Freude ist eine allgemein begehrte Eigenschaft; das kann von niemand bestritten werden. Lediglich die Art, wie man sie erlangt, steht zur Erörterung. Die Christlichen Wissenschafter werden im allgemeinen als freudige Menschen bezeichnet; und es wird gewöhnlich zugegeben, daß ihre Religion die Grundlage ihrer Freudigkeit sein muß, ein Urteil, dem sie selbst rückhaltlos zustimmen.
Doch selbst Christliche Wissenschafter hört man zuweilen sagen: „Ach, wenn ich nur die Freude und Inspiration wiederfinden könnte, die ich zu Anfang meines Studiums der Christlichen Wissenschaft hatte. Meine Probleme scheinen mich jetzt meiner Freudigkeit zu berauben.“ Ist das nicht ein Zugeständnis, daß die Probleme im Denken gewaltiger erscheinen, als die Freude, die zur Lösung dieser Probleme erforderlich ist? Doch gewiß braucht die Freude — eine geistige Eigenschaft Gottes — nicht durch die vorübergehenden menschlichen Probleme verdrängt oder überschattet zu werden. Ein Mathematiker würde nicht darüber klagen, daß er Probleme zu lösen hat. Er ist sich bewußt, daß er die Wissenschaft der Zahlen besitzt, auf Grund deren er die Probleme löst und Freude und Befriedigung in diesem Tun findet.
In gleicher Weise sollten auch die Christlichen Wissenschafter viel Freude dadurch ernten, daß sie die Probleme, die an die Menschen herantreten, behandeln und lösen. Wie groß auch immer ein Problem erscheinen mag, es braucht uns nicht der Freude zu berauben, das, was wir von der göttlichen Wahrheit verstehen, auf die gegenwärtige Lage anzuwenden. Unsere Bemühungen, Irrtum jeglicher Art zu überwinden, sollte keine mühselige, niederdrückende Angelegenheit sein, vielmehr ein freudiger geistiger Kampf. Christus Jesus sagte (Joh. 8:31, 32): „So ihr bleiben werdet an meiner Rede, so seid ihr meine rechten Jünger und werdet die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit wird euch frei machen.“
Manch hilfreiche Lektion kann aus der Erfahrung des David gelernt werden; aus seinem Kampf mit Goliath, wie er im siebzehnten Kapitel des ersten Buches Samuel geschildert wird.
Wie wir wissen, hatte David die Schafe, die er hütete, zurückgelassen und war auf seines Vaters Geheiß zum Heer des Königs Saul gegangen, um seinen drei älteren Brüdern und deren Hauptmann Speise zu bringen. Während David mit seinen Brüdern redete, trat der Riese Goliath aus dem gegenüberliegenden Lager der Philister heraus, wie er es vierzig Tage lang jeden Tag zweimal getan hatte, um die Krieger aus König Sauls Heer zum Kampf herauszufordern. Bei seinem Anblick fürchteten sich die Streiter Israels sehr, durch Goliaths Größe und schwere Rüstung in Angst und Schrecken versetzt.
Zwar mögen im Heer Israels auch andere gewesen sein, die ebenso erfolgreich wie David gegen Goliath gekämpft haben könnten, aber wir haben keinen Bericht, daß irgendeiner von ihnen es versuchte. Ihre Furcht verhinderte selbst den Versuch, dem anmaßenden Riesen Widerstand zu leisten. Nur David war furchtlos, weil er freudig auf Gott vertraute. Daher fand er es auch nicht schwer, die Herausforderung des Philisters anzunehmen. Brauchen wir als Christliche Wissenschafter, die etwas von der Allmacht und liebenden Fürsorge eines immer gegenwärtigen Gottes verstehen, uns je zu fürchten, dem Irrtum entgegenzutreten und ihn zu zerstören, oder ist es je nötig, dabei unsere Freude einzubüßen? Nicht, wenn wir uns, wie der treue David, für unsern Erfolg auf Gott verlassen.
Davids Antwort auf Goliaths Versuche, die Israeliten einzuschüchtern, war interessant. „Was wird man dem tun“, fragte er, „der diesen Philister schlägt und die Schande von Israel wendet?“ David mag das zugrunde liegende Übel der Furcht und Schwäche erkannt haben, das das Denken der Israeliten verdunkelte. Wenn dem so war, dann muß es sein großes Sehnen gewesen sein, zu beweisen, daß es für alle, die auf Gott vertrauen, nicht nötig ist, sich vom Bösen täuschen zu lassen. Es ist gewiß ein Zeichen wahrer Selbstachtung, wenn wir auf der Würde unserer geistigen Selbstheit bestehen und uns weigern, die Beleidigungen des Irrtums unzerstört dahingehen zu lassen. Das ist die Art und Weise, wie wir „die Schande von Israel“ abwenden.
David versicherte Saul, daß der Philister nicht siegen würde, da er „das Heer des lebendigen Gottes“ geschändet hatte. Wie wahr ist es, daß jedes Unrecht von Anfang an zu Mißerfolg verurteilt ist, weil es die Macht der Allmacht selbst herausfordert. David lehnte die Verteidigungsmittel ab, die sich ihm noch nicht als gut erwiesen hatten, und erwählte fünf glatte Steine für seine Schleuder und machte sich auf, ausgerüstet mit dem Bewußtsein von Gottes Schutz. Es ist bemerkenswert, daß David, obwohl die Ereignisse bewiesen, daß ein einziger Stein zur Erringung des Sieges genügte, doch vorbereitet war, wenn nötig, auch mehr als einen zu benutzen. Das kann als eine Mahnung gedeutet werden, daß, falls unsere ersten Bemühungen gegen eine besondere Form des Irrtums nicht genügen, wir nicht zögern sollten, es immer und immer wieder zu versuchen, bis der Sieg errungen ist.
Goliath betrachtete David mit ausgesprochener Verachtung. Hier war ein junges Bürschchen, ohne Rüstung, mit einer einfachen Hirtenschleuder als einzigen Waffe, das hervorgetreten war, um es mit dem größten Kämpen im Heer der Philister aufzunehmen. Goliath verfluchte David und prahlte, daß er ihn töten würde. David blieb ruhig. Er besaß die Kühnheit der Wahrheit. Er kehrte die prahlerischen Drohungen des Goliath um und richtete sie gegen deren Verkünder. „Daß alle diese Gemeinde innewerde“, rief er, „daß der Herr nicht durch Schwert noch Spieß hilft; denn der Streit ist des Herrn, und er wird euch geben in unsre Hände.“
Was für eine herrliche Erkenntnis! „Der Streit ist des Herrn.“ Wieviele Stunden der Angst und des Leidens können uns erspart bleiben, wenn wir diese wundervolle Wahrheit erkennen. Die Verantwortung liegt nicht bei uns, noch die Bestimmung des Ergebnisses. In jeder Prüfung, in jedem Kampf gegen den Irrtum: — „der Streit ist des Herrn!“ Mit dieser Zusicherung können wir vorangehen in ungetrübter, freudiger Erwartung.
Da nun Goliath sich David, seinem vermeintlichen Opfer, nahte, „eilte David und lief auf das Heer zu, dem Philister entgegen.“ Wir dürfen annehmen, daß Davids Herz von Freude und Gewißheit erfüllt war, als er eilte, die Macht Gottes zu beweisen. Eilen wir unseren Problemen entgegen in der frohen Gewißheit, daß uns von Anfang an der Sieg der Wahrheit sicher ist? Eine solche Haltung würde mehr zur Lösung unserer Probleme beitragen, als alles noch so grimmige, mühselige Kämpfen.
Und nun standen sich die beiden Gegner gegenüber. Goliath, mit seinem langen Spieß und der schweren Rüstung, muß sich für unüberwindlich gehalten haben. Und doch war er nicht unbesiegbar, trotz seiner schweren Rüstung. Sein Helm ließ eine besonders verwundbare Stelle unbedeckt und gerade da traf Davids Stein den Riesen und brachte ihn zu Falle.
Hierin liegt ein hilfreicher Gedanke für den christlichen Metaphysiker. Die am leichtesten verwundbare Stelle des Irrtums, jedes Irrtums, wie auch immer er sich nennen mag, ist seine Unwahrheit, seine Falschheit, seine Unwirklichkeit. Der Christliche Wissenschafter, der eine klare Erkenntnis von der Allheit Gottes, der Wahrheit, hat, sollte in seine Behandlung die Unwirklichkeit jedes Irrtums aufnehmen und dieser Irrtum muß weichen. Mary Baker Eddy, unsere Führerin, sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 367): „Weil Wahrheit unendlich ist, sollte der Irrtum als nichts erkannt werden. Weil Wahrheit allmächtig in Güte ist, hat der Irrtum, das Gegenteil der Wahrheit, keine Macht. Das Böse ist nur das Gegengewicht des Nichts.“
So siegte David über Goliath. Die scheinbare Macht der Materialität stürzte vor dem festen Vertrauen auf Gott zusammen. In gleicher Weise wird unser Kampf gegen den Irrtum siegreich sein, wenn wir furchtlos, vertrauensvoll und hoffnungsfreudig bleiben. Mrs. Eddy erklärt in „Vermischte Schriften“ (S. 105): „Die Christliche Wissenschaft ist siegreich in alle Ewigkeit; die allgegenwärtige Wahrheit kennt kein Unterliegen.“ Die Probleme, die uns entgegentreten, bieten herrliche Gelegenheiten, die Überlegenheit der geistigen Wahrheit über die materielle Annahme zu beweisen. Die Herausforderung ist inspirierend, der Kampf stärkend und belebend; das Ergebnis ist gewiß. Laßt uns eilen, jedes Problem mit einem freudigen Siegesgesang im Herzen zu lösen, denn das Ergebnis ist uns von Anfang an sicher. „Der Streit ist des Herrn.“