Zu dieser Zeit des Jahres wenden sich unsere Gedanken instinktiv und in Dankbarkeit dem größten Ereignis aller Zeiten zu — der Auferstehung unseres Meister Christi Jesu von den Toten. Es ist ein Ereignis von erhabener und weittragender Bedeutung. In der Tat, es ist für das Verstehen der Christlichen Wissenschaft ein wesentliches, praktisches und stetes Erfordernis.
Der Vorhang, der die Ewigkeit des Lebens verborgen hielt, hängt nicht mehr wie eine dunkle, undurchdringliche Wolke vor uns. Er wurde zerrissen durch den letzten und größten Sieg des Meisters — das Ergebnis seines herrlichen Werkes der Aufopferung und der Liebe. Infolge seines Beweises der Ewigkeit des Lebens erkennen wir uns als Erben des Himmelreichs, denn ohne das Verständnis und den Beweis des ewigen Lebens könnte es keinen Himmel geben.
Der Meister öffnete für alle Menschen die Pforten des Himmels, indem er den Tod überwand. Er bezeichnete den Weg, auf dem wir folgen müssen. Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 246) schreibt Mary Baker Eddy folgendes: „Leben ist ewig. Wir sollten dies ausfindig machen und anfangen, es zu demonstrieren.“ Wie können wir erkennen, daß Leben ewig ist, und wie können wir „anfangen, es zu demonstrieren?“
Es ist ein Grunderfordernis, eine geistigere Anschauung von der Auferstehung zu erlangen. Die scholastische Theologie hat die Auferstehung zuweilen bildlich so dargestellt, daß eine menschliche Gestalt gen Himmel schwebt, das offene Grab zu ihren Füßen; damit wurde der Bericht im Matthäusevangelium mehr wörtlich als geistig aufgefaßt. Wir lesen darin (27:52): „Die Gräber taten sich auf, und standen auf viele Leiber der Heiligen, die da schliefen.“
Wenn die Bedeutung der Bibel auf wörtlichen Auslegungen beruhte, wäre eine solche Anschauung wohl gerechtfertigt. Doch Vernunft und Offenbarung weisen hin auf eine geistigere Art, die Heilige Schrift auszulegen, und wir wissen, daß es richtig ist, die Auferstehung geistig zu deuten. Unsere geliebte Führerin definiert „Auferstehung“ im Glossarium von „Wissenschaft und Gesundheit“ mit folgenden Worten (S. 593): „Vergeistigung des Gedankens; eine neue und höhere Idee von der Unsterblichkeit oder dem geistigen Dasein; die materielle Annahme, die dem geistigen Verständnis weicht.“
An Hand dieser Definition verstehen wir, daß wir aus dem Grab der Materialität oder dem Glauben an ein Leben in der Materie durch die Vergeistigung des Denkens auferstehen und nicht weil wir von der Erde in den Himmel vertrieben werden. Unsere Auferstehung durch Vergeistigung unseres Denkens ist logisch und vernunftgemäß. Solange wir in der Annahme zu leben scheinen, daß die Materie den Menschen erschaffe, erhalte und zerstöre, solange sind wir noch begraben in der Gruft der Körperlichkeit.
Viele, die auf Erden wandeln, sind tot für die Wahrheit ihres geistigen und ewigen Daseins. Die Furcht vor dem Tode scheint während ihres ganzen Erdendaseins ihr Handeln zu beherrschen. Doch der ewige Lauf des geistigen Lebens kann nicht vom Tode beherrscht werden. Leben ist Gott und daher ewig. Wir müssen den körperlichen Glauben aufgeben, daß Leben, Substanz und Intelligenz in der Materie seien und müssen erkennen, daß Gott das einzige Leben und der Mensch Sein Ebenbild ist, erschaffen und erhalten durch die Gesetze des Geistes.
Um diese Tatsachen zu verstehen, müssen wir beginnen, unsere Auferstehung Schritt für Schritt durch die Vergeistigung des Denkens auszuarbeiten und so die Allheit des Guten und die Unwirklichkeit der Furcht, der Unwissenheit und Sterblichkeit beweisen. In der Christlichen Wissenschaft wird diese Art der Ausarbeitung mit Demonstration bezeichnet. So wird die Auferstehung oder Vergeistigung des Gedankens zu einer täglich neuen Forderung an den Christlichen Wissenschafter. Wenn er treu in Christi Jesu Fußtapfen der Vergeistigung folgt, fängt er an, die Größe von des Meisters Erdenlaufbahn bis zu seinem endgültigen Sieg zu erfassen.
In Ehrfurcht bewundern wir als Christliche Wissenschafter Jesu stille, unverzeichnete Vorbereitungszeit von dreißig Jahren, bevor er, ausgerüstet mit dem geistigen Verständnis von der Allerhabenheit des Geistes, den Kampfplatz des sterblichen Gemüts betrat. In seinem Wirken offenbarte er der Menschheit die Gotteskindschaft des Menschen, indem er mit unfehlbarer Sicherheit die Kranken heilte, die Sünder umwandelte und die Toten auferweckte. Vor wie nach seiner Auferstehung finden wir seine Beweise, daß Substanz Geist ist, zuerst bei der Speisung der Fünftausend und dann, als er an den Gestaden des Galiläischen Meeres im Morgendämmern seinen Jüngern das Frühmahl bereitete. Er wußte, daß Leben ewig ist und daß es unter des Vaters Obhut steht. Und durch seine Auferstehung veranschaulichte er diese Wahrheit.
Durch die Christliche Wissenschaft haben wir dies verstehen gelernt und wir drängen vorwärts, der endgültigen Demonstration entgegen. Die Aufgabe ist groß und erfordert beständige Wachsamkeit; dennoch geht sie nicht über unser Verständnis und unsere Beweismöglichkeit hinaus. Heute können wir damit beginnen, eine geistigere Anschauung vom Leben zu gewinnen. Wir können sofort manche unserer materiellen Stützen und Hilfsmittel aufgeben. Durch bessere Gesundheit, höhere Moral, ja sogar durch bessere Sitten können wir beweisen, daß wir vom geistigen und nicht vom materiellen Sinn regiert werden.
Der Himmel der Seele war für unseren Meister so klar, wie für uns das Tageslicht. Er lebte und wirkte darin. Er unterrichtete die Welt über das, was er als wahr erkannt hatte und lehrte und heilte wie einer, der göttliche Vollmacht besitzt.
Durch die Lehre und Anwendung der Christlichen Wissenschaft haben sich uns hier und jetzt herrliche, nie endende Lebensaussichten aufgetan. Durch Vergeistigung des Denkens können wir unsern Anteil an Jesu Auferstehung erkennen. Mit unbeschuhten Füßen können wir das Heiligtum des Geistes betreten und ein Leben genießen, das sich als Gesundheit, Frieden und Harmonie bekundet. Dies ist der gesegnete Zustand, von dem der Psalmist schreibt (Ps. 36:10): „Bei dir ist die Quelle des Lebens, und in deinem Licht sehen wir das Licht“ und (17:15): „Ich aber will schauen dein Antlitz in Gerechtigkeit; ich will satt werden, wenn ich erwache, an deinem Bilde.“
 
    
