In der Nacht des Verrats begab sich Jesus im Garten Gethsemane völlig in Gottes Obhut, und dadurch wurde er befähigt, die Feuerprobe, die die Erfahrung der Kreuzigung für ihn bedeutete, zu bestehen, damit die Menschheit durch sein Beispiel gesegnet würde.
Diejenigen, die nach der Kreuzigung an Jesu vorbeigingen, darunter die Hohenpriester, sowie auch die Schriftgelehrten und Ältesten, verspotteten und lästerten ihn. Sie sagten (Matth. 27:42): „Andern hat er geholfen, und kann sich selber nicht helfen“, sowie auch: „Er hat Gott vertraut; der erlöse ihn nun, hat er Lust zu ihm; denn er hat gesagt: Ich bin Gottes Sohn.“
In eben diesem Augenblick war Jesus im Begriff, sich selber zu erlösen. Er bewies seine göttliche Sohnschaft und wurde dadurch der Wegweiser für alle Menschen; und er segnete selbst diejenigen, die ihn verfolgten, denn er bat Gott, ihnen ihre Unwissenheit zu vergeben. In bezug auf die Erfahrung der Kreuzigung, sagt Mary Baker Eddy in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 124): „Der letzte Akt der Tragödie auf Golgatha zerriß den Vorhang der Materie und enthüllte den Sterblichen das große Vermächtnis der Liebe: Liebe, die ihren Feinden vergibt. Dieser große Akt krönte das Christentum und krönt es noch jetzt: er befreit die Sterblichen; er erläutert die Liebe; er macht das Leiden sinnvoll, gibt der Geduld Erfahrung, der Erfahrung Hoffnung, der Hoffnung Glauben, dem Glauben Verständnis, und dem Verständnis siegreiche Liebe.“
Diese Lehre von der Demonstration des erhabenen Triumphs von Liebe und Leben über Haß und Tod, ist die Lektion der Osterbotschaft. Dieser Beweis des Wegweisers fordert jeden einzelnen von uns auf, die Annahme vom Leben in der Materie aufzugeben, und sich durch den sich entfaltenden geistigen Sinn und die selbstlose Liebe zu der Demonstration des wahren Geburtsrechtes des Menschen zu erheben, als des Sohnes Gottes, der mit dem Geist zugleich besteht und gleich ewig mit ihm ist.
Wenn der Beweis der Christlichen Wissenschaft durch gelegentliche Fehlschläge in Frage gestellt wird, so zeigt das die Hinterlist des sterblichen Gemüts an, welches den Menschen in Versuchung führt, sich von dem festen und unerschütterlichen Vertrauen auf Gott abzuwenden und dem Zeugnis der materiellen Sinne Gehör zu schenken. Jesu ergreifendes Gebet im Garten Gethsemane war, daß der Kelch des Leidens für die Sünden anderer von ihm genommen werden möge. Doch betete er auch (Matth. 26:42): „Mein Vater, ist's nicht möglich, daß dieser Kelch von mir gehe, ich trinke ihn denn, so geschehe dein Wille.“
Der Christliche Wissenschafter bemißt seinen Fortschritt nicht am Erfolg oder Mißerfolg anderer, sondern er hält fest an den Gesetzen der Wahrheit. Dadurch, daß er bei dem Wort der Wahrheit beharrt, stärkt er sein Vertrauen auf die Allmacht und Allgegenwart Gottes, des Geistes, und die Allheit des Guten.
Da der Wissenschafter die ewige Vollkommenheit Gottes und des Menschen und ihre unzerstörbare Beziehung zueinander als Gemüt und Idee versteht, verwirft er beständig die falsche Annahme vom Leben in der Materie. Sollte er vorübergehend versucht sein, wie Jesus am Kreuz zu sagen (Matth. 27:46): „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ wird er sich ebenso wie Jesus über die Annahme von Trennung vom ewigen Leben, erheben und die Worte des Wegweisers wiederholen (Luk. 23:46): „Vater, ich befehle meinen Geist in deine Hände.“ Somit begibt er sich unter die Obhut des Allerhöchsten, in das ewige, unzerstörbare Leben, wo nichts Böses ihn berühren kann.
Jesus sagte, mit Bezug auf den Christus, die heilende und erlösende Macht Gottes, die er veranschaulichte (Joh. 11:25, 26): „Ich bin die Auferstehung und das Leben. Wer an mich glaubet, der wird leben, ob er gleich stürbe; und wer da lebet und glaubet an mich, der wird nimmermehr sterben.“
Nehmen wir wirklich diese Worte Jesu an? Beachtet, daß er wünschte, daß wir sowohl in ihm leben, als auch an ihn glauben sollten; das heißt, wir sollen den Christus, die Wahrheit, die er Schritt für Schritt bewies, annehmen, und auch beständig darin wandeln.
Jeder Christliche Wissenschafter sollte sich täglich fragen: Folge ich Jesu Beispiel in allen seinen Wegen, oder habe ich noch einigen Vorbehalt? Tue ich in diesem Augenblick alles, was ich kann, um meinen geistigen Fortschritt zu fördern, oder warte ich auf eine gelegenere Zeit, um Liebe auszudrücken, den Augenschein der materiellen Sinne zurückzuweisen und dem göttlichen Willen völlig gehorsam zu sein? Schaue ich hinweg von der Materialität, und lasse ich die toten Begriffe der Vergangenheit sich selbst begraben? Widme ich mein Denken der Demonstration des erstandenen Christus, des wahren Menschentums, des von den lebendigen Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft durchdrungenen Denkens?
Nehmt zum Beispiel das Thema der Trauer, sei es Trauer über das Hinscheiden eines geliebten Wesens oder über die Erinnerung eines Erlebnisses der Vergangenheit — selbst begangenes oder erduldetes Unrecht. Jesus empfahl seinen Nachfolgern, bei ihrer Wanderung von den Sinnen zur Seele das Gepäck überwundener Annahmen von Leben in der Materie nicht mit sich zu schleppen. An die Erfahrung des Lot und seiner Familie, als sie aus Sodom flohen, erinnernd, wies der Meister seine Nachfolger auf Lots Weib hin, das auf die Vergangenheit zurückblickte und in eine Salzsäule verwandelt wurde.
In einer Einweihungsbotschaft an eine Zweigkirche in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 191) schrieb Mrs. Eddy: „Dieser freudige Ostermorgen ist Zeuge von einem erstandenen Erlöser, einem höheren menschlichen Begriff von Leben und Liebe, der alle Tränen wegwischt.“ Und weiter unten fährt sie fort: „Der düstere Schleier der Sterblichkeit ist durchdrungen worden. Der Stein ist weggewälzt. Der Tod hat seinen Stachel verloren und das Grab seinen Sieg. Unsterblicher Mut erfüllt die menschliche Brust und erhellt den lebendigen Weg des Lebens.“
In Dankbarkeit für unseres Wegweisers krönenden Sieg des Lebens über den Tod, der Liebe über den Haß, des Geistes über die Materie, laßt uns unsere Gedanken zum Erstandenen Erlöser erheben, der Gegenwart des Christus, der Wahrheit, in unserer Mitte. Und laßt uns den Entschluß fassen, ihre Macht zu beweisen, alles Böse zu überwinden und allen Bedarf der Menschheit zu decken.
