Es leuchtet ein, daß man lauschen muß, um zu hören. Wäre jedoch das Hören tatsächlich eine Funktion des körperlichen Organs, Ohr genannt, so ginge das Hören — ob man nun lauschte oder nicht — ununterbrochen vor sich, denn normalerweise ist die Einrichtung immer vorhanden, um auf die abwechselnd dichten oder dünnen Luftschichten, die wir Schallwellen nennen, zu reagieren. Aber sogar die gewöhnliche Erfahrung zeigt uns, daß wir — trotz der steten Bereitschaft des Ohres — nicht immer hören, was gesagt wird.
Was also hört eigentlich, und was ist es, das gehört werden muß? Mary Baker Eddy beantwortet diese Fragen in ihrem Buch „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ auf klare, einfache Weise: „Der Ton ist ein mentaler Eindruck auf die sterbliche Annahme. Das Ohr hört in Wirklichkeit nicht. Die göttliche Wissenschaft enthüllt, daß der Ton durch die Sinne der Seele mitgeteilt wird — durch das geistige Verständnis.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 213;
Diese Erklärung ist ein Teil der wissenschaftlichen Tatsachen des Seins, die Mrs. Eddy entdeckte und der Menschheit durch die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjən s'aiəns. darbot. Der eigentliche Kern dieser Entdeckung ist das Wesen des Christus, der — mit ihren Worten — „die wahre Idee [ist], die das Gute verkündet, die göttliche Botschaft von Gott an die Menschen, die zum menschlichen Bewußtsein spricht.“ S. 332; Wenn wir mit eifrigem und ernstem geistigen Verlangen auf diese Botschaft lauschen, hören wir sie. Sie schließt alles ein, was wir wissen müssen, um die lügenhafte beharrliche Behauptung des materiellen Sinnes zu zerstören, daß der unabhängig vom Denken funktionierende Organismus des Ohres Hörvermögen besitze und daß eine Beschädigung des Mechanismus dieses Hörvermögen beeinträchtigen könne.
Der Mensch ist es, der hört. Und was ist in Wirklichkeit der Mensch? Die Christliche Wissenschaft lehrt, daß er kein durch sich selbst bestehender, lebender materieller Körper ist, sondern die individuelle geistige Idee oder der Ausdruck des Geistes, Gottes, der das unendliche, vollkommene Gemüt des Menschen und des Universums ist; daß der Mensch daher — aufgrund des absolut ununterbrochenen Vorganges der geistigen Widerspiegelung — all die Fähigkeiten und Eigenschaften seines Schöpfers besitzt, einschließlich des Vermögens, zu lauschen und zu hören.
Wahres Hören ist untrennbar von unserer völligen, natürlichen Bereitschaft, auf das zu lauschen, was die Wahrheit, oder die Liebe, uns sagt. Durch das ununterbrochene Funktionieren des geistigen Sinnes sind wir stets in der Lage zu hören, was uns die Wahrheit wissen lassen will. Die Christliche Wissenschaft erklärt, daß dieser geistige Sinn die dem Menschen zugehörige, bewußte Fähigkeit ist wahrzunehmen, das heißt, das Gute zu hören und zu verstehen, das Gott uns mitteilt. Geistiges Lauschen ist daher wahres Hören; sie sind eins im Wirken, funktionieren stets vollkommen und sind vollständig unabhängig vom körperlichen Organ, das Ohr genannt.
Weder die geistige Fähigkeit, die Stimme Gottes, des Gemüts, zu hören, noch die Unmöglichkeit, diese Stimme zu hören, solange die Täuschungen des materiellen Sinnes das menschliche Denken beherrschen, sind rätselhaft. Der Apostel Paulus wußte sehr wohl darum, lehrte er doch die Christen in Korinth: „Denn welcher Mensch weiß, was im Menschen ist, als allein der Geist des Menschen, der in ihm ist? So weiß auch niemand, was in Gott ist, als allein der Geist Gottes... Der natürliche Mensch aber vernimmt nichts vom Geist Gottes; es ist ihm eine Torheit, und er kann es nicht erkennen; denn es muß geistlich verstanden sein.“ 1. Kor. 2:11, 14;
Gott spricht entweder direkt zu uns oder durch einen Boten, den Er selbst erwählt. Sollte jemand anderes uns gegenüber einen Gedanken äußern, so wird unser geübter geistiger Sinn imstande sein, bloße menschliche Meinung — das Produkt des materiellen Sinnes und des menschlichen Temperaments — von der wahren Idee, die der Ausfluß des göttlichen Prinzips ist, zu unterscheiden. Diese Fähigkeit, zu erkennen und anzunehmen, das heißt, wirklich nur die Wahrheit zu hören, ist völlig geistig; sie hat mit dem Ohr nichts gemeinsam, noch selbst mit der menschlich mentalen Fähigkeit des Hörens. Folglich kann diese Fähigkeit nicht gehemmt noch in irgendeiner Weise durch materielle Bedingungen oder Umstände berührt werden.
Die geistige Fähigkeit, gleichzeitig zu lauschen und zu hören, wird durch das Verständnis der Christlichen Wissenschaft entwickelt. Es enthüllt uns den befreienden Ausblick auf unsere wahre Identität als die geistige Widerspiegelung oder das Ebenbild Gottes; es weckt in uns das tiefe Verlangen, auf Gottes Stimme zu lauschen, und die Fähigkeit, sie zu hören. Wenn wir mit geistiger Klarheit und Beharrlichkeit erkennen und daran festhalten, daß diese unverletzbare Fähigkeit ein Teil unseres wahren Seins ist, werden falsche Annahmen in bezug auf beeinträchtigtes Hörvermögen vernichtet.
Was kann uns davon abhalten, die Stimme der Wahrheit und Liebe zu hören? Es ist mangelnde Bereitschaft, auf Gott zu lauschen, verursacht durch unsere Unwissenheit über unsere Beziehung zu der allwissenden, alles gebenden göttlichen Liebe. Oder es mag Ichbezogenheit sein, verbunden mit einer chronischen Vernachlässigung selbst der menschlichen Pflicht hinzuhören.
Wenn ein demütiges, wirklich gebeterfülltes, erwartungsvolles Lauschen auf Gottes Stimme verdrängt wird, durch eigensinnigen menschlichen Willen mit seinem starrköpfigen Verlangen, einen festgelegten Plan zu verfolgen, sind wir gegen die Stimme der göttlichen Führung und des göttlichen Schutzes taub.
Das mesmerische Argument, materielle Mittel und Wege hätten ihre Berechtigung, weil sie zu Erfolg oder Wohlstand führten, ist falsch. Es läuft nur darauf hinaus, daß wir die immergegenwärtige, stets hörbare Stimme des Geistes, des göttlichen Gemüts, weiterhin unbeachtet lassen.
Von solchen sagte Christus Jesus: „Darum rede ich zu ihnen in Gleichnissen. Denn mit sehenden Augen sehen sie nicht, und mit hörenden Ohren hören sie nicht; und sie verstehen es auch nicht. Und an ihnen wird die Weissagung Jesajas erfüllt, die da sagt: ‚Mit den Ohren werdet ihr hören und werdet es nicht verstehen; und mit sehenden Augen werdet ihr sehen und werdet es nicht erkennen. Denn dieses Volkes Herz ist verstockt, und ihre Ohren hören übel, und ihre Augen schlummern, auf daß sie nicht etwa mit den Augen sehen und mit den Ohren hören und mit dem Herzen verstehen und sich bekehren, und ich ihnen hülfe.‘ “ Matth. 13:13–15;
Wenn jedoch enttäuschende Erfahrungen unsere altgewohnte Abhängigkeit von materiellen Heilmethoden erschüttern, werden wir unsere Aufmerksamkeit bereitwilliger den geistigen Lehren der Christlichen Wissenschaft zuwenden. Wir werden besser vorbereitet sein, auf ihre tröstende, vergeistigende, heilende Botschaft zu lauschen und sie zu hören.
In dem Maße, wie die Erleuchtung durch den Christus anfängt den Nebel der persönlichen Auffassung vom Menschen, von Leben und Gemüt aufzulösen, beginnt der menschliche Gedanke, sich den Dingen des Geistes zuzuwenden. Dies ist der Anfang wahren Lauschens, und wir hören die Stimme der allweisen, göttlichen Liebe. Wenn wir dann auf Gott gelauscht und Seine leitende, heilende Botschaft der Wahrheit gehört haben, „werden wir in der Lage sein, mit Gewißheit zu singen, wie es der Psalmist tat: „Gelobt sei der Herr; denn er hat erhört die Stimme meines Flehens.“ Ps. 28:6.
