In unserer unruhigen Zeit wird uns in zunehmendem Maße das Mißverhältnis bewußt zwischen dem, was den Sinnen als die Tätigkeit des Bösen im täglichen Leben erscheint, und dem, von dem uns die Intelligenz sagt, daß es die zugrundeliegende oder absolute Wirklichkeit ist. Manche Menschen sind stolz darauf, die Sinnlosigkeit einer bösen Annahme zu erkennen, selbst wenn sie nichts deswegen unternehmen. Sie erkennen die tragische Verwundbarkeit einer Welt an, die aus Materie zusammengesetzt ist, von ihr beherrscht wird und möglicherweise durch sie zerstört werden kann.
Die Menschen, die guten Willens sind und etwas wirklich Konstruktives beitragen möchten, wissen, daß die Welt eine Macht, eine Stärke, eine Kraft, eine Hilfe, ein Prinzip braucht, worauf sie mit Intelligenz, Gewißheit und Verständnis bauen kann. Wo ist diese Macht zu finden? In der Wissenschaft der Lehren Christi Jesu — in der Christlichen Wissenschaft [Christian Science].
Wer diese Wissenschaft studiert, hat gelernt, daß „das Böse nichts [ist], ... kein Ding, kein Gemüt, keine Macht.“ Diese Versicherung Mrs. Eddys in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ (S. 330) mag bei einem Anfänger unwillkürlich Widerstand erwecken. Angesichts der häufigen Katastrophen, die die Welt heute kennt, zu behaupten wagen, daß das Böse nichts sei, scheint ihm eine weitere Widersinnigkeit zu sein. Aber Mrs. Eddy fährt fort: „Das Böse, wie es sich in der Menschheit offenbart, bedeutet eine Lüge, nichts, das beansprucht, etwas zu sein; es bedeutet Wollust, Unehrlichkeit, Selbstsucht, Neid, Heuchelei, Verleumdung, Haß, Diebstahl, Ehebruch, Mord, Wahnsinn, Geisteskrankheit, geistige Leerheit, Teufel, Hölle, mit all den Etceteras, die das Wort in sich schließt.“
Mrs. Eddy gebraucht das Wort „Geisteskrankheit“ auch in folgendem Satz: „Jede Sünde ist Geisteskrankheit in verschiedenen Graden“ (ebd., S. 407).
Wenn wir also dem Bösen gegenüberstehen, sehen wir, daß wir es nicht mit einer Macht, einer Kraft, einer Wirklichkeit zu tun haben, sondern mit einem Mangel an Vernunft, oder, wie wir es in der Wissenschaft nennen würden, mit einem Mangel an Geistigkeit.
Eines Tages stellte die Verfasserin fest, daß sich an ihrem Augenlid ein Gewächs bildete. Diese unerfreuliche Erscheinung wurde größer und irritierte sie. Jeden Morgen sah sie dieses Bild und ärgerte sich sehr darüber. Als sie sich eines Tages der Betrachtung dieser Dinge hingab, kam ihr das Wort „Eitelkeit“ nachdrücklich in den Sinn und rüttelte sie auf. Dann dachte sie an Jesu Erklärung (Joh. 6:63): „Der Geist ist’s, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze.“
Sie sagte sich: „Was hat der Mensch mit diesem Gewächs zu tun? Nichts. Dann beschäftige dich also mit deinem geistigen Wachstum. Du weißt, daß die beständige Betrachtung der Materie, die Erwartung, in ihr eine Art von Entwicklung zu finden, absolut nutzlos ist. Es heißt einen Gott aus der Materie zu machen und ihm Macht zu geben, und das ist Sünde.“
Sie entsann sich der Worte Mrs. Eddys: „Das Böse ist nichts, es ist kein Ding, kein Gemüt, keine Macht“, und frohlockte, daß sie nicht einem Ding oder einer Macht gegenüberstand, gegen die sie kämpfen mußte, sondern vielmehr einer Gelegenheit, ihr geistiges Wachstum zu fördern.
Sie bemühte sich zu erkennen, wie sinnlos, nutzlos und eitel die Ansprüche der Materie sind, und sie wandte sich von dem Körper ab, um ihr geistiges Wachstum zu fördern, indem sie ihr Denken mit dem einen göttlichen Gemüt, Geist, vereinigte und sich mit dem geistigen Menschen, dem einzig wirklichen Menschen, identifizierte. Nach einigen Tagen stellte sie voller Freude fest, daß sich das Gewächs in sein natürliches Nichts aufgelöst hatte.
Je fester wir glauben, daß das Böse etwas sei, von einer unsichtbaren, aber mächtigen Kraft erschaffen, desto bedrohlicher erscheint es. Besteht unser Heilmittel nicht vielmehr darin, zu erkennen, daß wir des geistigen Sinnes bedürfen, der uns offenbart, daß alles, was in unserem Denken ein Mangel, eine Leere zu sein scheint, bereits von der Allgegenwart des Geistes erfüllt ist? Auf diese Weise kehrt der geistige Sinn das falsche Zeugnis der fünf materiellen Sinne um und zeigt uns die herrlichen Tatsachen der geistigen Schöpfung, der einzig wahren Schöpfung, von der Gott gesagt hat, daß sie „sehr gut“ ist (1. Mose 1:31).
Die Tatsache, daß Gott Geist ist, bedeutet, daß Er allgegenwärtig ist, allen Raum erfüllt. Seine Allgegenwart läßt keine Leere, in der die Illusion vom Bösen dadurch, daß das Sinnlose akzeptiert wird, betrügen, täuschen oder dominieren könnte.
Weil die materielle Schöpfung eine Fälschung der geistigen Schöpfung ist, ist es natürlich, daß wir, wenn wir die Widersinnigkeit der materiellen Schöpfung sehen, schließlich erkennen, daß sie nicht vorhanden ist.
In der Wissenschaft sind der Mensch und das Universum harmonisch, geistig, vollkommen und ewig. Der Mensch frohlockt in dem vollen Bewußtsein geistiger Intelligenz, und seine Tätigkeit besteht darin, die positiven Eigenschaften seines Ursprungs, des Geistes, Gottes, der unendlichen Liebe, auszudrücken und die Fortdauer seiner ewigen Einheit mit diesem Ursprung zu erkennen.
Christus Jesus war sich der Allgegenwart Gottes, des Guten, so bewußt, daß er von der Grundlage jener bestimmten Erklärung aus: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh. 10:30) heilte. Durch diese ewige Einheit gestärkt, kehrte der Meister das falsche Zeugnis der materiellen Sinne um und brachte die geistige Wirklichkeit ans Licht.
Je mehr wir den wahren Begriff von Gott, Geist, erfassen, und je mehr wir ihn zum Ausdruck bringen, indem wir des geistigen Menschen gewahr werden, desto mehr werden wir jene Illusion als falsch erkennen, in der das Nichts beansprucht, etwas zu sein, und desto mehr werden die sinnlosen Ansprüche des Bösen vor dem geistigen Wachstum verschwinden.
