Die Glaubwürdigkeit des biblischen Berichts über die jungfräuliche Geburt Christi Jesu wird gelegentlich von Bibelkundigen und von manchen ernsten Christen angezweifelt. Da sie die geistige Bedeutung und Möglichkeit des Ereignisses nicht erfassen können, sind sie skeptisch und nehmen an, daß es eine Mythe sei, die während der Jahre zwischen Jesu Geburt und deren Aufzeichnung in den Bericht eingefügt wurde. Sie weisen darauf hin, daß die jungfräuliche Geburt weder im Markus- und Johannesevangelium noch in den Briefen des Paulus ausdrücklich erwähnt ist, und schließen daraus, daß diesen Schreibern nichts darüber bekannt war. Sie stellen sie gewissen Legenden gleich, die in den Religionen alter Zeiten verbreitet waren und in denen die Geburt eines Führers auf die Vereinigung eines mythischen Gottes mit einem menschlichen Wesen zurückgeführt wurde, obwohl auf eine solche Vereinigung im Matthäus- und Lukasevangelium nicht hingedeutet wird.
Die geistige Bedeutung der Heiligen Schrift wurde Mary Baker Eddy mit nie dagewesener Klarheit offenbart und wird durch die Christliche Wissenschaft erläutert, die von ihr entdeckt und gegründet wurde. Mrs. Eddys natürliche, vernunftgemäße Erklärung der sogenannten Wunderheilungen, von denen in der Bibel berichtet wird, ist so vollständig und exakt, daß die Möglichkeit des geistigen Heilens wiederum weitgehend anerkannt wird. Ihre Wahrnehmung und Darlegung der Botschaft des Evangeliums ist durchdringend, klarumrissen und beweisbar. Niemand außer dem Meister selbst hat die leuchtende Wirksamkeit der christlichen Botschaft den Herzen der Menschen so eingeprägt wie sie. Ihre Erkenntnis in bezug auf die jungfräuliche Geburt ist daher bedeutsam; und sie ist kompromißlos positiv.
Durch den klaren Unterschied, den Mrs. Eddy zwischen Jesus, dem Wegweiser, und Christus, dem Geist der Wahrheit, der ihn beseelte, macht, wird die Bedeutung der jungfräulichen Geburt offenkundig. Der Erlöser war weit mehr als ein inspiriertes menschliches Wesen, und es war mehr als menschliche Zeugung erforderlich, um den Christus in den Bereich des menschlichen Wahrnehmungsvermögens zu rücken. Obwohl er in einer für die Menschheit wahrnehmbaren Form erschien, war sein wahrer Ursprung göttlich. Mrs. Eddy schreibt in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift: „Jesus war der Sohn einer Jungfrau. Er war dazu ausersehen, Gottes Wort zu verkündigen und den Sterblichen in einer menschlichen Gestalt zu erscheinen, die sie sowohl verstehen wie wahrnehmen konnten. Marias Empfängnis von ihm war geistig, denn Reinheit allein war imstande, Wahrheit und Liebe widerzuspiegeln, die in dem guten und reinen Christus Jesus sichtlich Fleisch wurden.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 332;
Wie die Christliche Wissenschaft demonstriert, ist der Mensch tatsächlich Idee — die Idee des göttlichen Gemüts oder Gottes. Er wird nicht vom Fleisch noch im Fleisch geborn; sein Ursprung und Sein sind ausschließlich mental und göttlich. Das, was als ein Sterblicher mit einem fleischlichen Körper erscheint, ist eine falsche Auffassung vom Menschen — falsch, weil sie nicht dem vollkommenen und unendlichen Gemüt, dem einzigen Schöpfer, entspricht. Wenn die sterblichen, falschen Auffassungen durch die Wirksamkeit der Christlichen Wissenschaft dem göttlichen Bewußtsein weichen, verschwindet die Sterblichkeit mit ihrer Sünde und Krankheit, und die tatsächliche geistige Vollkommenheit des Menschen wird sichtbar.
Die heilende Macht Christi Jesu, die dem unerleuchteten Denken wie ein Wunder erschien, hatte in Geist, Gott, ihren Ursprung. Sie war in keiner Weise das Ergebnis der materiellen Zeugung, und doch war sie untrennbar von dem wahren Wesen des Meisters, grundlegend für seine Mission. Das wird offenkundig, wenn man sich seine Laufbahn ohne seine Heilungswerke vorzustellen sucht. Sie waren die Grundlage seiner Lehren, das heißt des Christentums.
Die Tatsache, daß er mit dem Christus ausgestattet war, gab ihm unbezwingbare Macht, zu erlösen. Dieses Verständnis und dessen Betätigung verschwanden frühzeitig in der christlichen Geschichte, als das Christentum mehr aufgrund eines kaiserlichen Ediktes und des öffentlichen Beifalls wegen angenommen wurde als aufgrund echter Erkenntnis oder Überzeugung; heute jedoch leben wir im Zeitalter seiner Wiederherstellung als Christliche Wissenschaft. Diese überragende Macht und Erleuchtung beruhen auf einer geistigen Ursache und entstammen nicht einem menschlichen Zeugungsprozeß.
Diese lebenswichtige Botschaft muß jedoch das menschliche Bewußtsein erreichen, das sich hauptsächlich mit der Materie beschäftigt. Folgendes ist der gegenwärtige Aspekt der Doppelerscheinung, wie er in der göttlichen Wissenschaft zum Ausdruck kommt: Nicht die Geburt eines Knaben, sondern die Widerspiegelung des Göttlichen kennzeichnet das zweite Erscheinen des Christus im Fleisch. Die Kundwerdung der Wahrheit stellt die große Wirklichkeit der Ankunft der göttlichen Wissenschaft dar. Eine solche Empfängnis muß notwendigerweise rein, jungfräulich, geistig sein. Wie Johannes es ausdrückt: „Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit, eine Herrlichkeit als des eingebornen Sohnes vom Vater, voller Gnade und Wahrheit.“ Joh. 1:14; Nicht ein biologischer Same, sondern das Wort „ward Fleisch“.
Jesus bezog sich beständig auf Gott als seinen Vater. Er sagte: „Ihr sollt niemand euren Vater heißen auf Erden; denn einer ist euer Vater, der im Himmel ist.“ Matth. 23:9; Gebot er uns nicht, die Vorstellung von materieller Zeugung zu verwerfen, damit wir, wie er, Gottes Vaterschaft erkennen können?
Er sagte zu Nikodemus: „Es sei denn, daß jemand geboren werde aus Wasser und Geist, so kann er nicht in das Reich Gottes kommen ... Ihr müsset von neuem geboren werden.“ Joh. 3:5—7; Forderte dieses Gebot nicht eine geistige Wiedergeburt, die für jeden von uns erreichbar und wesentlich ist?
Obwohl Markus die Ankunft des Heilands nicht erwähnt, ist dies kein Hinweis, daß er nichts darüber wußte. Er spricht von Jesus als „Marias Sohn“ Mark. 6:3;, obwohl es damals üblich war, den Vater eines Menschen, nicht seine Mutter zu nennen. Betrachtete er nicht vielleicht die Umstände der Geburt des Heilands als zu gut bekannt, um sie aufzuzeichnen? Johannes hat vielleicht dieselben Gedanken gehabt; ja, in seinem Evangelium sind viele Stellen enthalten, die den heiligen Ursprung des Meisters anerkennen. Paulus erkannte ebenfalls Christus Jesus als den Sohn Gottes an. Mochte er es nicht vielleicht vermieden haben, ein Ereignis zu verkünden, das so leicht fälschlich als übernatürlich ausgelegt werden konnte, wodurch es menschlich unmöglich wäre, dem erhabenen Beispiel der Meister gab, zu folgen? Dies hätte Jesu Mission entgegengearbeitet.
Obwohl sich solche Fragen nicht mit Sicherheit beantworten lassen, werden die in der Heiligen Schrift enthaltenen Grundwahrheiten dadurch nicht berührt. Was wirklich erkannt werden muß, ist von Mrs. Eddy klar herausgestellt worden, nämlich daß wir durch Jesu Werke und Lehren, die seinem Stand als dem Sohn Gottes, nicht als dem Sohn Josephs, entsprangen, Zugang zu dem Verständnis haben, durch das wir ebenfalls seine Werke tun können, wie er gebot. Wie Johannes es ausdrückt: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden, die an seinen Namen glauben, welche nicht von dem Geblüt noch von dem Willen des Fleisches noch von dem Willen eines Mannes, sondern von Gott geboren sind.“ Joh. 1:12,13; Jesus, der dazu geboren war, uns den Weg zum ewigen Leben zu zeigen, war nicht der Nachkomme eines menschlichen Vaters; damit er jedoch der Wegweiser für die Menschheit werden konnte, wurde er von einer menschlichen Mutter geboren.
Mrs. Eddy sagt uns: „Die verborgene Fülle der Weisheit muß entdeckt, ihre Schätze müssen neu hervorgebracht und der Welt geschenkt werden, ehe der Mensch ehrlich folgern kann, daß er nach Ordnung, Art und unbeflecktem Ursprung des Menschen der göttlichen Wissenschaft gemäß erkannt worden ist, der Wissenschaft, die allein das göttliche Prinzip und die geistige Idee des Seins demonstriert.“ Vermischte Schriften, S. 165.