In diesem Zeitalter, das sowohl in der Nachrichtenübermittlung als auch im Denken zur Vermassung neigt, gibt es wenige Dinge, die so notwendig sind, wie das Verständnis, daß die Identität etwas deutlich Ausgeprägtes und Fortbestehendes ist. Wie gerne möchte doch das sterbliche Gemüt die Identität verwischen, auslöschen, vertilgen! Warum? Weil das Erscheinen der wahren Identität des Menschen in dem Ebenbilde Gottes das Ende der sterblichen Selbstheit bedeutet, die der einzige Zeuge alles Irrigen und Unwirklichen ist.
Doch die wahre geistige Wesenheit kann niemals ausgelöscht werden. Sie wird von dem göttlichen Gesetz erhalten, und ein jeglicher Versuch, sie zu zerstören, ist von vorneherein zum Mißlingen verurteilt. Gottes Gesetz von dem Fortbestand der Identität darf nicht mißachtet werden. Mary Baker Eddy sagt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 70): „Das göttliche Gemüt erhält alle Identitäten klar erkennbar und ewig, vom Grashalm an bis zum Stern.“ Das, was Gott verordnet, muß das Vorbild für das Ideal der Menschheit sein.
Welch interessante Erfahrung bedeutet es doch für uns, nach unserer wahren geistigen Identität zu forschen und die Selbstheit ans Licht zu bringen, die Gott, das göttliche Gemüt, als ihren Urquell widerspiegelt, und die fortfährt, das Ideal des göttlichen Gemüts immerdar zur Entfaltung zu bringen. In diesem Erlebnis lernen wir, die materiellen Annahmen abzulegen, die uns unserer Identität berauben und sie in einem Meer von allgemein verbreiteten und allgemein angenommenen Irrtümern ertränken möchten.
Christus Jesus lehrte (Joh. 14:2): „In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen", und dies besagt, daß im Reich des Geistes, dem Himmelreich, jede Identität ihren besonderen unsterblichen Platz einnimmt. Durch die Christliche Wissenschaft lernen wir, daß es im göttlichen Daseinszustand keine Materie gibt, denn Geist und Materie stehen in direktem Gegensatz zueinander. Die Materie stellt eine begrenzte Art des Denkens dar und hat keinen Raum in dem unendlichen Geist, der seine Schöpfungen in ihrer unbegrenzten Geistigkeit identifiziert.
Der allgemein verbreitete Glaube an die Materie, der von den einzelnen Menschen angenommen wird, erzeugt ein Massendenken, in welchem die Identität sich nicht mehr deutlich abzeichnet. Aber wenn ein Mensch sich dessen bewußt wird, daß er gar nichts gemein hat mit den körperlichen Sinnen, die alle Dinge nur materiell sehen, wenn er es lernt, seine wahre, geistige Wesensart, die Gottes Willen entfaltet, lieb und wert zu halten, dann wird seine Identität klar und deutlich zum Vorschein kommen. Der Menschen, die im Laufe der Geschichte die höchste Auffassung vom Guten zum Ausdruck brachten, gedenkt man immer noch mit Liebe und Hochachtung jahrhundertelang, nachdem ihre materiellen Körper von der Erde verschwunden sind.
Weder das Gute noch das Böse kann die Identität zerstören. Mrs. Eddy spricht in „Wissenschaft und Gesundheit“ von der Notwendigkeit, das geistige Dasein zu erfassen, und sie sagt (S. 265): „Diese wissenschaftliche Auffassung vom Sein, welche die Materie für Geist aufgibt, deutet keineswegs darauf hin, daß der Mensch in der Gottheit aufgeht und seine Identität einbüßt, sondern diese Auffassung verleiht dem Menschen eine erweiterte Individualität, eine umfangreichere Sphäre des Gedankens und der Tätigkeit, eine umfassendere Liebe, einen höheren und dauernderen Frieden.“
Durch die Auferweckung des Lazarus und anderer Menschen vom Tode bewies der Meister die Fortdauer und Todlosigkeit der Identität. Durch das Heilen der Kranken und Sündigen bewies er die Gesundheit und Reinheit der Identität. Tatsächlich bedeutete jede Heilung, die Christus Jesus bewirkte, in gewissem Grade eine Wiedererstattung der Identität, die niemals verlorengehen kann. Jede Besserung des Charakters und der Gesundheit, die durch das Verständnis vom wirklichen Menschen zustande kommt, ist ein Beweis für das Erscheinen der geistigen Identität, die durch die Illusion des materiellen Denkens hindurchscheint.
Wir müssen uns vergegenwärtigen, daß unsre Identität fortwährend vom göttlichen Gemüt ausgeht. Sie legt tatsächlich Zeugnis ab für das Gemüt, denn durch Widerspiegelung schließt sie alle im Gemüt vorhandenen Ideen in sich. Gott entwirft jede Identität.und veranlaßt sie, Ihn auf eine klar erkennbare und individuelle Art und Weise zum Ausdruck zu bringen. Wir müssen einsehen, daß unser wirkliches Erleben der subjektive Zustand unserer geistigen Wesenheit — unsres Bewußtseins — ist, und nicht etwas, was außerhalb derselben vorgeht. Unsere Identität verkörpert all das, was wir jemals wirklich wissen oder tun werden: unser Erleben, unser Wirken, unsre Versorgung, unsere Freundschaften, unsre Fähigkeiten und Gaben. Christus Jesus sagte (Luk. 17:21): „Das Reich Gottes ist inwendig in euch", und wies damit auf den subjektiven Zustand des individuellen Seins hin.
Wenn jemand das Empfinden hat, daß sein Leben irgendwie des Guten ermangelt, so sollte er sich abwenden von der materiellen Persönlichkeit — der Fälschung der Identität — und er sollte mittels des geistigen Sinnes nach dem Guten forschen, das seiner wirklichen Wesenheit innewohnt. Falls die Sünde Anspruch darauf erhebt, einen Menschen in ihrem Bann zu halten, so sollte er den Charakter vor Augen haben, der ihm von Gott verliehen wurde, und erkennen, daß dieser in seiner wirklichen Identität bereits vorhanden ist; dann wird der Irrtum verschwinden, den der menschliche Wille ihm auferlegt hat.
Sollte jemand eine unbefriedigende Beschäftigung ausüben, so kann er die Tauglichkeit und Vollkommenheit seines Wirkens dankbar anerkennen, wie dieses Wirken in seiner wahren Identität zum Ausdruck kommt; und dann werden sich ihm günstige Gelegenheiten auftun, die seinen menschlichen Fähigkeiten im Augenblick am besten entsprechen. Wenn wir das Empfinden haben, daß uns Kameradschaft nottut, wird uns die Erkenntnis, daß wir als Gottes Widerspiegelung vollständig und ganz sind, die Kameradschaft bringen, die wir im gegenwärtigen Augenblick brauchen. Sollten wir uns unfähig und arm fühlen, dann können wir stets die Fähigkeiten und den reichlichen Lohn dankbar anerkennen, die immerdar einen Teil unserer wahren Wesenheit ausmachen; und alsdann wird unsre Annahme von Begrenzung unausbleiblich weichen.
In „Wissenschaft und Gesundheit“ lesen wir (S. 333): „Der eine Geist schließt alle Identitäten in sich.“ Wir müssen im Geist nicht in der Materie, unsre klar erkennbare und fortdauernde Identität suchen, die das Gute offenbart, das Gott ist. Das große Erlebnis jedes einzelnen von uns ist es, seine wahre Identität zu finden und sie in all ihrer Vollkommenheit zum Wohle der Menschheit sowie auch zur eigenen Erlösung zu bekunden. Das ist es, was der Meister tat, und jeder einzelne von uns hat die Aufgabe, seinem Beispiel zu folgen.
