Mary Baker Eddy sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 135): „Heute liegt die Gefahr nahe, daß sich das Ärgernis der Juden in der Begrenzung des Heiligen in Israel und in der Frage wiederholt:, Ja, Gott sollte wohl können einen Tisch bereiten in der Wüste?‘ Was kann denn Gott nicht tun?“ Für alle, denen scheinbar unüberwindliche Hindernisse in ihrem Streben nach guten Leistungen entgegentreten, sind diese Worte eine wertvolle Lektion. Die Erkenntnis der Allmacht Gottes offenbart die unbegrenzten Fähigkeiten des Menschen, Seines Ebenbildes, die von ihm nur beansprucht und demonstriert werden müssen. Nur in dem Maße, wie man die irrige Vorstellung eines begrenzten Gottes annimmt, die auch einen begrenzten Menschen zur Folge haben w treten Begrenzungen im menschlichen Leben in Erscheinung.
Als vor einigen Monaten über die Rekordleistung im Langstreckenlauf — eine Meile in 3 Minuten und 58 Sekunden — berichtet wurde, erinnerte sich ein Christlicher Wissenschafter an die Tatsache, daß im Jahre 1864 die beste Rekordleistung 4 Meilen und 56 Sekunden, also fast 5 Minuten war. Dieser Rekord wurde 1945 mit 4 Minuten und 1 4/10 Sekunden geschlagen. Bis vor kurzem wurde es allgemein für unwahrscheinlich, wenn nicht unmöglich gehalten, daß dieser letzte Rekord noch überboten werden könnte. Doch von manchen wurde eine solche Begrenzung abgelehnt und weiter daran gearbeitet, eine noch höhere Leistung zu erzielen.
Dieses Bemühen, das auf dem Zulassen höherer Leistungsmöglichkeiten beruhte, führte zu dem neuen Rekord im Langstreckenlauf, der keiner physischen Umstellung noch veränderten äußeren Verhältnissen zugeschrieben werden kann. Auch auf anderen Sportgebieten finden sich Beispiele, daß die bisherigen Rekorde gebrochen wurden; um hier nur einige zu nennen: Der Rekord im Stabhochsprung von 3,04 m im Jahre 1866 wurde durch den letzten Rekord auf 5,53 m erweitert. Im Jahre 1876 betrug die Höchstleistung im Kugelstoßen 9,42 m; sie wurde jetzt um fast das Doppelte auf 18,28 m erhöht.
Um noch ein anderes Gebiet zu erwähnen: Es ist uns bekannt, daß Eisenbahningenieure in früheren Zeiten glaubten, eine mit Dampf betriebene Lokomotive könne ohne neu bedient zu werden nicht mehr als 250 Meilen fahren. Heute läuft die Dieselmaschine zwischen 250000 und 300000 Meilen, ohne überholt werden zu müssen. Ein Maschineningenieur sagte einmal, daß die Maschinen auf genau die Leistungskraft gebracht werden könnten, die der Konstrukteur für möglich hält. Werden mit dieser Feststellung nicht auch auf andern Gebieten des rechten menschlichen Strebens unbegrenzte Möglichkeiten aufgetan?
Was ist es nun, das den Läufer, den Stabspringer, den Ingenieur, den Gelehrten, den Künstler, den Geschäftsmann zu begrenzen scheint? Was ist es, das Kraft, Gesundheit, Glück und Erfolg zu beschränken u uns an etwas zu binden scheint, das weniger ist als vollständig richtig und gut? Das einzige, das uns begrenzt, ist unsere Unkenntnis der Tatsache, daß Gott, das göttliche Gottes unbegrenzt ist, und daß der Mensch, Gottes vollkommene Widerspiegelung oder Idee, daher die unbegrenzten Fähigkeiten und Möglichkeiten des göttlichen Gemüts zum Ausdruck bringt.
Wir lesen im vierten Kapitel des 2. Buches Mose, daß Moses, als der Herr ihm gebot, die Kinder Israel zu befreien, anfangs von einem Gefühl der Begrenzung beherrscht war. Und die Erzählung fährt fort: „Der Herr sprach zu ihm: ... So gehe nun hin: Ich will mit deinem Munde sein und dich lehren, was du sagen sollst.“ Die Evangelien berichten uns, daß Jesus, als er die hungrige Menge vor sich sah und nur über wenige Brote und Fische verfügte, keineswegs durch diesen Augenschein materieller Begrenzung davon überzeugt wurde, daß das Gute auch nur im Geringsten mangeln könne. Der Ausdruck des menschlich Gut in der gerade erforderlichen Form — in diesem Fall in reicher Versorgung mit Nahrung — beruhte auf des Meisters bewußter Demonstration von Gottes Allheit.
Der sterbliche Sinn möchte glauben machen, daß die Freude des Menschen, seine Fähigkeiten und Möglichkeiten, seine Intelligenz und sein Wohlergehen durch Geburt und Charakter oder durch wirtschaftliche und physische sogenannte Gesetze begrenzt seien. Doch das ist nicht die Wahrheit vom Sein des Menschen; es anzunehmen würde bedeuten, daß man die Existenz anderer, dem Allmächtigen entgegengesetzter Mächte zugibt, sowie daß Gott nicht Alles und in Natur, Sein und Ausdruck begrenzt ist. Es gibt in Wirklichkeit kein außer Gesetz und keinen anderen Einfluß außer dem, der von Gott kommt, wie die Bibel uns erklärt. Das Sein des Menschen ist keineswegs begrenzt, denn das Leben des Menschen ist Gott. Die Gesundheit oder „Ganzheit“ des Menschen wird durch nichts begrenzt, denn der Mensch besteht ewiglich als das vollkommene Ebenbild seines Schöpfers.
Ist man vielleicht versucht, sich zu beklagen, man habe nicht begrenzt, Intelligenz oder die Zeit und das Geld, um sich die erforderliche Ausbildung zu verschaffen? Glaubt man vielleicht, man sei zu jung oder zu alt oder zu schwach, um eine einträgliche Tätigkeit zu finden; oder man entbehre der Liebe, des Heims oder der Freunde? Damit gäbe man zu, daß Mangel an Gutem herrschen könnte, während doch Gott, das Gute, tatsächlich allüberall ist. In der göttlichen Wissenschaft lernen wir, daß all das Gute, nach dem man überhaupt je verlangen könnte, bereits gegenwärtig ist. Diese Behauptung kann im menschlichen Leben bewiesen werden. Wenn das Gute äußerlich nicht in Erscheinung tritt, so hat das seinen Grund darin, daß im individuellen Denken das Gute nicht klar genug als die Wirklichkeit des Seins erkannt und festgehalten wird.
Mrs. Eddy erklärt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 227): „Bürger der Welt, nehmt die herrliche, Freiheit der Kinder Gottes‘ an und seid frei! Das ist euer göttliches Recht. Nicht das göttliche Gesetz, sondern die Illusion des materiellen Sinnes hat euch gebunden, eure freien Glieder umgarnt, eure Fähigkeiten gelähmt, euern Körper geschwächt und die Tafel eures Seins entstellt.“
Es ist gut, sich darüber klar zu sein, daß es nur die Illusion des begrenzten sterblichen Sinnes ist, die sich zwischen uns und die Erlangung alles dessen zu drängen scheint, was richtig und nötig ist, gleichviel ob es sich um einen neuen Sportrekord handelt, um das Schreiben einer Doktorarbeit, das Gewinnen von Freunden, das Finden einer Stellung oder das Heilen von Krankheit. Die Illusion der Begrenzung wird restlos zerstört im unwiderstehlichen Lichte der unendlichen Wahrheit, die offenbart, daß die rechten Ideen niemals durch den materiellen Sinn begrenzt werden können.
Der Mensch, der die zusammengesetzte Idee Gottes ist, verkörpert alle rechten Eigenschaften. Was Mangel oder Disharmonie zu sein scheint, ist nur eine Annahme von der Abwesenheit Gottes und wird als eine Unkenntnis der Tatsache erkannt, daß Gott, die einzige Ursache und der einzige Schöpfer, ohne jede Begrenzung ist. Der Schüler der Christlichen Wissenschaft lernt, nicht danach zu fragen, ob Gott wohl einen Tisch in der Wüste bereiten kann. Er versteht, daß das Gute allgegenwärtig ist, weil Gott allgegenwärtig ist, und daß das Gute jedem von uns in dem Verhältnis zur Verfügung steht, wie er es beansprucht und demonstriert.
Mrs. Eddy gibt uns einen weiteren Rat in „Miscellaneous Writings“ (Vermischte Schriften, S. 281): „In Zukunft wird euch die Ausübung der Christlichen Wissenschaft nötiger sein als die Theorie. Ihr geht hinaus, einen lebendigen Glauben, ein wahres Verständnis des unendlichen Guten zu bekunden, ein Verständnis, das Gott nicht begrenzt, sondern das dem menschlichen Bewußtsein eine erweiterte Anschauung von der Gottheit bringt.“