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Müheloses Wirken

[Urtext in deutscher Sprache]

Aus der Januar 1956-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Natur ist voll überzeugender Beispiele mühelosen Wirkens: Denken wir an die Entfaltung eines Blattes, an den Aufgang der Sonne, an das Blühen, das Wachsen, das Reifen, an die tänzelnden Schneeflocken und schließlich an einen sanften Sommerregen, der die Erde erquickt und die Fruchtbarkeit fördert. An einen solchen Vergleich muß wohl Moses gedacht haben, als er nach vielen vergeblichen Bemühungen, das Volk Israel zu einer fruchtbaren Nachfolge zu bewegen, in einem letzten Versuch seine Rede mit den Worten einleitete: „Meine Lehre triefe wie der Regen, und meine Rede fließe wie Tau, wie der Regen auf das Gras und wie die Tropfen auf das Kraut“ (5. Mose 32:2).

Zweifellos hatte Moses aus Erfahrung gelernt, daß man durch Sanftmut, Geduld und Güte viel mehr erreichen kann als durch Zorn, Ungeduld und menschliche Machtmittel. Eindrucksvoller als mit diesen poetischen Worten hätte Moses wohl kaum veranschaulichen könne, wie mühelos sich alles Göttliche im menschlichen Bewußtsein offenbart. Salomo drückt dies mit den Worten aus (Spr. 10:22): „Der Segen des Herrn macht reich ohne Mühe.“ (Die Übersetzung der englischen „König-Jakob-Bibel“ lautet: „Der Segen des Herrn macht reich, und er fügt keinen Kummer hinzu.“) So ist also das Mühelose ein Kennzeichen alles Göttlichen.

Jesu Bergpredigt atmet den Geist des Mühelosen. Sie war und ist für das menschliche Bewußtsein „triefender Regen“ und erquickender „Tau“. Sie veranschaulicht, daß selbst das höchste Ziel durch Vergeistigung des Denkens mühelos erreicht werden kann. Sein Rat richtete sich in erster Linie an die Mühseligen und Beladenen. Er lenkte ihr Denken ab von den Sorgen des täglichen Lebens und richtete ihr Augenmerk auf die mühelose Existenz der Vögel und Blumen. Naturverbunden, wie er war, sagte Jesus (Matth. 6:26–29): „Sehet die Vögel unter dem Himmel an: sie säen nicht, sie ernten nicht, sie sammeln nicht in die Scheunen; und euer himmlischer Vater nährt sie doch. ... Schauet die Lilien auf dem Felde, wie sie wachsen: sie arbeiten nicht, auch spinnen sie nicht. Ich sage euch, daß auch Salomo in aller seiner Herrlichkeit nicht bekleidet gewesen ist wie derselben eins.“

Es hieße, Jesu Worte falsch verstehen, wollte man annehmen, daß sein Vergleich mit den Lilien und Vögeln bedeuten sollte, wir könnten die Hände in den Schoß legen und auf die Versorgung warten. Doch je stärker unsere Gottverbundenheit ist, desto müheloser wird die Stillung unserer menschlichen Bedürfnisse sein. In dem Verhältnis, wie wir um das Göttliche bemüht sind, machen wir uns um das Menschliche immer weniger Sorge.

Die Sterblichen finden das Dasein mehr oder weniger mühevoll und problematisch. „Im Schweiße deines Angesichts sollst du dein Brot essen“, lesen wir in der Genesis (3:19). So stellt der Adamtraum den Menschen das sterbliche Dasein dar. Diese Traumerzählung verdankt ihre Fortsetzung bis in unsere Tage hinein einer irrigen theologischen Auffassung, und so möchte es heute dem unerleuchteten menschlichen Gemüt wie ein Hohn erscheinen, wenn ihm die Idee des mühelosen Wirkens vor Augen gehalten wird. Eine solche Einstellung, in der das Mühevolle als unvermeidlich, ja gottgewollt, betrachtet wird, führt, kurz gesagt, zu einem Zustand der Erschöpfung des Individuums, der sich wiederum in der Allgemeinheit folgenschwer auswirkt.

Der Prediger sagt: „Es sind alle Dinge so voll Mühe, daß es niemand ausreden kann“ (Pred. 1:8). Was ist denn dieses „voll Mühe“ oder „Mühevolle“? Ist es nicht die Annahme, daß der Mensch ein Sterblicher und von Gott getrennt sei, und daß er aus sich selbst etwas tun könne, daß er menschliche Willenskraft gebrauchen müsse, um etwas zu erreichen? Diese falschen Annahmen schließen Eigenliebe und Geltungsbedürfnis in sich, Faktoren, die das Wirken des Menschen nur noch mühevoller gestalten.

Es möchte hier vielleicht jemand einwenden, daß wir ohne Mühe, ohne Anstrengungen, keine Fortschritte machen können. Hierauf sei erwidert, daß ein Sich-Mühe-geben, mit anderen Worten, ein beharrliches, sorgfältiges Arbeiten, mit dem göttlichen Wirken im Einklang steht. Doch selbst ein Ringen um des Guten willen ist mühelos, wenn wir es der Wahrheit überlassen, alles Gottunähnliche aus unserem Bewußtsein zu entfernen.

Der Christliche Wissenschafter ist Mary Baker Eddy immer aufs neue dankbar dafür, daß die von ihr gegründete Religion hinweg nimmt, was des Fortbestehens unwürdig ist, und bewahrt und veredelt, was der Fortdauer wert ist. Das zunehmende Verständnis des Christlichen Wissenschafters befähigt ihn, sich vom Mühevollen abzuwenden und dem Mühelosen zuzuwenden. Es gelingt ihm in dem Verhältnis, wie er sein bewußtes Einssein mit Gott als der Quelle alles Wirklichen erlangt. Der Christliche Wissenschafter erkennt, daß der geistige Mensch — und einen anderen gibt es nicht — sich als Widerspiegelung Gottes in genauer Übereinstimmung mit Ihm bewegt. Das Wirken des Menschen, der das versteht, kann daher nicht anders als mühelos sein, was auch immer seine Tätigkeit sein mag.

Durch geheiligtes Stillesein und echte Demut empfing Mary Baker Eddy die Offenbarung der göttlichen Wissenschaft natürlich und mühelos. Sie sagt in unserm Lehrbuch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 109): „Das Forschen war lieblich, ruhevoll und von Hoffnung getragen, weder selbstisch noch niederdrükkend.“ Und das ist auch die Weise, in der dem Anhänger der Christlichen Wissenschaft Erkenntnis und Demonstration zuteilwerden sollten. Rechtes Denken und Handeln, wie die Christliche Wissenschaft es lehrt, erschließt uns das Dasein in seiner Einfachheit und Natürlichkeit, in seiner Unkompliziertheit und Problemlosigkeit; wohingegen das Verharren im Materiellen Doppelsinnigkeit, Zwiespalt, Kompliziertheit und Problematik in unsere Erfahrung bringt.

Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß sich das All-Wirken Gottes im Menschen widerspiegelt. Das Wesen der Widerspiegelung ist mühelos, exakt und frei von jedem eigenen Wollen, von jedem eigenen Tun; denn die Widerspiegelung ist nicht zufällig, sondern gesetzmäßig. So kann also auch das Wirken des Menschen nicht anders sein als mühelos, exakt, frei von jedem eigenen Willen, von jedem eigenen Tun. Das beste Beispiel mühelosen und zugleich fruchtbaren Wirkens hat uns Christus Jesus gegeben. Seine Geburt und sein Teilhaftigwerden der Gotteserkenntnis waren mühelos, und so tragen auch all seine Werke das Zeichen des Mühelosens. Die Verwandlung von Wasser in Wein, die Heilung der Kranken und der Sündigen, das Wandeln auf den Wogen, die Speisung der Hungrigen, ja das Auferwecken der Toten geschahen ohne die geringste Anwendung menschlicher Energie und Willenskraft. Christus Jesus war die kristallklare, vollkommene Widerspiegelung der göttlichen Liebe. Daher bedurfte es oft nur eines Wortes von ihm, um Hindernisse zu überwinden. Dies Wort war ein Ausdruck des Wortes Gottes, das alle Kraft, allen Frieden und alle Herrschaft in sich schließt.

In Mrs. Eddys Lehren findet man den geistigen Standpunkt, der einem auf jedem Gebiet vollen Erfolg sichert. Sie sagt: „Wenn man von einem höheren Standpunkt ausgeht, steigt man wie von selbst höher, ebenso wie Licht mühelos Licht ausströmt“ (Wissenschaft und Gesundheit, S. 262). So enthüllt die Christliche Wissenschaft das Geheimnis eines mühelosen Wirkens und eines kummerfreien Lebens. Sie erlöst den Einzelnen von aller Erdenschwere und leitet damit eine neue Ära ein, die Ära der herrlichen Freiheit. In den Worten Mrs. Eddy's (Gedichte, S. 12):

„Entschleiert zeiget uns Sein tief Erbarmen,
Daß leicht des Lebens Last und Leid.
Ich küß' das Kreuz, erwache, um zu schauen
Die Welt im Licht der Herrlichkeit.“


Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht. — Matthäus 11:28–30.

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