Der Christus offenbart die wahre Idee Gottes und Seiner Widerspiegelung, des Menschen, und wie alle Wahrheit kommt der Christus vom göttlichen Gemüt zu uns. Er spricht zu uns in der Sprache der Wahrheit und mit der Macht der Wahrheit und wirkt mit der Wärme der Liebe auf uns ein. Er gibt uns ein Verständnis von dem Urquell und Geber allen Lebens, aller Intelligenz und Macht, dem unendlichen geistigen Sein, unserem Vater-Mutter Gott, aus dem wir hervorgehen, in dem wir leben und dessen vollkommenes Gleichnis wir sind.
In dem Verhältnis, wie wir an dieser göttlichen Botschaft festhalten und verstehen, daß wir in unserem wahren Sein von Gott geschaffen sind, von Gott erhalten und von Gott beschützt werden und daher von Gefahr, Furcht und Schwachheit jeder Art frei sind, in dem Verhältnis werden wir im täglichen Leben die Segnungen unserer Einheit mit Gott, dem Guten, und demzufolge unsere Immunität gegen das Böse erfahren. Dies sind das Verständnis und der Segen, die uns die Christliche Wissenschaft [Christian Science] verleiht.
Hier könnte jemand fragen: „Werde ich jemals imstande sein, dieses über alles wichtige Verständnis zu erlangen? Der Christus muß doch sicher in seinem Wesen und Wirken kompliziert sein, um die wunderbare Macht zu haben, das ganze menschliche Leben umzuformen, indem er es von den Lasten, die uns das Böse auferlegt, und den Hindernissen, die es uns in den Weg legt, befreit!“ Die Christliche Wissenschaft [Christian Science] beantwortet diese Frage, indem sie zeigt, daß der Christus so einfach ist, wie die Wahrheit einfach ist, und wie die Liebe einfach ist. Ein einziger Lichtblick von der ursprünglichen Einfachheit der Lehren Christi Jesu sollte die Zweifel an unserer Fähigkeit, den Christus zu verstehen und zu demonstrieren, auflösen.
Der Apostel Paulus hielt diesen Punkt für wichtig genug, um in seinem zweiten Brief an die Korinther nachdrücklich auf ihn hinzuweisen, denn er warnt sie vor der menschlichen Neigung, die einfachen Dinge Gottes zu komplizieren (11:3 - n. der engl. Bibel): „Ich fürchte aber, daß, wie die Schlange Eva verführte mit ihrer List, so auch eure Gedanken verkehrt werden hinweg von der Einfalt, die in Christus ist.“
Was ist dann also der Christus, daß er bei all seiner Macht einfach sein sollte, und wie kann er verstanden werden? Alle Zeiten hindurch hat die Menschheit eine Antwort auf diese Frage gesucht, aber als Christus Jesus von Pilatus gefragt wurde (Joh. 18:38): „Was ist Wahrheit?“, antwortete ihm der Meister nicht. Viele Jahre später wies Paulus auf den Grund dieses Schweigens hin (1. Kor. 2:14): „Der natürliche Mensch. .. vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich verstanden sein.“ Christus Jesus wußte, daß Weltgewandtheit und Verschlagenheit die geistige Wahrheit nicht erfassen können und daß Güte und Liebe allein die Botschaft der göttlichen Liebe verstehen und aufnehmen können.
Der Christus kann von jedem Kind, jedem Mann und jeder Frau verstanden werden, da uns ja allen gleichermaßen der geistige Sinn zu eigen ist, obgleich die Menschen bisweilen dazu gebracht werden müssen, sich seiner zu bedienen. Weil der Christus geistig ist, kann er nicht kompliziert sein. Unsere Führerin Mrs. Eddy schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 128): „Das Gute ist natürlich und uranfänglich. Es ist sich selbst nicht wunderbar.“ Ebensowenig ist der Christus denjenigen „wunderbar“, die einen Lichtblick von ihm erhascht und seinen heilenden, umwandelnden Einfluß gefühlt haben.
Die Christliche Wissenschaft [Christian Science] beantwortet die Frage des Pilatus nach dem Wesen der Wahrheit mit Worten von höchster Einfachheit und tiefer geistiger Bedeutung. Wahrheit ist, allgemein gesprochen, das, was ist, das, was wirkliches oder ewiges Dasein besitzt. Die Universalität und Zeitlosigkeit der Wahrheit weisen auf die Unendlichkeit, die Allheit und die unwandelbare Natur ihrer Quelle, göttliches Prinzip oder Gott genannt, hin. Gott ist Gemüt, und jede wahre Idee geht aus diesem Gemüt hervor.
Gemüt kommt immerdar zum Ausdruck; daher ist das Leben der Wahrheit unendlich und besteht ohne Unterbrechung. Die ursprüngliche Eigenschaft des Gemüts ist Intelligenz, und Intelligenz ist vom Bewußtsein oder Leben untrennbar. Gemüt ist Leben, und sein bewußter, intelligenter, geistiger Ausdruck ist der Mensch.
So zeigt der Christus, daß der Mensch ständig und voll und ganz an dem unendlichen, durch sich selbst bestehenden Guten, das Gott angehört, teilhat; er ist das geliebte Kind der Liebe, denn der Geber des Lebens und des intelligenten Guten ist in der Tat Liebe. Keine menschlichen Umstände, keine bösen, fleischlichen Annahmen können den Menschen, die unsterbliche Idee Gottes, jemals auf einen Platz außerhalb des unendlichen Bereichs und der Reichweite der göttlichen Segnungen verweisen, deren ständige Gegenwart einschränken und den Menschen hindern, sich ihrer zu erfreuen. Dies ist, kurz gesagt, die einfache und doch tiefe Botschaft des Christus, wie sie von der Christlichen Wissenschaft [Christian Science], der Wissenschaft des Christus, gelehrt wird.
Der wahre Mensch, christusgleich im Wesen, mit christusgleichen Beweggründen und Fähigkeiten, wurde durch den Charakter, das Leben und die Werke Christi Jesu in vollkommener Weise dargestellt. Verworfen von den sogenannten Intellektuellen seiner Zeit, die ihm widerstanden, wandte sich der Meister der Christen an diejenigen, die durch ihr einfaches Leben unkompliziert und aufrecht in ihrem Denken geblieben waren und die daher bereit waren, auf die einfache Botschaft von Gottes Liebe und Seiner stets greifbaren, erlösenden Macht zu lauschen. Und so kann heute die Christliche Wissenschaft [Christian Science] von jedem verstanden werden, sei er gelehrt oder ungelehrt, wenn er mit offenem Herzen lauscht und wenigstens bis zu einem gewissen Grade bereit ist, an die Wirklichkeit der Dinge des Geistes zu glauben und ihrer Macht zu vertrauen.
Mrs. Eddy spricht von dem Verständnis, das uns durch geistiges Erkennen zuteil wird, und schreibt in diesem Zusammenhang (Wissenschaft und Gesundheit, S. 505): „Dieses Verständnis ist nicht intellektuell, nicht das Ergebnis gelehrter Errungenschaften; es ist die ans Licht gebrachte Wirklichkeit aller Dinge.“
Da der Christus einfach im Wesen ist, ist er einfach in der Anwendung. Jede verwickelte, komplizierte Vorstellung von ihm könnte sehr wohl das Ergebnis einer Haltung sein, bei der es an geistigem Eingehen auf den Ruf der göttlichen Liebe mangelt; es ist eine Haltung, die intellektuell sein mag, aber weder wahrhaft wissenschaftlich noch wirksam ist, denn in der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] können geistiges Fühlen und Wissen des individuellen Menschen nicht getrennt werden von seiner Widerspiegelung des Gemüts, das Liebe ist.
Es gibt wenige Erklärungen in der Bibel, die die Einfachheit und die Funktion des Christus in bündigerer Form zusammenfassen als die von Johannes (1. Joh. 4:16): „Wir haben erkannt und geglaubt die Liebe, die Gott zu uns hat. Gott ist Liebe; und wer in der Liebe bleibt, der bleibt in Gott und Gott in ihm.“
Die Frage, die wir uns stellen müssen, ist nicht in erster Linie: Verstehe ich diese Erklärung?, sondern: Glaube ich wirklich daran und liebe ich sie? Habe ich mir ihre Wahrheit zu eigen gemacht wie etwas, dem ich mein Leben angleichen möchte, und sehe ich andere in diesem Licht? Wenn wir dies bejahen können, dann sind wir zu der christusgemäßen Basis des Denkens zurückgekehrt, die Jesu Anschauung von seinen Mitmenschen zugrunde lag und ihm über jeden argen Gedanken und jede Kundwerdung des Bösen Macht gab. Dann haben wir uns erfolgreich aus den Irrgängen intellektueller Mutmaßungen und vom Aberglauben frei gemacht, und wir werden nicht mehr furchtsam an alten materiellen Annahmen festhalten. Dann haben wir die wunderbare Güte des Christus, die von unserem Meister so beredt zum Ausdruck gebracht wurde, in unser Bewußtsein eingelassen und ihr dort die Herrschaft eingeräumt.
Unsere Führerin sagt zusammenfassend und mit äußerster Einfachheit, wie wir dieses hohe Erfordernis erfüllen können, wenn sie schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 2): „Güte erreicht die Demonstration der Wahrheit.“
