Man braucht sich niemals durch eine niederdrückende Lebensauffassung belastet zu fühlen, wenn man versteht, daß unser Leben die Widerspiegelung Gottes ist, wie dies die Christliche Wissenschaft lehrt; denn in Wahrheit entbehrt ein solches Gefühl des Unglücklichseins jeder Ursache oder Grundlage; es ist daher selbstauferlegt und unnötig. Diese gedrückte Stimmung über unser Geschick ist jedoch unter den Mitgliedern der menschlichen Gesellschaft nur allzu verbreitet, besonders in den sogenannten Kulturstaaten. Dies deutet darauf hin, daß viele es schwierig finden, mit den mannigfachen Forderungen des Lebens in einer komplizierten, rasch voranschreitenden, mechanisierten Zivilisation fertig zu werden.
Die Christliche Wissenschaft erklärt, und man kann es durch sie beweisen, daß die Ursache für dieses bedrückende Gefühl niemals in irgendwelchen äußeren Umständen liegt, sondern Teil der falschen materiellen Annahme ist, die die Menschen über sich selbst hegen, über ihr Leben und ihre menschlichen Beziehungen, über ihre Verpflichtungen und die Fähigkeiten, die sie nötig haben, um diesen Verpflichtungen nachzukommen. Diese falsche Auffassung ist die Bürde, die durch das Verständnis des Christus, der Wahrheit, hinweggenommen wird.
Im Grunde besteht also die Last des menschlichen Lebens in der materiellen Auffassung vom Selbst. Dieser Auffassung nach sind Intelligenz und ihre Ausdrucksformen, wie Verständnis, Wendigkeit und Anpassungsfähigkeit, sowie ganz allgemein die mentale und körperliche Stärke und Ausdauer Eigenschaften des physischen Körpers, der sie in ausreichendem Maße besitzen oder nicht besitzen kann. Die Anspannung, zu versuchen, seine Mängel auszugleichen, mit dem daraus sich ergebenden Gefühl der Anstrengung, des Versagens, des Zweifels, der Reizbarkeit und unharmonischer menschlicher Beziehungen, ist eine Belastung, die allein das Gemüt der Sterblichen hervorbringt und beherbergt und unter der es leidet. Das Heilmittel liegt nicht in einer Flucht, sondern in der geistigen Herrschaft über die Materialität, die uns Gott verliehen hat; nicht darin, nach größeren Fähigkeiten zu trachten, diese sogenannten Lasten des materiellen Daseins zu tragen, sondern darin, das geistige Verständnis zu erlangen, das diese Lasten in ihr Nichts auflöst.
Die größte Bürde, die vielen auferlegt ist, die in der Christlichen Wissenschaft nicht unterwiesen sind, ist die verhängnisvolle sterblich-mentale Angewohnheit, überall nach Bösem Ausschau zu halten und es überall zu sehen, sei es in den Menschen, in Örtlichkeiten oder in den Umständen. Dies erzeugt Furcht, eine mißtrauische Haltung gegenüber dem Guten in der menschlichen Natur, ein beständiges Vorhersagen des Bösen. Diese Angewohnheit hält das Böse für Gemüt und Macht und belastet so das Leben der Menschen auf vielerlei Weise.
Wenn man zuläßt, daß unglückliche persönliche Beziehungen im Geschäfts- und besonders im Familienleben weiter im Denken wühlen, können sie sich zu einem Mesmeris- mus an gedrückter Stimmung und Niedergeschlagenheit entwickeln, der die Frische und Freude eines Lebens inspirierter Zielstrebigkeit zu verdrängen droht.
Nicht viele von denen, die über die Schwierigkeiten ihrer Erfahrungen Klage führen, sind bereit zuzugeben, daß es oftmals Selbstsucht und Mangel an Liebe sind, die das menschliche Leben als eine Last erscheinen lassen. Ein Leben ohne Liebe ist eine Bürde, ein Leben, das aus dem engen Mittelpunkt des Eigennutzes und einer sich über alles hinwegsetzenden Entschlossenheit gelebt wird, Gewinn zu erzielen und voranzukommen. Undankbarkeit ist eine Last, denn sie erstickt die geistige Liebe, die allein imstande ist, das zu empfangen, was Liebe gibt.
Was auch immer ihre Ursache sein mag: um sich über eine unglückliche, gedrückte Lebensauffassung zu erheben, muß man sich ganz und gar den geistigen Tatsachen des Seins zuwenden, die die Christliche Wissenschaft der menschlichen Familie gebracht hat.
Was ist Leben nun eigentlich? Können wir nicht sagen, daß es dem materiellen Augenschein nach die Kraft ist, die den Körper in Tätigkeit setzt? Aber ist eine rein mechanische Bewegung der Ausdruck oder Beweis von Leben? Eine Maschine bewegt sich, aber sie lebt nicht, denn sie besitzt kein Bewußtsein. Unter demselben Gesichtspunkt betrachtet lebt der einzelne Mensch nicht deswegen, weil er sich bewegt, sondern weil er ein bewußtes Wesen ist. Bewußtsein ist der einzige Beweis für Leben, das sich durch Intelligenz ausdrückt, die rein geistig ist und daher von ihrem Gegenteil, der Materie, weder ausgehen noch in ihr bestehen kann.
Individuelles Bewußtsein, das von der Materie völlig unabhängig ist, ist der Ausdruck des einen unendlichen Bewußtseins, Gott genannt, der göttliches, unendliches Leben ist. Leben ist aus sich selbst bestehendes, sich selbst erhaltendes und allwissendes Gemüt; daher ist es allmächtig, denn alles zu wissen, heißt alles zu können. Der Mensch, das individuelle bewußte Wesen, ist der geistige Ausfluß oder Ausdruck Gottes, und als solcher ist er Gottes vollkommenes Gleichnis.
Der Mensch lebt dadurch, daß er die Substanz, die Fähigkeiten und das Wesen des göttlichen Pprinzips, Liebe — sein geistiger Ursprung und seine dauernde Wohnstätte — geistig widerspiegelt. Das Leben des Menschen ist daher niemals eine Last, sondern die unmittelbare, glückliche und erfolgreiche Widerspiegelung des göttlichen Lebens oder der göttlichen Liebe; der Irrtum — die sterbliche Auffassung von Leben — kann das geistig erleuchtete Bewußtsein über diese Wahrheiten nicht täuschen.
Da Leben Gott ist, ist seine Widerspiegelung durch den Menschen ohne ein einziges Element des Bösen. Daher befindet sich der Mensch immer auf dem Standpunkt angemessener Fähigkeiten, angemessenen Wohlbefindens und angemessener Vollkommenheit; er ist liebevoll, liebenswert und wahrhaftig. Das Leben des Menschen ist keinem Wechsel unterworfen, seine Freiheit und sein Glück können nicht in Frage gestellt werden, noch können die Argumente des Irrtums, des falschen materiellen Sinnes, seine unmittelbare, von Gott verbürgte Güte und Zufriedenheit umkehren. Das Verständnis dieser Wahrheiten befähigt uns, den sterblichen Einflüsterungen hinsichtlich der Mühsale des Lebens zu widerstehen und an unserer wahren Identität und unserer völlig guten und zufriedenstellenden Erfahrung als Kinder Gottes festzuhalten.
Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß uns die Erfüllung einer Verpflichtung, die uns von der göttlichen Liebe auferlegt wird, niemals zu einer Last werden kann; sie kann uns nur stärker und glücklicher machen, denn sie gibt uns einen klareren und bestimmteren Begriff von unserem Zusammenbestehen mit Gott.
Trotz des Mißverständnisses, das bei den Pharisäern über seine heilige Mission herrschte — ihr Haß und ihr Verlangen, ihn zu vernichten —, war Christus Jesus, der die wahre Natur des Lebens verstand, fähig, seinen Zuhörern zu sagen: „Kommet her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmet auf euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last ist leicht.“ Matth. 11:28–30; In genauer Übereinstimmung mit diesen tröstenden Worten des Meisters wiederholt die Christliche Wissenschaft für diejenigen, die sich durch ihr Schicksal niedergedrückt fühlen, die Zusicherung des Psalmisten: „Wirf dein Anliegen auf den Herrn; der wird dich versorgen und wird den Gerechten nicht ewiglich in Unruhe lassen.“ Ps. 55:23;
Unsere große Führerin, Mrs. Eddy, faßt das Verfahren einer lückenlosen Verteidigung gegen die aggressive Einflüsterung von einem mühseligen Leben mit den folgenden Worten in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ zusammen: „Laß weder Furcht noch Zweifel deinen klaren Sinn und dein ruhiges Vertrauen trüben, daß die Erkenntnis des harmonischen Lebens — wie Leben ewiglich ist — einen jeden schmerzvollen Sinn oder eine jede Annahme von dem, was Leben nicht ist, zu zerstören vermag. Laß die Christliche Wissenschaft statt des körperlichen Sinnes dein Verständnis vom Sein tragen, und dieses Verständnis wird Irrtum durch Wahrheit vertreiben, Sterblichkeit durch Unsterblichkeit ersetzen und Disharmonie durch Harmonie zum Schweigen bringen.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 495.