Mary Baker Eddy entdeckte und demonstrierte den Wert geistigen Unterscheidungsvermögens im Heilen von Sünde und Krankheit, und die ganze Welt schuldet ihr dafür Dank und Anerkennung.
Die von Mrs. Eddy gegründete Religion ist dem Wesen nach prophetisch, nicht allein, weil sie die Verheißung des Meisters über das Erscheinen des Trösters erfüllt, sondern weil sie besonderen Nachdruck auf den Wert geistigen Unterscheidungsvermögens legt. Dieser Punkt wird im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ besonders hervorgehoben. Ein Teil der Definition von „Elias“, die Mrs. Eddy auf Seite 585 dieses Buches gibt, lautet: „Prophezeiung; geistige Augenscheinlichkeit, die dem materiellen Sinn entgegengesetzt ist; die Christliche Wissenschaft, durch welche die geistige Tatsache von allem, was die materiellen Sinne erblicken, erkannt werden kann.“ Durch diese Erkenntnis kündigt die Christliche Wissenschaft ein Zeitalter an, in dem die Wahrheit den Irrtum erfolgreich zum Schweigen bringt, die Annahme nämlich, wir lebten in einem Universum sich widerstreitender Mächte, in dem das Böse ebenso wirklich wie das Gute, ihm vielleicht sogar überlegen sei.
Christus Jesus erklärte (Matth. 17:11): „Elias soll wahrlich zuerst kommen und alles zurückführen“ (engl. Bibel). Geistiges Unterscheidungsvermögen ist daher mehr als bloßes Beobachten. Es führt alle Dinge auf den Geist zurück. Auf die Kräfte, auf denen wir wandeln, wie Adhäsion, Kohäsion und Anziehungskraft, bezieht sich Mrs. Eddy mit folgenden Worten (Wissenschaft und Gesundheit, S. 124): „Entferne sie, und die Schöpfung muß zusammenfallen. Das menschliche Wissen nennt sie Kräfte der Materie; aber die göttliche Wissenschaft erklärt, daß sie ganz und gar dem göttlichen Gemüt angehören und diesem Gemüt innewohnen; so führt sie sie zu ihrer rechtmäßigen Heimstätte und Ordnung zurück.“
Langsam aber sicher erkennt die Welt an, daß die inspirierte Religion in diesem Zeitalter die Theorie von der Trennung des Menschen von Gott erfolgreich bekämpft mit den Beweisen, daß der Mensch mit Gott eins ist und nicht von Ihm getrennt werden kann. Indem sie unsere Vorstellung vom Menschen und vom Universum auf das Bereich des Geistes zurückführt — von dem diese in Wirklichkeit nie getrennt waren — wirft die Christliche Wissenschaft neues Licht auf das, was „menschliche Erfahrung“ genannt wird, und gestaltet sie um. Jesaja erklärte (30:15): „Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark sein.“
Was die Christliche Wissenschaft als christliche Religion kennzeichnet, ist der Nachdruck, den sie auf den Heilwert des geistigen Unterscheidungsvermögens legt. Die Ausüber der Christlichen Wissenschaft sind darum nicht weniger Ärzte, weil sie die Kranken metaphysisch behandeln. Sie haben den Wunsch, dem Gebot des Meisters zu folgen, die Kranken zu heilen und den Wert jener mentalen Disziplin zu erkennen, die durch weise Bekräftigungen der Wahrheit und Verneinungen des Irrtums, durch wirkungsvolle Analyse und wissenschaftliches Argument ausgeübt wird. Sie arbeiten und beten beständig um jenes geistige Unterscheidungsvermögen, durch das ihr Heilungswerk schneller und umfassender vollbracht werden kann. Hierbei halten sie ihr Denken auf Mrs. Eddys Worte gerichtet, die vermehrtes Licht auf die Heilmethode des Meisters werfen (Wissenschaft und Gesundheit, S. 476): „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint. In diesem vollkommenen Menschen sah der Heiland Gottes eignes Gleichnis, und diese korrekte Anschauung vom Menschen heilte die Kranken.“ Bedenke, er sah in der Wissenschaft Gottes eigenes Gleichnis, selbst wenn der materielle Sinn einen sündigen Sterblichen sah!
Heute kommen in der Ausübung der Christlichen Wissenschaft durch dasselbe geistige Unterscheidungsvermögen Heilungen zustande, wie sie die Welt seit sechzehnhundert Jahren nicht mehr erlebt hat. Dennoch stellt sich der aufrichtige Christliche Wissenschafter oft die Frage, was er tun oder unterlassen sollte, um andauernder so, wie der Meister zu heilen. Er ist davon überzeugt, daß der Hauptzweck der Christlichen Wissenschaft nicht der Versuch ist, einen Sterblichen zu heilen. Ein solcher Versuch würde nicht den Geist der Prophezeiung ausdrücken, der die Offenbarung der geistigen Wahrheit fordert.
Das Bemühen, durch unerleuchtetes Denken zu heilen, führt unweigerlich in das Dickicht zeremonieller Erklärungen, ritualistischer Wiederholungen oder mentaler, mechanischer Formeln, durch die unglücklicherweise die geistige Wahrheit verdunkelt werden würde. Die intelligente Anwendung einer entsprechenden mentalen Technik ist gerechtfertigt und wichtig, sie sollte jedoch niemals die Stelle des geistigen Unterscheidungsvermögens einnehmen. Das mentale Argument ist ein Mittel zum Zweck, jedoch keineswegs der Endzweck selbst.
Die geistig wissenschaftliche Erklärung im ersten Kapitel des Ersten Buches Mose, wo der Mensch als zum Bild und Gleichnis seines himmlischen Vaters geschaffen dargestellt wird, ist die Gewähr dafür, daß wir in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen sehen. Es war dieser Schöpfungsbericht, mit dem Jesus sich und seine Mission identifizierte. Der religiöse Gedankengang, der diesem Bericht entstammt, führt in gerader und ununterbrochener Linie von den Propheten bis zur Christlichen Wissenschaft, durch die er seinen vollständigen Ausdruck findet. Die Welt erlebt augenblicklich eine religiöse Wiedergeburt, und die Kirche Christi, Wissenschafter, erfüllt freudig ihre Mission in der Art, wie Jesus gebot. Sie wird damit fortfahren, bis jeder trügerische Anspruch des Bösen, der die Allheit des Guten bestreitet, aufgedeckt und zerstört ist.
Die Theorie, der Mensch habe sich aus einer Mischung von Nebel und Staub entwickelt — eine Theorie, die die Christliche Wissenschaft verwirft — widerspricht dem geistigen Schöpfungsbericht. Ein sündiger Sterblicher ist weit mehr eine falsche theologische Vorstellung, als ein biologischer Begriff. Das heißt, eine solche Vorstellung hat ihren Ursprung mehr in einer verworrenen Geheimnistuerei als in der Natur. Jesus bezog sich auf diese falsche sterbliche Theorie vom Menschen, als er „von dem Vater, dem Teufel“ sprach, den er einen „Mörder von Anfang“ nannte, und er setzte hinzu (Joh. 8: 44): „Wenn er die Lüge redet, so redet er von seinem Eigenen; denn er ist ein Lügner und ein Vater derselben.“
Gott, das unfehlbare Gemüt, hat nichts mit einem sündigen, leidenden Sterblichen zu schaffen, noch hegt die Gottheit eine solch verzerrte Vorstellung vom Menschen. Ein Sterblicher ist lediglich ein entstelltes Bild des Menschen, eine falsche Vorstellung oder das Ergebnis eines falschen materiellen Sinnes. Tatsächlich gibt es nur einen Menschen, das Bild und Gleichnis Gottes. Geistig wahrgenommen, wird dieser Mensch als so vollkommen erkannt, wie er zu Anfang war. Der falsche materielle Sinn verschwindet, wenn das menschliche Denken der göttlichen Wirklichkeit weicht. Durch die prohetische Vision verschwindet der materielle Sinn vor dem Augenschein der geistigen Wahrheit.
Die Christlichen Wissenschafter sind Propheten, geistige Seher, wenn sie sich selbst auch noch nicht als solche sehen mögen. Es ist ihre Mission, durch geistiges Unterscheidungsvermögen das Prophetenamt zu erfüllen, wie es der Meister tat. Sie finden, daß die Linse des geistigen Sinnes sie befähigt, mehr, weit mehr wahrzunehmen, als die materiellen Sinne imstande sind zu erkennen. Dies ist die Linse, durch die Jesus und seine Jünger die geistigen Wahrheiten vom Menschen und dem Universum wahrnahmen.
Im Lichte dieser Wahrnehmung betrachtet, nimmt die von Matthäus berichtete Unterhaltung des Meisters mit seinen Jüngern höhere Bedeutung an. Im Verlaufe der Unterredung erhob sich die Frage, wer Jesus, des Menschen Sohn, sei. Simons Erklärung (16: 16): „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn,“ brachte ihm diesen Segen ein: „Selig bist du, Simon, Jona's Sohn; denn Fleisch und Blut haben dir das nicht offenbart, sondern mein Vater im Himmel.“ Mit anderen Worten: nicht der materielle, sondern der geistige Sinn befähigten Simon, die wahre Identität des Meisters als des Christus, des lebendigen Gottes Sohn, zu erkennen. Die Tatsache der von Petrus wahrgenommenen geistigen Identität Jesu ist der Felsen, auf den Jesu seine Gemeinde bauen wollte, und er fügte hinzu: „Die Pforten der Hölle sollen sie nicht überwältigen.“ Fraglos beabsichtigte der Meister, eine prophetische Kirche zu bauen, und die Kirche Christi, Wissenschafter, ist diese Kirche. Ihre Mitglieder handeln prophetisch durch ihre Wahrnehmung und Demonstration des Christus.
Es ist ebenso wichtig, in der Wissenschaft die geistige Kirche wie den vollkommenen Menschen zu erkennen. Eine wahre Vorstellung von Kirche als die Idee der Liebe, als den Bau der Wahrheit, bringt die Weisheit und Liebe, die Heiligung und Hingabe, die so wichtig sind in der harmonischen und aufbauenden Zusammenarbeit mit anderen, um das Himmelreich auf Erden aufzurichten. Wenn uns auch vielleicht die Kirchenmitgliedschaft nicht von den verwirrenden Einflüsterungen des materiellen Sinnes absondert, so wird sie uns doch dabei helfen, uns von diesen Suggestionen getrennt zu halten. Wenn wir diese Einflüsterungen wirkungsvoll handhaben, das heißt, wenn wir sie durch geistiges Unterscheidungsvermögen beseitigen, so ist unserer Kirche und ihrer Heilarbeit ununterbrochener Fortschritt und Wachstum in jeder Beziehung sicher.
Diese wahre Vorstellung von Kirche erhebt unseren Begriff von Kirche aus dem Irdischen heraus und zieht jene an, die sich nach einem beweisbareren Verständnis von Gott sehnen. Jedes Überwinden des materiellen Sinnes, sei es klein oder groß, gründet uns fest auf den unerschütterlichen Felsen, den Christus, wo wir Gottes Allheit beweisen können, so daß die Mission dieser Kirche vollständig erfüllt werden möge.
Christlich-wissenschaftliche Behandlung ist ihrem Wesen nach prophetisch, weil in solcher Behandlung die geistige Wahrheit dessen, was die materiellen Sinne erblicken, erkannt wird; und was geistig wahrgenommen wird, muß menschlich in greifbaren Beweisen mentaler, moralischer und körperlicher Besserung erscheinen. Die Christlichen Wissenschafter haben daher die freudige Gelegenheit, den geistigen Sinn in jedem Unternehmen zu verherrlichen, sei es religiöser oder weltlicher Art. Beim Erteilen christlich-wissenschaftlicher Behandlungen, beim Studium der Lektionspredigt, wie sie im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft zu finden ist, beim regelmäßigen Kirchenbesuch sowohl wie bei den Alltagstätigkeiten jeder Art streben die Wissenschafter danach, Gewohnheit durch geistige Inspiration zu ersetzen und dadurch ihr prophetisches Vorrecht auszuüben. Tatsächlich hängt der Fortschritt des einzelnen in der Wissenschaft von der Beständigkeit ab, mit der ihn die Inspiration über bloße mentale Gewohnheiten erhebt und so für eine unfehlbare Empfänglichkeit gegenüber der göttlichen Entfaltung sorgt.
Durch geistige Inspiration identifiziert man sich mit Seele. Sie ist das Verständnis der göttlichen Offenbarung. Wer von der göttlichen Weisheit inspiriert ist, wird vom Heiligen Geist erfüllt und spricht mit Vollmacht. Inspiration wird in jenem Geistiggesinntsein augenscheinlich, das über die verzerrten Begriffe des materiellen Sinnes hinwegsieht und die Schöpfung als geistig wahrnimmt. Durch solch geistiges Unterscheidungsvermögen wird bewiesen, daß Gott, Geist, alles erschaffen hat, und alles, was Er gemacht hat, wird als sehr gut erkannt.
„Was kein Auge gesehen hat und kein Ohr gehört hat und in keines Menschen Herz gekommen ist, was Gott bereitet hat denen, die ihn lieben.“ Uns aber hat es Gott offenbart durch seinen Geist; denn der Geist erforscht alle Dinge, auch die Tiefen der Gottheit. Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als der Geist des Menschen, der in ihm ist? Also auch weiß niemand, was in Gott ist, als der Geist Gottes. Wir aber haben nicht empfangen den Geist der Welt, sondern den Geist aus Gott, daß wir wissen können, was uns von Gott gegeben ist.—1. Korinther 2:9–12.
