Willenskraft zu lösen. Durch praktische Anwendung legt sie dar, was die Beziehung des Menschen zu Gott ist, und ermutigt uns, diese Beziehung durch Gebet und geistiges Verständnis zu demonstrieren. Keine Verwickelung geht über die göttliche Berichtigungskraft der Liebe hinaus. Wie dankbar können wir sein, daß wir einen Gott haben, der uns so nahe steht und so eng mit uns verbunden ist, und einen Christus, der so praktisch anwendbar und verfügbar ist! Selbst wenn wir manchmal vom Pfade der Wahrheit abirren, so werden wir nicht dafür bestraft werden, sofern wir umkehren und uns aufrichtig und von ganzem Herzen wieder dem Weg der Wahrheit zuwenden. Der Christus kennt keine Verdammung; denn er ist gekommen, um uns zu lehren, wie wir Gott besser dienen, ein reicheres Leben haben und herzlicheres Erbarmen für die Nöte unserer Mitmenschen fühlen können.
