Hirten auf städtischen Feldern
Eine Kirche, die sich im Amerika der dreißiger Jahre in einem größtenteils von Weißen bewohnten Viertel befand, mag in den sechziger Jahren eine in bezug auf Rasse, nationale Herkunft und Kultur völlig neue Gemeinde haben. Wenn eine solche Kirche überleben und wachsen will, muß sie lernen, wie sie diesen Menschen dienen kann. Wenn alle Kirchen in die Vororte ziehen würden, würden sie in moralischer und geistiger Hinsicht ein Vakuum zurücklassen, in dem keine Gemeinde gedeihen kann. Viele Kirchen in Großstädten bleiben also, wo sie sind, um die Hirtenarbeit zu tun und neue Herden in ihre Hürden zu sammeln.
Eine Zweigkirche Christi, Wissenschafter, in einer südkalifornischen Großstadt berichtet von Fortschritten bei der Seelsorge im Stadtzentrum. Diese Kirche befindet sich am Rande eines von verschiedenen Rassen bewohnten Stadtviertels, in dem fast alle Minderheitsgruppen der Stadt vertreten sind. Das angrenzende Stadtgebiet wurde vor nicht langer Zeit durch den Bau einer Fernverkehrsstraße auseinandergerissen, und drei protestantische Kirchen wurden dadurch zur Schließung gezwungen, doch die christlich-wissenschaftliche Kirche blieb und sucht Mittel und Wege, wie sie dienen und größere Einigkeit und Harmonie zwischen den Rassen zustande bringen kann — in der Kirche und in der Stadt selbst.
„Erfreulicherweise ist [unsere Stadt] bisher, von schweren Unruhen verschont geblieben, doch wir haben hier die gleichen Probleme, wie andere sie haben“, erklärte der Assistent des Veröffentlichungsamtes. Als seine Kirche erkannte, daß es logisch war, ihren heilenden Einfluß auf die in der nächsten Umgebung lebenden Leute auszudehnen, machten sich die Mitglieder an die Arbeit, ihre Kirche für die afro-amerikanische Bevölkerung „sichtbarer“ zu machen. Ein Schritt bestand darin, mit dem Schriftleiter der Zeitung dieses Wohnviertels eine engere Beziehung herzustellen. Die Kirche warb in der Zeitung mit einer Anzeige für einen Vortrag über die Christliche Wissenschaft, und über diesen Vortrag und seitdem auch alle weiteren wurde in der Zeitung vorzüglich Bericht erstattet. In den Leitartikeln der Zeitung wird jetzt der Christian Science Monitor zitiert.
Außerdem wurde in der Spalte „Familie der Woche“ über die Lesezimmer-Bibliothekarin mit ihrer Familie, die Afro-Amerikaner sind, geschrieben, und dabei wurde deren Arbeit für ihre Zweigkirche hervorgehoben. „Zweifellos hat sich das Bild [unserer Kirche] als einer, weißen‘ Kirche in den Augen vieler Leser gewandelt“, erklärte er und fügte hinzu, daß es „der notwendige Schritt vorwärts war, ehe wir erwarten können, daß die Bevölkerung zu unseren Gottesdiensten und in die Sonntagsschule kommt“.
Während der Rassenunruhen in einigen amerikanischen Städten im Sommer des vergangenen Jahres erschien auf der Titelseite des Monitors eine Erklärung des Vorstands der Christlichen Wissenschaft über Rassenfrieden. Sie wurde im Sonntagsgottesdienst vom Pult verlesen und war für die Gemeinde hilfreich und von Bedeutung. Und der Lehrer einer rassischen Minderheitsgruppe erhielt ein Monitor-Freiabonnement, das ihm gute Dienste leistete, als er später die Leitung eines Programms für zwischenmenschliche Beziehungen übernahm, das für das ganze Schulsystem lief, und danach auch die Leitung für das noch laufende Bildungsfernsehprogramm über zwischenmenschliche Beziehungen, das sich alle Lehrer der Stadt jeden Monat ansehen.
Gegenwärtig vergibt diese zweigkirche Monitor-Freiabonnements an Führer militanter Negergruppen („Schwarze Macht“) und an Ortsleiter des „Office of Economic Opportunity“, das auf lokaler Ebene Armut und Arbeitslosigkeit bekämpft. Zweigkirchen in anderen Teilen der Stadt tragen zur Finanzierung dieser Freiabonnements bei und zeigen damit, daß sie sich bewußt sind, daß alle bei der Lösung der Probleme der Innenstadt mithelfen können, nicht nur die, die dort wohnen.
Bei Zeitungsanzeigen der Zweigkirche wurden Bilder von der Sonntagsschule verwendet, um zu zeigen, daß sie sowohl von schwarzen als auch von weißen Kindern besucht wird. „Nur solch ein Foto würde den Kindern von Minderheitsgruppen zeigen, daß sie hier willkommen sind. Unsere Kirche ist keine weiße Kirche und wird auch keine schwarze Kirche sein; es ist eine christlich-wissenschaftliche Kirche“, versicherte er. Sowohl schwarze als auch weiße Amerikaner sind in Kirchenämter gewählt oder dafür ernannt worden, die einen hohen Grad an Intelligenz und Geistigkeit erfordern. Das trifft auch auf andere christlich-wissenschaftliche Zweige zu, deren Mitgliedschaft sich aus unterschiedlichen Rassen zusammensetzt.
Zum Schluß sei gesagt, daß sich der Assistent des Veröffentlichungsamtes darüber im klaren war, daß viel mehr getan werden muß, um die Einstellung der Bevölkerung zur Kirche und der Kirche zur Bevölkerung zu heilen; aber er sieht erwartungsvoll der Zeit entgegen, wenn Kirchen mit Mitgliedern verschiedener Rassen in Städten mit verschiedenen Rassen als normal angesehen werden und es „keine Rassenprobleme geben wird, sondern nur unbegrenzte Möglichkeiten“.