Mrs. Eddy schreibt in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit“ auf Seite 25: „Wenn auch der große Lehrer seine Herrschaft über Sünde und Krankheit demonstrierte, so enthob er doch andere keineswegs der Pflicht, die erforderlichen Beweise ihrer Frömmigkeit selbst zu liefern.“ Man könnte das hier mit „Frömmigkeit“ übersetzte Wort als innere Hingabe definieren, als tiefempfundene Liebe und Ehrfurcht.
In der King-James-Ausgabe der englischen Bibel wird das griechische Wort, das in der französischen Bibel mit piété übersetzt ist, manchmal mit godliness ( Gottesfurcht) wiedergegeben, was einem Wörterbuch gemäß bedeutet: „Sein Leben mit dem offenbarten Wesen und Plan Gottes in Übereinstimmung bringen; Rechtschaffenheit.“ Der innere Gehalt dieser Definition erhöht noch die grundlegende Bedeutung von Frömmigkeit.
Paulus schrieb an Timotheus (1. Tim. 4:7,): „Übe dich ... in der Gottesfurcht ... Die Gottesfurcht ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens.“ Eine erhebende, tröstende Verheißung! Aber wie können wir uns in der Gottesfurcht üben, wie Paulus empfiehlt? Ein beständiges, tiefgehendes Studium der Bibel und der Christlichen Wissenschaft [Christian Science] befähigt uns dazu.
Gott ist die einzige und vollkommene Quelle von allem, was existiert, und diese Wissenschaft lehrt uns, wie wir das, was von Ihm ausgeht, jederzeit erkennen können. Die Vollkommenheit Gottes und Seines Ausdrucks, des Menschen und des ganzen Universums, ist die Grundlage für solch ein Erkennen.
Mit dem Eigenschaftswort „fromm“ bezeichnen wir oft jemanden, der regelmäßig zur Kirche geht, der sehr viel betet und der gute Werke tut. Dies alles ist lobenswert, aber die Frömmigkeit, die Paulus und unsere Führerin Mrs. Eddy von uns fordern, geht weit darüber hinaus.
Frömmigkeit, oder Gottesfurcht, ist jene innere Hingabe, der Liebe und Demut verwandt, die das Zeugnis der Sinne unbeachtet läßt und die geistige Idee entdeckt, wo immer sie in der täglichen Erfahrung ausgedrückt wird, jene Hingabe, die diese Idee schätzt und achtet, weil sie göttlichen Ursprungs ist. Wenn wir an die geringfügigsten oder die außergewöhnlichsten Aufgaben mit innerer Hingabe herangehen, mit einer Liebe, die mit Achtung verbunden ist, dann haben wir in tiefer Frömmigkeit den Saum des Christusgewandes berührt; Schwierigkeiten lösen sich auf, und es erweist sich, daß das Himmelreich inwendig in uns ist.
Die im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft angegebene Lektionspredigt in Eile durchzulesen, in dem Gedanken, schnell damit fertig zu werden, wie mit einer lästigen Pflicht, ist zum Beispiel nutzlos. Wenn wir dagegen über die zu dem Thema dargebotenen Wahrheiten aufmerksam nachdenken, sie zu verstehen suchen und uns dann bemühen, sie in die Praxis umzusetzen, so zeugt dies von wirklicher Frömmigkeit. Mit der gleichen Einstellung sollten wir daran gehen, die Bibel und alle Werke von Mrs. Eddy zu lesen.
Wir pflegen wahre Frömmigkeit, wenn wir die Gottesdienste mit einem Herzen voller Liebe und Achtung für das inspirierte Wort, das zu hören wir gekommen sind, regelmäßig besuchen, und auch denen, die dieses inspirierte Wort verkünden, und den anderen Kirchenbesuchern diese Liebe und Achtung entgegenbringen. Und Frömmigkeit ist es, die uns beim Verlassen des Gottesdienstes leeres Geschwätz vermeiden läßt.
Mrs. Eddy schreibt im Handbuch Der Mutterkirche im Zusammenhang mit dem Besuch von Vorträgen folgendes (Art. XXXI Abschn. 4): „Falls jemand hingeht, um die Wahrheit zu hören und sie zu verspotten, so sollte er beim Weggehen über die Wahrheit nachsinnen; und wer hingeht, weil er die Wahrheit sucht, sollte sich in stillem Nachdenken darüber entfernen können.“ In gleicher Weise bittet Paulus die Epheser, „närrische Dinge oder Scherze“ zu vermeiden, die, wie er sagte, „euch nicht anstehen“ (5:4).
Freudige Hingabe oder Gottesfurcht regt uns dazu an, alle Dinge sorgfältig zu erledigen, ohne viel Aufhebens, ohne Selbstherrlichkeit oder Selbstrechtfertigung, ob es sich nun um einfache Haushaltspflichten oder um die wichtigeren Aufgaben in der bürgerlichen Gemeinschaft handelt.
Ehrfurchtsvolle Frömmigkeit nimmt einen höheren Rang ein als Achtung, weil Frömmigkeit der Achtung ein wesentliches Element hinzufügt: ein aufrichtiges und zartes Gefühl liebevoller Anerkennung. Beständige und unwandelbare Dankbarkeit für die uns durch die göttliche Wissenschaft zuteil gewordenen Segnungen und besonders für die edle Frau, die all ihre Bemühungen darauf richtete, uns diese Wissenschaft zu geben, ist ganz gewiß eine segenbringende Form der Frömmigkeit.
Die Wissenschaft des Christus offenbart uns, daß Frömmigkeit darin besteht, Gott über alles und in jeder Weise zu ehren; sie besteht darin, die Gegenwart des Christus anzuerkennen, wo immer göttliche Eigenschaften, Tugenden und Fähigkeiten demonstriert werden, ganz gleich, ob diese Eigenschaften nun unscheinbar und für die Menschheit nicht wahrnehmbar sind oder leuchtend hervortreten. Wenn wir diese Christusgleichheit erkannt haben, müssen wir in unserer Freude darüber Achtung, Frömmigkeit, zum Ausdruck bringen.
Frömmigkeit besteht auch in von Herzen kommendem guten Benehmen und in ehrlicher Achtung vor allem Schönen, Guten und wahrhaft Wertvollen. Sie ist eine Art tiefer und ehrfürchtiger Dankbarkeit für alles, was gegeben, empfangen und aufgenommen wurde, und vor allem für die unaussprechliche Gabe, die uns durch die göttliche Wissenschaft verliehen wurde, für das Bewußtsein von dem, was wahr, unveränderlich, heilig, ewig und vollkommen ist.
Frömmigkeit überwindet die höchsten Gipfel der Gleichgültigkeit, des Eigennutzes und der Selbstrechtfertigung und gibt „dem Kaiser, was des Kaisers ist, und Gott, was Gottes ist“ (Matth. 22:21); das heißt, wenn das fromme Herz die Materie als das erkannt hat, was sie ist, nämlich eine falsche Annahme, dann erkennt es an, daß das Geistige seine Quelle im Geist, der einzigen Wirklichkeit hat.
Mrs. Eddy richtete an einige ihrer Schüler die folgenden Worte (Vermischte Schriften, S. 111): „Ihr habt bewiesen, daß die größte Frömmigkeit kaum genügt, um zu bekunden, was ihr euch zu eigen gemacht und gelehrt habt, und daß euer wohl getanes Werk Engeln zur Ehre gereichen würde.” Die engelgleichen Tugenden, die der Frömmigkeit innewohnen, jene innere Hingabe an Wahrheit und Liebe, und jene Zuneigung, die mit Achtung für alles, was vom Vater kommt, verbunden ist, sind wesentlich für jede wissenschaftliche Demonstration der Vollkommenheit.
Wer diese himmlische Tugend täglich pflegt, wird ganz gewiß einen Blick in den Himmel tun und das offene Tor zur Glückseligkeit finden.
