„Nimm der Bibel die geistige Bedeutung, und diese Sammlung von Schriften vermag für die Sterblichen ebensowenig zu tun, wie Mondstrahlen einen vereisten Fluß zu schmelzen vermögen.“ So schreibt Mrs. Eddy in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 241). Und auf Seite 320 zitiert sie aus Smiths Bibelkommentar folgendes: „Die geistige Auslegung der Heiligen Schrift muß auf buchstäblicher, wie auf moralischer Auslegung beruhen.“ Ohne die buchstäbliche Bedeutung würde der hebräische Dekalog seinen Platz als größtes moralisches Gesetzbuch der Menschheit verlieren. Und ohne ein moralisches Gesetz hätte die Geistigkeit keine Grundlage, denn Vergeistigung kann nur in einem Bewußtsein gedeihen, das ehrlich und gut ist. Daher ist es wichtig, daß die Sonntagsschüler gründlich in der wörtlichen sowie auch in der geistigen Bedeutung der Zehn Gebote unterwiesen werden.
Bei verschiedenen der Gebote scheint zu Zeiten die Neigung zu bestehen, die wörtliche Bedeutung als unwichtig anzusehen. Dies ist der Fall bei dem vierten Gebot, das folgendermaßen beginnt (2. Mose 20:8): „Gedenke des Sabbattags, daß du ihn heiligest.“ Gelegentlich finden wir ein Kind, das schlagfertig erklärt, der Sonntag unterscheide sich nicht von einem anderen Tage, da in der Wissenschaft jeder Tag ein Sabbattag sei, und so unterschätzt das Kind den Wert des Sonntags, wie er im Christentum begangen wird.
Das Kind sollte lernen, daß im menschlichen Leben der Sonntag nicht einfach wie jeder andere Tag ist. Denn er ist ein Tag, der besonders dazu bestimmt ist, den Menschen Gelegenheit zu bieten, ihr Denken zu verchristlichen und zu vergeistigen, so daß ein jeder Tag dem idealen Sabbattage näherkommen möge, der geistig gesehen gleichbedeutend ist mit der vollen Erkenntnis der Harmonie, wie sie in dem Bibelbericht vom siebenten Schöpfungstag versinnbildlicht wird.
Selbstverständlich ist es nicht die Aufgabe des Lehrers, den Schülern zu sagen, was sie am Sonntag tun oder nicht tun dürfen. Ein jeder Christlicher Wissenschafter muß das für sich selbst entscheiden. Aber jeder Sonntagsschüler sollte klar verstehen, daß die Christliche Wissenschaft für das Innehalten eines Sabbattages eintritt.
Das fünfte Gebot, das mit den Worten beginnt (Vers 12): „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“, sollte ebenfalls hinsichtlich seiner wörtlichen Bedeutung ernsthaft in Betracht gezogen werden. Wenn Kinder gefragt werden, was ihnen dieses Gebot bedeutet, sind sie häufig geneigt, eine Erklärung über des Menschen Beziehung zu Gott zu geben und über die Ehre, die Ihm als Vater-Mutter gebührt, ohne der Ehre zu gedenken, die sie ihren menschlichen Eltern schulden. Und wörtlich betrachtet, wird dieses Gebot manchmal so gelehrt, als wäre es nur ein Befehl an die Kinder, ihren Eltern zu gehorchen. Jesus jedoch, als er von einem gewissen Erwachsenen gefragt wurde, was er tun solle, um das ewige Leben zu ererben, schloß in seine Antwort des Befolgen sowohl dieses Gebotes wie auch anderer Gebote ein. (Siehe Mark. 10:19.)
Die Frage mag gestellt werden: „Wie kann jemand, sei es ein Kind oder ein Erwachsener, seine Eltern ehren, die sich falschen Handlungen hingeben und möglicherweise von ihrem Kinde erwarten, dasselbe zu tun?“ Hier mag darauf hingewiesen werden, daß die höchste Ehre, die jemand seinen Eltern erweisen kann, darin besteht, sie als Ideen Gottes zu betrachten, das heißt, sie als Widerspiegelungen des göttlichen Prinzips zu erkennen, frei von jeglichem Makel des Irrtums. Im Verhältnis, wie dies geschieht, kann das Kind den Eltern helfen und zur gleichen Zeit sich selbst von elterlichem Druck frei machen. Nicht selten ist auf diese Weise ein Mißverständnis zwischen Eltern und Kind behoben worden.
Jemand, der seinem Vater und seiner Mutter gegenüber ein rechtes Pflichtgefühl besitzt, blickt nicht vorwurfsvoll zurück auf die Versäumnisse seiner Eltern mit Bezug auf seine Erziehung. Auch ist er frei von irgendwelchen irrigen Vorstellungen von Vererbung, denn er erkennt Gott als Vater und Mutter sowohl der Eltern wie auch des Kindes. Das Ergebnis dieser Erkenntnis wird ein besserer Begriff vom ewigen Leben sein, wie es in dem Gebot angedeutet wird.
Ebenso sollten alle Kinder in der vollen Bedeutung des achten Gebotes unterwiesen werden (Vers 15): „Du sollst nicht stehlen.“ Viele Lehrer sind darauf bedacht, den Kindern verständlich zu machen, daß man niemanden seiner mentalen oder moralischen Rechte berauben darf. Dies ist zwar wichtig. Doch Kinder sollten auch lernen, auf der Hut zu sein vor der Versuchung, jemanden Geldes oder anderer Gegenstände zu berauben, seien diese nun von geringem oder großem Wert. Leider geben manche Erwachsene, die sich selbst für ehrlich halten, ihren Kindern kein Beispiel unbedingter Redlichkeit. Zum Beispiel ein Unterlassen, Autobusfahrgeld zu bezahlen oder einen Irrtum beim Empfang von Wechselgeld zu melden, sowie das Benutzen von Schreibwaren, Briefmarken oder anderen Artikeln, die unserem Arbeitgeber angehören, lassen manche Menschen zu, ohne Gewissensbisse zu empfinden.
Sonntagsschüler begegnen manchmal zu Beginn ihrer Berufserfahrungen Unehrlichkeiten dieser Art von Seiten anderer Angestellter. Und sie bedürfen einer gründlichen Vorbereitung, um sich gegen solche Versuchungen zu verteidigen. Die Schüler sollten auch verstehen lernen, daß Unehrlichkeit in irgendeinem Geldgeschäft, wie gering es auch sein mag, ebenso sicher eine Verletzung des göttlichen Prinzips in sich schließt wie ein Diebstahl größerer Belange. Sie sollten gründlich in der Wahrheit der folgenden Worte unserer Führerin unterrichtet werden (Wissenschaft und Gesundheit, S. 453): „Ehrlichkeit ist geistige Kraft. Unehrlichkeit ist menschliche Schwachheit, welche die göttliche Hilfe verwirkt.“ Ein Kind, das ein festbegründetes Verständnis besitzt von der Kraft, die der Ehrlichkeit, und der Schwäche, die der Unehrlichkeit innewohnt, und das erkennt, welcher Verlust damit verbunden ist, Versuchungen der Unehrlichkeit zu erliegen, wird solche Versuchungen zu stehlen nicht leicht nehmen.