Der Mensch, Gottes geistiges Bild und Gleichnis, ist der vollkommene, ewige Ausdruck des Lebens. Jede Idee oder Kundwerdung Gottes ist, der Christlichen Wissenschaft zufolge, ebenso endlos wie Gott. Christus Jesus wurde durch sein Verständnis der geistigen Wahrheiten des Seins befähigt, mächtige Werke zu vollbringen. Sein eigener Sieg über Tod und Grab war ein endgültiger Sieg des Lebens, Gottes.
Von seiner Auferstehung sprechend, erklärt Mary Baker Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 44): „Felsenkantige Wände waren im Wege, und ein großer Stein mußte von dem Zugang der Grabeshöhle hinweggewälzt werden; aber Jesus überwältigte jedes materielle Hindernis, überwand jedes Gesetz der Materie und schritt aus seiner düstern Ruhestätte hervor, gekrönt mit der Herrlichkeit eines erhabenen Erfolges, eines immerwährenden Sieges.“
Durch sein Verständnis von Gott war Jesus imstande, jedes Hemmnis für den wahren Begriff des Seins, jeden sterblichen Glauben an endliches Leben zu überwinden. Er wußte, daß Leben, Gott, oder die Idee des Lebens, der Mensch, durch nichts zerstört werden können. Sein Verständnis von der Allmacht und Allgegenwart Gottes war die Wahrheit, die den Stein hinwegwälzte.
Schon bei einer früheren Gelegenheit hatte der Meister durch die Auferweckung des Lazarus bewiesen, daß das Leben das unbehinderte, kraftspendende Prinzip des Seins ist. Als Jesus zum Grabe kam und die Freunde und Verwandten des Lazarus in ihrer Trauer sah, befahl er (Joh. 11:39): „Hebt den Stein ab.“ Es ist von tiefer Bedeutung, daß Jesus die Umstehenden aufforderte, den Stein zu entfernen. Er selbst war nicht das Opfer der Vorstellung, daß das Leben ausgelöscht werden kann. Er wußte — wie auch die Christliche Wissenschaft lehrt — daß das Leben Gott ist, und daß der Ausdruck des Lebens, der Mensch, die geistige und ewige Idee des göttlichen Lebens ist.
Der Stein, mit dem das sterbliche Gemüt den Weg des ewigen Lebens zu versperren schien, war mental — es war die kalte, harte Annahme, daß das Leben entflohen und alle Hoffnung vergangen war. Er versinnbildlichte ihre Überzeugung, daß Körperlichkeit wirklich war. Das harte Gestein des Irrtums war das Hindernis, das aufgelöst, das durch den Christus, die Wahrheit, überwunden werden mußte.
Jesus ließ sich durch die Annahme von der Wirklichkeit des Todes nicht täuschen. Nur die Trauernden fielen dieser Annahme zum Opfer. Jesus bezwang mit seiner Behandlung den falschen Anspruch, daß das Dasein von flüchtiger Dauer sei. Er machte die irrige Schlußfolgerung, daß das Leben zu Ende sei, zunichte. Mit der Gewißheit dessen, der die absolute Macht der göttlichen Wissenschaft, jedes Bedürfnis zu befriedigen, versteht, rief Jesus Lazarus aus dem Grabe hervor, und dieser gehorchte.
„Löset ihn auf und lasset ihn gehen,“ gebot Jesus (Joh. 11:44). Wiederum war es nicht Jesus, der vortrat und die Grabtücher entfernte. Er wandte sich an die Ungläubigkeit der Umherstehenden. Sie mußten den Menschen sehen, wie Gott ihn kennt — geistig, frei und von keinen materiellen Annahmen gefesselt.
Es gäbe keine Sünde, keine Krankheit und keinen Tod, wenn die falsche Vorstellung nicht gehegt würde, daß Leben, Substanz und Intelligenz materiell seien. In dem Maße, in dem diese Wahrheit angenommen und verstanden wird, wird das scheinbare Hindernis auf dem Wege der Befreiung der Menschheit von Krankheit und Disharmonie durch den Christus, die Wahrheit, hinweggewälzt. Mitunter ist Furcht das Hindernis für Gesundheit und Harmonie, manchmal Kummer oder Gram und gelegentlich Groll oder Haß. Doch ist es stets ein sterblicher Begriff von Leben und Substanz in der Materie, der eine Schranke zur Befreiung bildet. Die göttliche Liebe ist das Gegenmittel für Furcht, Haß und Groll. Das ewige Leben ist die gegenteilige Tatsache, die Kummer und Tod auslöscht. Geist ist der Sieger über die Materie. Kein Gesetz Gottes unterstützt die Materie oder den Irrtum. Gott, der Geist, erhält sich selbst und Seine geistige Idee in vollkommener Harmonie. Jesu Demonstration von der Allmacht des Geistes vernichtete die scheinbare Wirklichkeit der Materie, der Sünde, der Krankheit und des Todes.
Die Mitglieder eines Haushaltes mögen, genau so wie die um Lazarus Trauernden, versucht sein, die Annahme als wahr anzunehmen, daß einer ihrer Angehörigen sündig oder krank ist, oder daß er sterben müßte. Aber der Mensch, Gottes Ebenbild, ist niemals unter der Knechtschaft des Irrtums. Er ist ein Freigeborener. Der Stein der irrigen Annahme, der der Demonstration der Befreiung im Wege steht, muß von dem Christus, der Macht Gottes, des Geistes, hinweggewälzt werden. Dies geschieht nicht dadurch, daß man verdrießlich wird über das Gewicht des Steins oder den Mangel an Kraft, um ihn zu bewegen. „Hebt den Stein ab“ ist ein Gebot, dem man gehorchen kann und muß. Der Heiligen Schrift zufolge hob ein Engel den Stein von der Öffnung der Gruft, in der der Körper Jesu gelegen hatte. Das Verständnis der geistigen Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft offenbart, daß es in Wirklichkeit keinen Stein, kein Hindernis, kein Hemmnis, keine Gefangenschaft gibt. Man wird zu dem Verständnis erwachen, daß der Christus den falschen Begriff von Behinderung aus dem menschlichen Bewußtsein entfernt und den wirklichen Menschen offenbart hat, der rein und vollkommen, lebendig und frei im Geiste besteht.
Die Christliche Wissenschaft macht es klar, daß alles, was wirklich existiert, Gott und Seine unsterblichen Ideen sind. Gottes Ideen weilen nicht in einem Bereich, wo der sterbliche Irrtum sie einkerkern kann. In der göttlichen Wissenschaft hat der Mensch sein Dasein im Geist und ist daher frei. Es gibt keine Materie im Menschen. Er ist nicht durch felsenkantige Wände eingeengt. Der Mensch ist unsterblich, und diese Tatsache muß verstanden und angewandt werden, wann immer die Annahme einen gegenteiligen Anspruch erhebt.
„Die göttliche Wissenschaft“, schreibt Mrs. Eddy (Wissenschaft und Gesundheit, S. 557), „vertreibt die Wolken des Irrtums mit dem Licht der Wahrheit, lüftet den Vorhang und zeigt, daß der Mensch nie geboren wird, niemals stirbt, sondern mit seinem Schöpfer zugleich besteht.“ Wenn wir in der göttlichen Wissenschaft darum beten, daß der Christus, die Wahrheit, in unserem Herzen regieren möge, so verlieren wir das Bewußtsein der sterblichen Existenz und entwickeln einen klaren Begriff von Gott, dem Guten, und Seiner Kundwerdung, vom göttlichen Leben und der Harmonie als der einzig wirklichen Tatsache des Seins. Dieser Wandel im Denken vom Materiellen zum Geistigen bedeutet das Entfernen des Steins falschen Denkens. Wenn der sterbliche Irrtum hinweggewälzt ist, so erwacht man zu der Erkenntnis seines vollkommenen, unsterblichen Zusammenbestehens mit Gott.
