Die Christliche Wissenschaft geht aus von dem Standpunkt der absoluten geistigen Vollkommenheit. Gott, der Schöpfer des Menschen und des Universums, bringt ewiglich Vollkommenheit zum Ausdruck. Alles, was Gott geschaffen hat, ist geistig, vollkommen, gut und unzerstörbar.
Von diesem Standpunkt der absoluten Vollkommenheit aus entfaltet die Christliche Wissenschaft das Wesen Gottes und Seiner unendlichen Offenbarwerdung. Jede Idee des Gemüts hat bestimmte Wesenheit, Individualität, Wirklichkeit und gewisse Kennzeichen. Die Ideen des Gemüts offenbaren geistige Substanz und besitzen geistige Formen, Konturen, Farben und Eigenschaften. Doch kein einziges Element der Formen, Konturen, Farben und Eigenschaften der Ideen Gottes kann durch die Materie oder die materiellen Sinne wahrgenommen oder verstanden werden. Gottes Ideen und deren Wesenheiten müssen so verstanden werden, wie Gott sie kennt. In keiner anderen Weise können sie richtig verstanden werden. Der Geist bringt sein eigenes Wesen zum Ausdruck, und das Wesen einer jeden göttlichen Idee ist geistig.
Mary Baker Eddy schreibt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 502): „Es gibt nur einen Schöpfer und nur eine Schöpfung. Diese Schöpfung besteht in der Entfaltung geistiger Ideen und deren Identitäten, die von dem unendlichen Gemüt umfaßt und immerdar widergespiegelt werden. Diese Ideen erstrecken sich vom unendlich Kleinen bis zur Unendlichkeit, und die höchsten Ideen sind die Söhne und Töchter Gottes.“ Aus dieser Erklärung können wir schließen, daß es in dem unbegrenzten Bereich der Schöpfung dieses göttlichen Gemüts eine unendliche Mannigfaltigkeit geistiger Ideen gibt, und daß der Mensch, die höchste Idee, alle Eigenschaften des Gemüts ausdrückt. Die Söhne und Töchter Gottes, die die Fülle der göttlichen Intelligenz widerspiegeln, sind sich alles dessen bewußt, was im Reich des Gemüts existiert. Gottes höchste Ideen wissen von der Nützlichkeit, Tätigkeit und Intelligenz aller anderen Ideen, einschließlich derer, die „geringere Ideen“ genannt werden.
Jede Idee des Gemüts, von der kleinsten bis zur größten, besitzt Wesenheit und Individualität; denn Gott hat keine unbekannten, unklassifizierten, unbestimmten Bekundungen. Die geringeren Ideen Gottes — das heißt, jene Ideen Gottes, die den höchsten, den Söhnen und Töchtern Gottes, nicht gleichkommen — spiegeln ebenfalls das Gemüt wider, nur in geringerem Maße. Der Ausdruck „die geringeren Ideen Gottes“ soll keine Geringfügigkeit andeuten — es ist eine bestimmte Bezeichnung, die hinweist auf die unbegrenzten Bekundungen des Gemüts, die das Weltall bevölkern. In Gottes Schöpfung gibt es unendliche Mannigfaltigkeit, Frische, Spontaneität und Fortdauer; denn jede Idee, von der geringsten zur größten, nimmt ihren eigenen, individuellen Platz ein, in dem Ausdruck der göttlichen Natur. Jede Idee ist wichtig für die Vollständigkeit der Schöpfung und wird von dem unumstößlichen Gesetz Gottes in vollkommener Harmonie erhalten. Jesaja hatte etwas von dieser Tatsache erfaßt, als er erklärte (40:26): „Hebet eure Augen in die Höhe und sehet! Wer hat solche Dinge geschaffen und führt ihr Heer bei der Zahl heraus? Er ruft sie alle bei Namen; sein Vermögen und seine starke Kraft ist so groß, daß es nicht an einem fehlen kann.“
Das erste Kapitel der Genesis berichtet von der sich entfaltenden Offenbarung der geistigen Schöpfung an die Menschheit. Hier lesen wir, daß alles von Gott erschaffen wurde und von Ihm ausging. Es gibt keine Materie in Seiner Schöpfung von Form, Substanz, Leben und Bewußtsein; denn Gott, der Geist, ist unkörperlich. Das Gemüt ist der Schöpfer, und da das Gemüt unendliches Bewußtsein ist, muß alles, was vom Gemüt ausgeht, die Eigenschaften des Gemüts ausdrücken — und das sind Gottes Gedanken und Ideen. Gottes Gedanken und Ideen machen das Universum des Geistes aus; sie füllen die Unendlichkeit und schließen die ganze Schöpfung in sich, von der kleinsten Offenbarwerdung der Güte der göttlichen Liebe bis zur höchsten und vollständigen Offenbarwerdung der Substanz der göttlichen Liebe, welche in der göttlichen Sprache Bild und Gleichnis Gottes oder Mensch genannt wird. In ihrem Buch „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften, S. 57) erklärt Mrs. Eddy: „In ihrer Entstehungsgeschichte wird die Wissenschaft der Schöpfung in ihrer mathematischen Ordnung dargelegt, die mit den niedersten Formen anfängt und auf den Stufen des Seins emporsteigt, bis zum Menschen. Doch alles, was wirklich existiert, existierte schon immer und wird ewig existieren; denn es existierte in dem Gemüt und entstammte dem Gemüt, das Gott ist, und in dem der Mensch an höchster Stelle steht.“
Das sterbliche Gemüt hat die göttliche Schöpfung falsch gedeutet und alles gemäß seinen eigenen materiellen Vorstellungen klassifiziert; danach ist alles, was die materiellen Sinne wahrnehmen, Materie. Die geringeren Ideen im Weltall Gottes werden, wenn sie von dem sterblichen Gemüt umgekehrt werden, körperliche und materielle Wesenheiten genannt. Diese geringeren Ideen sind jedoch niemals materiell, obwohl das sterbliche Gemüt, dessen falsche Vorstellungen nie wahr sind, sie alle als physische Phänomene sehen möchte, einschließlich der Vierfüßler, der Vögel, der Fische und der Insekten. Wenn in der Wissenschaft ein materieller Begriff umgekehrt wird, so erweist er sich als ein Sinnbild und Symbol der wirklichen geistigen Idee, die gegenwärtig, unzerstörbar und vollkommen ist.
Das erste Kapitel der Genesis beschreibt Gottes geistige Schöpfung. Alle Begriffe in diesem Kapitel sind geistig in Natur und Wesenheit, selbst wenn materielle Namen gebraucht werden, um sie zu identifizieren. Wenn der Wissenschafter liest, daß Gott den Menschen zu seinem eigenen Bild und Gleichnis schuf, so versteht er sofort, daß hier von dem geistigen Menschen die Rede ist; und so muß er auch die geistige Wesenheit jeder anderen Form der Schöpfung in diesem Kapitel verstehen.
Die großen Walfische, die Gott erschuf, bewegen sich im Reich des Gemüts als göttliche Ideen und drücken Kraft, Macht und Freiheit aus. Die geringeren Ideen, die materiell Haustiere genannt werden, drücken geistig Zielbewußtsein, Treue und Beharrlichkeit aus. Die Vögel in der Luft sind im geistigen Universum nicht beschwingte materielle Körper, sondern emporschwebendes, freudiges, schwunghaftes Streben, das das ungefesselte Wesen der Schöpfung der Liebe veranschaulicht. Der Löwe ist, der materiellen Auffassung gemäß, gefräßig, tückisch und wild, doch die Idee des Geistes ist ebenso harmlos wie ihr liebevoller Urquell. Die von der Wahrheit erschaffene Schlange ist kein lügenhafter, heimtückischer Betrüger, sondern eine weise Idee, die die Geschicklichkeit ausdrückt, die ihr von ihrem Schöpfer verliehen worden ist. Es ist wohl anzunehmen, daß die Propheten der alten Zeit diese Tatsachen der göttlichen Schöpfung erkannt hatten; denn Daniel kehrte die drohende Gefahr der hungrigen Löwen um und war geborgen im Verständnis der Allgegenwart Gottes und Seiner Beherrschung der ganzen Schöpfung harmloser Ideen. Und auch von Paulus hören wir, daß er die giftige Otter von seiner Hand abschüttelte, ohne böse Nachwirkungen zu spüren. Die sterbliche Annahme kann die göttliche Idee, den Menschen, nicht verletzen; und man ist sicher, wenn man sich vergegenwärtigt, daß das Gemüt alle Ideen, die sich in der Harmonie der Seele bewegen, erschafft und beherrscht.
Das wissenschaftliche Verständnis von den geringeren Ideen des Gemüts ist nutzbringend beim Heilungswerk. Es befähigt uns nicht nur, uns vor dem Angriff wilder Tiere und giftiger Reptilien zu bewahren — wie dies bei Daniel und Paulus der Fall war — sondern auch manchmal Tiere von den Wirkungen der falschen Gedanken zu heilen, die das sterbliche Gemüt ihnen auferlegen möchte. Ein Erfassen der geistigen Schöpfung wird den falschen materiellen Begriff überwinden, und die wahre Wesenheit der geringeren Ideen Gottes wird der menschlichen Erkenntnis klarer werden.
Alles in Gottes Weltall stellt Zweckmäßigkeit, Güte, Substanz, Nützlichkeit, Schönheit, Unsterblichkeit und Fortdauer dar. Von der geringsten Idee an bis zur größten, leben sie alle in Harmonie, Frieden und Vertrauen. Doch nicht allein Lamm und Taube, Fisch und Wurm sind in ihrem wahren Wesen geringere Ideen Gottes, sondern auch Berge, Bäume, Winde, die Tropen und die Polarregionen, Sonnenuntergänge und Naturschönheiten sind Bekundungen von der Größe des Gemüts, von der die materielle Auffassung nur einen zeitlichen und begrenzten Begriff hat. Der Mensch als die zusammengesetzte Idee Gottes ist sich aller geringeren Ideen bewußt und schließt durch Widerspiegelung alle Schönheiten der Wirklichkeit in Gottes unendlich mannigfaltiger Schöpfung in sich.
Wenn wir uns an der Pracht eines Sonnenuntergangs ergötzen, sollten wir dann etwa unsere Begeisterung über diese Schönheit als wertlos verwerfen, weil sie nur ein Ausdruck zeitlicher und materieller Zustände ist, die keiner Bewunderung wert sind? Das ist nicht der Standpunkt, den Mrs. Eddy einnahm. Sie ehrte die Schönheit des materiellen Weltalls, weil sie darin das Symbol eines höheren und heiligeren Zustandes sah. Sie erkannte, daß in dem Maße, wie die geistige Wirklichkeit des Seins die materielle Vorstellung verdrängt, das menschliche Denken in gewissem Grade erhoben und geläutert wird. Unsere Führerin sagt (ebd., S. 86): „Selbst der menschliche Begriff von Schönheit, Größe und Nützlichkeit ist etwas, das nicht zu verachten ist. Es ist mehr als Einbildung. Es kommt der göttlichen Schönheit und der Größe des Geistes nahe. Es lebt mit uns in unserem Erdenleben, und ist der subjektive Zustand erhabenen Denkens.“ Mrs. Eddy machte es ganz klar, daß sie nicht von uns verlangte, wir sollten die Freude an dem Schönen und Großen im menschlichen Wunderland der Natur aufgeben. In dem Abschnitt, der dem obigen Zitat vorausgeht, sagt sie uns: „Die angenehmen Empfindungen der menschlichen Annahme von Form und Farbe müssen vergeistigt werden, bis wir den verherrlichten Sinn von Substanz wie im neuen Himmel und der neuen Erde, der Harmonie von Gemüt und Körper, erreichen.“
Johannes erschaute den neuen Himmel und die neue Erde, den geistigen Bewußtseinszustand, der alle Vollkommenheit in sich schließt; und er sah diese Wahrheit des Seins, während er noch unter den Sterblichen weilte. Für seine Wahrnehmung waren der frühere Himmel und die frühere Erde, der materielle Bewußtseinszustand, vergangen — als unwirklich bewiesen worden. Und alles, was noch für ihn existierte, war die erhabene Wirklichkeit der Vereinigung von Gott und dem Menschen, dem göttlichen Gemüt und seiner Idee. Der neue Himmel und die neue Erde erscheinen uns in dem Maße, wie unser Bewußtsein durch das Verständnis von der Allgegenwart der Liebe und der Vollkommenheit alles Geschaffenen geläutert wird. Wir müssen zugeben, was Johannes in seiner Offenbarung erklärte (4:11): „Herr, du bist würdig, zu nehmen Preis und Ehre und Kraft; denn du hast alle Dinge geschaffen, und durch deinen Willen haben sie das Wesen und sind geschaffen.“
Die Ideen Gottes sind individuelle Offenbarwerdungen des schöpferischen Gemüts, und der Mensch ist die höchste Idee, die das göttliche Leben, die göttliche Wahrheit und die göttliche Liebe als unwandelbaren Urquell seines Seins widerspiegelt und sich ewiger Vollkommenheit und Heiligkeit erfreut. Wenn diese Wissenschaft des Seins als gegenwärtige und ewige Wahrheit des Menschen zugegeben wird, so wirkt sie auf das menschliche Bewußtsein und erhebt, inspiriert und leitet es zur Demonstration des herrlichen Weltalls Gottes, in dem die göttliche Liebe jede Idee mit aller Harmonie und Lieblichkeit der Seele identifiziert.
Befiehl dem Herrn deine Wege und hoffe auf ihn; er wird's wohl machen und wird deine Gerechtigkeit hervorbringen wie das Licht und dein Recht wie den Mittag.— Psalm 37:5, 6.
