Der Apostel Paulus sagte: „Wir sehen nicht auf das Sichtbare, sondern auf das Unsichtbare. Denn was sichtbar ist, das ist zeitlich; was aber unsichtbar ist, das ist ewig“ (2. Kor. 4:18). Die Christliche Wissenschaft führt diese biblische Lehre weiter aus; sie zeigt geistig gesinnten Menschen, wie sie sich in zunehmendem Maße des unsichtbaren Gottes und Seiner unsichtbaren Schöpfung von Ideen bewußt werden können.
Materiell gesinnte Menschen, deren Denken ganz und gar von vergänglichen Interessen und physischen Persönlichkeiten in Anspruch genommen ist, sind blind gegen die ewige Substanz der Dinge, die „unsichtbar“ sind, und oft verspotten sie sogar den Glauben an deren Existenz.
Doch welches sind einige der ewigen Dinge, die man nicht sieht, obwohl sie unleugbar gegenwärtig sind? Leben, individuelles Bewußtsein, Intelligenz, Rechtschaffenheit, Reinheit, Gerechtigkeit, Liebe — um nur einige zu nennen. Wir könnten immer weiter fortfahren in der Betrachtung des unsichtbaren Guten, dessen wir uns bis zu einem gewissen Grade bewußt sind, und so würden wir allmählich erkennen, daß wir des unsichtbaren Himmelreiches mehr gewahr sind, als wir geglaubt hatten. Wir sind uns des wirklichen, geistigen Menschen, durch den Gott sich offenbart, mehr bewußt, als wir uns vielleicht vorgestellt hatten.
Mary Baker Eddy sagt von Gott in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 363): „Seine Formen tun die Schönheit der Heiligkeit kund, und Seine vielfältige Weisheit leuchtet mit dem Schimmer ewiger Wahrheiten durch die sichtbare Welt hindurch. Selbst durch die Nebel der Sterblichkeit wird der Glanz Seines Kommens erblickt.“
Der Christliche Wissenschafter, der mit der Versuchung kämpft zu glauben, er sei ein kranker Sterblicher, muß sich von dem materiellen Augenschein der Krankheit abwenden und sich seiner immergegenwärtigen geistigen Harmonie als des vollkommenen Ausdrucks Gottes bewußt werden. Er muß eine Wertschätzung für das unsichtbare Gute gewinnen, das er schon kennt: die selbstlose Liebe, die Weisheit, das Verständnis und die standhafte Treue gegen das göttliche Prinzip, Gott, die er jeden Tag zum Ausdruck bringt. Diese Elemente stellen die Wirklichkeit seines Wesens dar, und sie sind unsichtbar für die physischen Sinne, völlig getrennt von ihnen, unerreichbar für sie und unbefleckt durch ihre fleischlichen Mißbegriffe.
Mrs. Eddy sagt in ihrem Buch „Unity of Good“ (Die Einheit des Guten, S. 37): „Die menschlichen Wesen sind physisch sterblich, aber geistig unsterblich. Das Böse, das die physische Persönlichkeit begleitet, ist illusorisch und sterblich; das Gute aber, das die geistige Individualität begleitet, ist unsterblich. Diese unsichtbare Individualität, die hier und jetzt besteht, ist wirklich und ewig.“
Einer der äußerst wichtigen Punkte der Entdeckung Mrs. Eddys ist der, daß das Fleisch, mit dem wir so unauflöslich verbunden zu sein scheinen, eine Täuschung ist, aufgebaut durch die mesmerischen Verfahren des fleischlichen oder sterblichen Gemüts, daß es aber weder Leben, Substanz noch Intelligenz besitzt. Ein mentales Bild, ein sterblicher Gedanke, der den materiellen Sinnen erscheint, ist alles, was den physischen Körper und seine Zustände ausmacht.
Es ist höchst bedeutsam, daß der Körper uns nichts über sich selbst berichten kann, daß er sich selbst nicht fühlen oder sehen kann, sich selbst nicht lenken kann, sich selbst kein Leben geben kann noch das Leben fortnehmen kann. Das sterbliche Gemüt allein suggeriert fleischliche Empfindungen, bestimmt die Tätigkeit jeder Zelle, die das Fleisch ausmacht, sorgt für die Belebung, die dem Fleisch den Anschein von Leben gibt, und zwingt ihm die Annahme vom Tode auf.
Wir lernen eine große Lektion in der Wissenschaft, wenn wir verstehen, daß der sterbliche Körper lediglich eine Marionette des materiellen Sinnes ist und keine Verbindung mit der wirklichen, unsichtbaren Identität hat, die völlig unter der Herrschaft ihres Schöpfers steht. Dieses Verständnis bindet das sterbliche Gemüt — den „Starken“ aus Jesu Gleichnis —, veranlaßt es, seine Trugvorstellungen aufzugeben und sich dem Gebot des göttlichen Gemüts, absolute Harmonie hervorzubringen, zu unterwerfen.
Der Meister war sich stets des unsichtbaren Bereichs des Geistes bewußt. Er bezeichnete sich selbst als „des Menschen Sohn, der im Himmel ist“ (Joh. 3:13). Er war eine klare Kundwerdung von dem Licht des Christus, der göttlichen Natur, die das Bewußtsein erleuchtet und die mentalen Schatten vertreibt. Der Heiland erhob sich schnell über den sterblichen Sinn vom Leben, und dabei wurde er sich immer mehr der unsichtbaren Welt des Geistes bewußt, während die materielle, vergängliche Welt um ihn her immer mehr aus seinem Bewußtsein verschwand. Dies gab ihm Herrschaft über die Illusion von einer sterblichen Existenz, denn wenn das Wirkliche erst einmal erkannt ist, tritt es an die Stelle des Unwirklichen.
Indem Jesus über den Schleier physischer Empfindungen, die den Materialisten verwirren, hinausblickte und indem er Gottes Kinder erschaute, die zu Seinem Gleichnis erschaffen wurden, demonstrierte er die göttliche Gerechtigkeit, die jeden Menschen unsterblich, sündlos, frei von Krankheit und todlos macht. Er löschte den trügerischen Augenschein von räumlicher Entfernung aus, bewies die Unwirklichkeit des Unwetters und erschien und verschwand, wie er wollte. Er demonstrierte die Gegenwart des Reiches, das zu offenbaren er gekommen war.
Wenn wir dem Meister in der Wissenschaft folgen, schenken wir den materiellen Phänomenen keinen Glauben und trachten danach, die unsichtbare, von Gott regierte Schöpfung zu erkennen, die stets gegenwärtig ist. Gemüt führt uns dazu, ein höheres Menschentum zu suchen, und so kommen wir zu der Erkenntnis unseres wahren Seins als des unsichtbaren individuellen Bewußtseins, der kundgewordenen Güte, der unzerstörbaren Identität, der charakteristischen Individualität, die uns als das Kind Gottes kennzeichnet. Durch das Festhalten an der unsichtbaren Wirklichkeit werden gewißlich alle „hinankommen zu einerlei Glauben und Erkenntnis des Sohnes Gottes und ein vollkommener Mann werden, der da sei im Maße des vollkommenen Alters Christi“, wie Paulus sagt (Eph. 4:13).