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„In Seilen der Liebe“

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der April 1955-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Als der Prophet Hosea die Untreue des Stammes Ephraim und der übrigen Kinder Israel sah, hielt er ihnen mahnend die Fürsorge, den Schutz und die Führung Gottes vor Augen, die sie in so reichem Maße erfahren hatten. Gott sprach durch ihn (Hos. 11:4): „Ich ließ sie ein menschlich Joch ziehen und in Seilen der Liebe gehen und half ihnen das Joch an ihrem Hals tragen.” Die Worte „Ich ließ sie ... in Seilen der Liebe gehen” deuten unmißverständlich die zärtliche Liebe der Gottheit an, die sie lehrte, den Weg zu erkennen und ihn inne zu halten.

Wir wundern uns heute zuweilen, daß die Kinder Israel bei einem solchen Maß liebevoller Fürsorge so viel Blindheit und Ungehorsam zeigten; aber müssen wir nicht sehr wachsam sein, nicht in den gleichen Fehler zu verfallen? Auch uns ist ein christliches Joch auferlegt; das heißt, es wird nicht mehr von uns verlangt als wir erfüllen können. Auch wir gehen „in Seilen der Liebe“, die uns auf dem schmalen und geraden Wege halten. Doch das menschliche Gemüt hat eine Tendenz zum Murren, zur Unzufriedenheit und Widersetzlichkeit. Die Umwandlung, die für die Erlösung der Sterblichen erforderlich ist, erzeugt Opposition in ihnen. In einem liebevollen, aus Erfahrung geborenen Hinweis wittern sie Gefahr, und eine notwendige Ermahnung empfinden sie als Beschränkung ihrer persönlichen Freiheit. Das menschliche Gemüt bedarf beständig der Unterweisung und Führung.

Die Zehn Gebote und die Bergpredigt haben Jahrhunderte lang als wirksame Erziehungsmittel zu Fortschritt und Vervollkommnung beigetragen. Sollten sie nicht für einen jeden von uns tatsächlich „Seile der Liebe“ sein?

Mary Baker Eddy hat im vorigen Jahrhundert auf Grund ihres inspirierten Verständnisses von Gott die Kirche Christi, Wissenschafter, gegründet, in weiser Voraussicht, daß eine solche Organisation dem einzelnen wie der Gesamtbewegung göttliche Führung, Schutz und Heilbeweise sichern würde. In der „Historischen Skizze“ aus dem Handbuch Der Mutterkirche von Mrs. Eddy lesen wir (S. 19): „Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, in Boston, Mass., soll sich auf den Felsen Christi gründen, ja auf die Erkenntnis und Demonstration der göttlichen Wahrheit, des göttlichen Lebens und der göttlichen Liebe, welche die Welt von Sünde und Tod heilt und erlöst. Dadurch soll sie in gewissem Grade die universelle und triumphierende Kirche widerspiegeln.“ Im Gehorsam gegen Gott und durchdrungen von einer geistigen Liebe zur Menschheit gab Mrs. Eddy die Satzungen und Regeln des Handbuchs für die Mitglieder dieser Kirche. In ihnen finden wir den Geist der Zehn Gebote und der Bergpredigt und die treibende Kraft jener „Seile der Liebe.“

Also beruht die christlich-wissenschaftliche Organisation oder Bewegung auf geistiger Gesetzmäßigkeit, und die Ideale dieser Religion verwirklichen sich für den einzelnen in dem Verhältnis, wie dieser ihre Satzungen und Regeln befolgt. Wir erfüllen Gesetze, wenn wir sie verstehen und lieben. Organisation bekundet Ordnung; sie erheischt Gehorsam und erfordert Zusammenarbeit. Ordnung, Gehorsam, Zusammenarbeit — diese drei sind für ein harmonisches und erfolgreiches Wirken des einzelnen unerläßlich. Gleichzeitig sind sie die Voraussetzung für ein produktives Gemeinschaftsleben. Eine Organisation, die darauf hinzielt, diese drei Eigenschaften in ihrer geistigen Bedeutung im Leben des einzelnen zu fördern, ist ein Segen.

Diejenigen, die mit der christlich-wissenschaftlichen Organisation vertraut sind, die ihr Leben selbstlos und hingebungsvoll in den Dienst dieser heiligen Sache gestellt haben, schätzen die „Seile der Liebe“, denn sie wissen aus Erfahrung, daß diese Seile zu ihrem Fortschritt unerläßlich sind. Vielleicht ist jemand nicht gewillt, in diesen „Seilen der Liebe“ zu gehen, weil er fürchtet, dadurch in seiner individuellen Freiheit beschränkt oder in seiner Demonstrationsfähigkeit gehemmt zu werden. Das Gegenteil ist jedoch der Fall.

Die von Mrs. Eddy ins Leben gerufene Kirchenorganisation gewährleistet die Freiheit individueller Entfaltung und fördert die Demonstrationsfähigkeit des einzelnen. In der Tat, hier ist nichts, was uns hindern könnte, inbrünstig darum zu beten, uns unseres Einsseins mit Gott bewußt und göttlich inspiriert zu werden, Fähigkeiten auszudrücken, freie Entscheidungen zu treffen, allumfassend zu lieben, das eigene Denken zu veredeln — kurz, das Gute in mannigfaltiger Form zu verkörpern. So befolgen wir die Ermahnung des Paulus (1. Thess. 5:19–21): „Den Geist dämpfet nicht, die Weissagung verachtet nicht; prüfet aber alles, und das Gute behaltet.“ Gehorsam allein, mit andern Worten das Gehen in den „Seilen der Liebe“, vermag die unendliche Freiheit des Geistes zu bringen. Ungehorsam dagegen verspricht Freiheit, hat jedoch immer Knechtschaft im Gefolge.

Treue gegenüber der Organisation der Christlichen Wissenschaft kann der Fähigkeit des einzelnen, Beweise zu erbringen, nicht im Wege stehen, weil durch sie das, was die Demonstration hindern könnte, wie Geltungsbedürfnis und Hochmut, falsche Empfindlichkeit und ehrgeiziges Streben, Eigenliebe und andere Feinde der Verchristlichung des Lebens, ausgemerzt wird. Die praktische Organisationsarbeit fördert Selbstüberwindung und den Ausdruck der Selbstaufopferung und Selbstvergessenheit. Die Erfüllung des Gebotes, unseren Nächsten wie uns selbst zu lieben, sichert eine harmonische, für alles Gelingen unerläßliche Zusammenarbeit. Diese Zusammenarbeit verleiht der Organisation Halt und Stärke. Der Wissenschafter, der diese Tatsachen erkannt und an sich selbst erfahren hat, wird stets ein Segen für die Kirche sein, ebenso wie die Kirche ein Segen für ihn ist. Nur dem, der nicht gewillt ist, in den „Seilen der Liebe“ zu gehen, wird die Organisation als Last erscheinen.

In seinem ersten Brief an die Korinther schreibt Paulus (1. Kor. 12:26, 27): „So ein Glied leidet, so leiden alle Glieder mit; und so ein Glied wird herrlich gehalten, so freuen sich alle Glieder mit. Ihr seid aber der Leib Christi und Glieder, ein jeglicher nach seinem Teil.“ Wir sind noch weit davon entfernt, sagen zu können, das Göttliche habe das Menschliche in jeder Hinsicht überwunden; aber wenn und wo auch immer durch menschliches Denken und Handeln Fehler zutage treten, sollten diese den einzelnen nicht veranlassen, sich von der Organisation zu trennen. Wenn sich das Mitglied von Weisheit leiten läßt, wird es sich über das Persönliche erheben; es wird sich seiner Aufgabe als Mitglied bewußt werden und sich nicht der Freude berauben, einen Sieg über das Böse zu gewinnen. Irgendwelche unharmonischen Erscheinungen unter den Mitgliedern einer Kirche sollten durch die Demonstration des einen göttlichen Gemüts beseitigt werden.

Tatsache ist, daß in Beziehung auf den Körper wie auf die Organisation nur durch Vergeistigung des Denkens Harmonie und Fortschritt erreicht werden können. Jesus, unser großer Meister, widersprach der Erwartung seiner Zeitgenossen, indem er sagte (Matth. 5:17): „Ihr sollt nicht wähnen, daß ich gekommen bin, das Gesetz oder die Propheten aufzulösen; ich bin nicht gekommen, aufzulösen, sondern zu erfüllen.“ Eine außerordentliche Bedeutung kommt der Kirchenorganisation in der Offenbarung des Johannes zu. Seine durchdringende Vision ermöglicht ihm einen Einblick in die innere Beschaffenheit der Kirchengemeinden. Schonungslos rügt und ermahnt er sie. Auch er fordert Erfüllung. In ihrer Botschaft an Die Mutterkirche von 1900 schreibt Mrs. Eddy über das geistige Schauen des Johannes und sagt unter anderem (S. 11): „In der Offenbarung weist Johannes auf das hin, was, der Geist den Gemeinden sagt‘. Seine Allegorien bilden die höchste Kritik alles menschlichen Handelns, aller Typen und Systeme. Seine symbolische Ethik tritt der Gesetzlosigkeit mutig entgegen. Seine Vorbilder der Reinheit durchdringen die Lasterhaftigkeit mehr als die Feder es zu tun vermag. Es sind plötzlich erscheinende Erklärungen von der Gottheit an die Menschheit, deren geistiger Inhalt, hält die sieben Sterne in seiner Rechten, ... [und] wandelt mitten unter den sieben goldenen Leuchtern‘ — im Glanze verherrlichten Seins.“ Wie Jesus so ist auch die Christliche Wissenschaft nicht gekommen aufzulösen, sondern zu erfüllen.

Für den echten Christlichen Wissenschafter ist die Mitgliedschaft in einer Zweigkirche ein hervorragendes Mittel zur Selbsterziehung. Wieviel weniger Selbstlosigkeit und Selbstaufopferung, wieviel weniger Selbstzucht und Zusammenarbeit, wieviel weniger dienende Liebe und Dankbarkeit würde es ohne diese Zweigkirchentätigkeit geben! Ein untrügliches Zeichen des rechten Verständnisses von Organisation ist das gute Einvernehmen, in dem das tätige Mitglied nicht nur mit einigen, sondern mit allen Mitgliedern seiner Zweigkirche steht. Das Gehen in den „Seilen der Liebe“ hat zur Folge, daß das Dominieren des menschlichen Willens, das Übergreifen auf die Rechte anderer, sinnlose Tadelsucht und nutzlose Verurteilung aufgegeben werden.

Da die christlich-wissenschaftliche Organisation das geistige Wachstum des Individuums in hohem Maße fördert, kann niemand behaupten, ihr entwachsen zu sein, so lange sein Denken noch nicht restlos vergeistigt ist. Jesus erlebte seine Himmelfahrt erst, nachdem er seine Herrschaft über alles Materielle und Menschliche bewiesen hatte. Eine Organisation, die der Aufrechterhaltung des Guten dient und die Erlösung der Menschheit zum Ziele hat, kann nichts anderes als Segen bringen.

Die Christlichen Wissenschafter, die durch ihr Vertrautsein mit den Lehren der Christlichen Wissenschaft schon mancherlei Segnungen empfangen haben und sich eines gewissen geistigen Wachstums erfreuen, werden ganz natürlich das Verlangen hegen, ihrer Dankbarkeit in geeigneter Form Ausdruck zu verleihen und mehr als bisher Gutes zu tun. Sie finden jene Gelegenheit zur tätigen Teilnahme an der christlich-wissenschaftlichen Organisation. Ihnen erschließen sich, während sie sich in den „Seilen der Liebe“ geführt, vorwärtsbewegen überreiche Segnungen. Sie erleben die Freude, daß latente Fähigkeiten zur Entfaltung kommen und ungeahnte Möglichkeiten in Erscheinung treten; ja, sie erlangen ihre eigene Erlösung und sind glücklich, in die Front derer eingereiht zu sein, die sich der heiligen Verpflichtung verschrieben haben, das Böse in der Welt zu überwinden und das Gute zu fördern. Sie werden mit der Zusicherung der Heiligen Schrift gekrönt (Eph. 2:19–22): „So seid ihr nun nicht mehr Gäste und Fremdlinge, sondern Bürger mit den Heiligen und Gottes Hausgenossen, erbaut auf den Grund der Apostel und Propheten, da Jesus Christus der Eckstein ist ... auf welchem auch ihr mit erbaut werdet zu einer Behausung Gottes im Geist.“


„Das ist das Testament, das ich ihnen machen will nach diesen Tagen“, spricht der Herr: „Ich will mein Gesetz in ihr Herz geben, und in ihren Sinn will ich es schreiben“.... Und lasset uns halten an dem Bekenntnis der Hoffnung und nicht wanken; denn er ist treu, der sie verheißen hat; und lasset uns untereinander unser selbst wahrnehmen mit Reizen zur Liebe und guten Werken und nicht verlassen unsere Versammlung, wie etliche pflegen, sondern einander ermahnen; und das so viel mehr, soviel ihr sehet, daß sich der Tag nacht.— Hebräer 10:16, 23–25.

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