Im allgemeinen Wortgebrauch bezeichnet „Masse“ eine Anhäufung, in der die Individualität verlorengeht, und „Sauerteig“ eine Substanz, die, wenn sie einer Masse hinzugefügt wird, eine Gärung erzeugt und sie mit einem umwandelnden Einfluß durchdringt.
In der Vergangenheit war ein charakteristisches Merkmal für die große Masse des menschlichen Denkens eine gewisse geistige Trägheit, die das Ergebnis der kritiklosen Zustimmung des menschlichen Denkens zur Materialität und Sterblichkeit als den grundlegenden Tatsachen des Lebens und der Wirklichkeit war. Schon wenige Jahrhunderte nach der Gründung des Christentums ging die volle Bedeutung der Lehren und Werke Christi Jesu allmählich verloren in der immer mehr abnehmenden Geistigkeit jenes Zeitabschnitts. Das Forschen nach den Dingen des Geistes beschränkte sich überwiegend auf vereinzelte religiös gesinnte Menschen, deren Mut und Hingabe an die Wahrheit nur gewissen begrenzten Teilen der Menschheit einen bestimmten Grad an geistigem Fortschritt brachte. Und doch diente ihr Werk dazu, den Menschen ihr Bedürfnis nach geistigem Wachstum vor Augen zu halten.
In auffallendem Gegensatz zu diesem offensichtlichen geistigen Stillstand der großen Masse der Menschen stand die Erklärung Christi Jesu (Mark. 13:31): „Himmel und Erde werden vergehen; meine Worte aber werden nicht vergehen“, womit er andeutete, daß seine Lehren, die das Himmelreich auf Erden erklären und offenbaren, im Laufe der Zeit die ganze Masse des menschlichen Denkens unumgänglich mit dem Sauerteig der Wahrheit durchsetzen und es so umwandeln würden. Sagte er nicht: „Das Himmelreich ist einem Sauerteig gleich, den ein Weib nahm und vermengte ihm unter drei Scheffel Mehl, bis daß es ganz durchsäuert war“? (Matth. 13:33.)
Der Sauerteig, der heutzutage alle Phasen des menschlichen Denkens — des wissenschaftlichen, theologischen und medizinischen Denkens — mit dem umwandelnden Einfluß der Christus-Wahrheit durchdringt, hat sich als die Christliche Wissenschaft erwiesen. Im Gegensatz zum Urchristentum, das sich zum größten Teil des gesprochenen Wortes zu seiner Verbreitung bedienen mußte, wurde die Christliche Wissenschaft der Welt sofort durch das geschriebene Wort dargeboten, und zwar in der Hauptsache durch ihr Lehrbuch, das von der Verfasserin, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mrs. Eddy, den Titel „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ erhielt.
Dieses Buch steht gegenwärtig in acht Sprachen zur Verfügung und wird von vielen Hunderttausenden in beinahe jedem Land der Erde studiert, und so erreicht es durch die darin enthaltene Wissenschaft und Wahrheit allmählich die große Masse des menschlichen Denkens, indem es viele zu der wahren Anschauung vom Leben als Gott erweckt, als dem Ursprung und dem regierenden Prinzip alles wirklich Bestehenden. Diese Lehren öffnen allen, die ihr Leben nach ihnen ausrichten, die unbegrenzten Möglichkeiten des wahren Guten, das die Christusbotschaft der Menschheit zu Jesu Zeiten brachte und das sie auch weiterhin jedem einzelnen bringt.
In der Christlichen Wissenschaft wird das theologische Dogma ersetzt durch die ursprünglichen, wissenschaftlichen Lehren Christi Jesu, die befreit werden von der Anhäufung menschengemachter Komplikationen, von persönlichen Auslegungen und dem unbegründeten Mystizismus, die ihre einfache, erlösende Macht im Laufe vieler Jahrhunderte verdunkelt haben. Hier werden physische Theorien, die von orthodoxen Glaubensbekenntnissen als endgültige Lösungen für das Problem der Schöpfung anerkannt werden, durch praktische, greifbare Beweise von der alleinigen Wirklichkeit und vollständigen Güte des Geistes und seiner geistigen Schöpfung zunichte gemacht.
Wie der Gründer des Christentums, so sieht auch die Christliche Wissenschaft die menschliche Familie nicht als eine namenlose Masse an, die nach Belieben beeinflußt oder ausgebeutet werden kann, sondern als die Gesamtsumme von Individuen, die nach Erleuchtung und Fortschritt verlangen, und sie spricht sie daraufhin an. Sie befreit den einzelnen von seinen Annahmen hinsichtlich materialistischer Theorien über Leben, Substanz und Macht, und das Denken der menschlichen Familie bessert sich durch die Vergeistigung der einzelnen Menschen, aus denen sie sich zusammensetzt.
Der Sauerteig des Christus wirkt nicht durch die aufgezwungene Gewalt falscher Versprechungen, sondern durch die unwiderstehliche Anziehungskraft seiner Wahrheit und Liebe, und ihre erhebende Kraft. Sie enthüllt dem einzelnen die Irrtümer der Materialität und unterwirft sie der genauen Überprüfung durch das erweckte geistige Verständnis. In dem Maße, wie der einzelne sich der Widerwärtigkeit und Falschheit dieser Irrtümer bewußt wird, setzt eine mentale Gärung ein, die aufhört, wenn diese Irrtümer aus seinem Denken ausgetrieben und aus seinem Charakter ausgemerzt werden.
Er wird dann erfahren, daß sein Denken allmählich von einem Gefühl der Zuversicht, der Beständigkeit und der Ruhe durchdrungen wird, er wird ein Nachlassen des Zweifels und der Furcht bemerken, das Aufdämmern einer inneren Freude, einer höheren Hoffnung und einer größeren Liebe zu seiner Umgebung und zu seinen Mitmenschen, bis nichts in ihm zurückgeblieben ist, das noch auf die Versuchungen und Befürchtungen der Materialität reagiert. Unsere Führerin sagt (Vermischte Schriften, S. 166): „Wie der Sauerteig, den ein gewisses Weib unter drei Scheffel Mehl mengte, so durchsäuert die Gottes-Wissen- schaft und die geistige Idee, in diesem Jahrhundert Christliche Wissenschaft genannt, den Teig des menschlichen Denkens, bis es ganz durchsäuert sein wird und aller Materialismus verschwindet.“
Doch die Christliche Wissenschaft ist keine Aladinslampe; mit ihrer Hilfe kann ein Mensch zwar mit jedem Problem fertig werden, das die materiellen Sinne ihm darbieten mögen, aber nur wenn er sich getreulich an ihre Lehren hält. Das bedeutet eine unentwegte Wachsamkeit in dem Bemühen, diese Lehren im täglichen Leben praktisch anzuwenden, um so in zunehmendem Maße die Suggestionen und Begrenzungen zu überwinden, die die materiellen Sinne ihm aufzwingen. Solch eine Treue zur Christlichen Wissenschaft ist wahre Stärke; sie stellt das Endziel aller menschlichen Weisheit dar und ist der Garant für ein erfolgreiches Leben. In den Worten unserer Führerin (Wissenschaft und Gesundheit, S. 201): „Wahrheit schafft eine neue Kreatur, in der das Alte vergeht, und ,alles neu geworden' ist.“
Der Sauerteig des Christus in der Christlichen Wissenschaft wird, indem er die große Masse des menschlichen Denkens durchdringt, Nationen und Rassen befähigen, eine geistigere Anschauung von denen zu erlangen, die sich äußerlich von ihnen unterscheiden. Wo die geistige Liebe als die einzig wahre Intelligenz erkannt wird, können weder Mißtrauen, Furcht noch ein Gefühl der Entfremdung bestehen, sondern nur Verständnis, Liebe und ein Verlangen nach menschlicher Hilfsbereitschaft. Doch diese ausströmende und allumfassende Liebe gründet sich auf geistig Tatsachen; daher fördert sie die Einheit des Geistes unter den Nationen. Sie verhindert ein Gefühl getäuschter Erwartung unter den kleineren Gruppen und vernichtet jegliche Tendenz zur Aggressivität unter den größeren.
Eines der dringendsten Bedürfnisse der Menschheit besteht darin, in diesem Atomzeitalter den Fortbestand der Menschheit zu sichern, und das „durchsäuernde“ Verfahren der Christlichen Wissenschaft führt in der praktischsten und unmittelbarsten Weise zu diesem ungeheuer wichtigen Ziel. Der Frieden, den das Verständnis vom Christus den einzelnen bringt, und durch sie den Völkern, ist ein Frieden, der von Freiheit und allumfassendem Fortschritt begleitet ist. Er macht eine moralische und geistige Entwicklung möglich, bis diese einen Punkt erreicht hat, wo sie dem ungeheuren Tempo technischer Veränderungen nicht nur gleichkommt, sondern es sogar überflügelt und die Menschheit so befähigt, mit den durch die Technik hervorgerufenen Problemen fertig zu werden.
Mrs. Eddy, die von der göttlichen Gewißheit durchdrungen war, die Christus Jesus von der Unsterblichkeit seiner Lehren hatte, schreibt prophetisch von den endgültigen Ergebnissen, die der Sauerteig Christi herbeiführen wird (ebd., S. 118): „Die Zeiten gehen dahin, aber dieser Sauerteig der Wahrheit wirkt immerdar. Er muß die ganze Masse des Irrtums zerstören und also in der geistigen Freiheit des Menschen ewiglich verherrlicht werden.“
