Obwohl mit „Krise“ tatsächlich ein Höhepunkt bezeichnet wird, dem eine Wendung zum Besseren oder Schlechteren folgt, so ist doch im allgemeinen häufiger das letztere gemeint. Diese Auffassung ist ein Bestandteil der Annahme, daß das menschliche Leben aus einem Auf und Ab besteht, hervorgerufen durch den Konflikt zwischen Gut und Böse. Daher ist die natürliche Freude über gute Gesundheit, glückliche menschliche Beziehungen oder gute wirtschaftliche Verhältnisse meist von der Befürchtung begleitet, daß gewisse ungünstige Umstände an Einfluß gewinnen könnten, bis sich eine Krise erhebt, in der das Böse möglicherweise das Gute überwältigt.
Diese Annahme von der Ungewißheit des Guten argumentiert dort mit besonderer Beharrlichkeit, wo es sich um Fragen der Gesundheit handelt. Der materielle Sinn ist der Meinung, daß Gesundheit eine Bedingung des physischen Körpers sei, abhängig von Nahrung, Klima, Vererbung, von Schwächen, die sich eingestellt haben, und so weiter, und daß — wenn auch deren Wirkungen zuerst unbedeutend sein mögen — sie doch leicht bis zu dem Punkt einer Krise anwachsen, wo mit einer Wiederherstellung oft nicht mehr zu rechnen ist.
Die Christliche WissenschaftChristian Science; sprich: kr'istjən s'aiəns. zeigt klar, daß eine Krise ein Zustand des sterblichen, materiellen Bewußtseins ist. Wodurch wird sie dann im menschlichen Leben herbeigeführt? Sie beginnt vielleicht mit der unausgesprochenen oder ausgesprochenen Suggestion, daß das Gute, dessen wir uns erfreuen, eine Sache des Zufalls sei, den Machenschaften des Bösen ausgesetzt, und daß das Gute, weil es keine bestimmte Quelle noch ein bestimmtes Gesetz habe, vergänglich und dem Wechsel oder Verlust unterworfen sei.
Falls solche Suggestionen nicht unverzüglich gehandhabt und mit der Wahrheit des Seins zerstört werden, führen sie leicht dazu, Vorahnungen und Furcht zu erwecken. Mit diesen kommt ein zunehmender Druck, verschiedene Schritte zu unternehmen, um die drohende Krise abzuwenden. Doch irgendwelche Schritte, die durch Furcht veranlaßt und vom menschlichen, sterblichen Gemüt geplant werden, um seinen eigenen falschen Behauptungen entgegenzuwirken, sind ebenso irrig wie die Annahme von der Krise selbst — und ebenso machtlos.
Mary Baker Eddy warnt uns in ihrem Buch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift vor dem Gebrauch materieller Mittel zum Heilen materieller Probleme, und sie schreibt: „Dadurch, daß man es der Materie überlassen hat, ihre Disharmonie selbst zu zerstören, sind Gesundheit und Harmonie geopfert worden. Solche Systeme sind der Lebensfähigkeit geistiger Kraft bar, durch die der materielle Sinn zum Diener der Wissenschaft gemacht wird und die Religion christusähnlich wird.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 146; Maßnahmen, die unter dem Druck des materiellen Sinnes ergriffen werden, mögen eine Zeitlang die Furcht vor der Krise beschwichtigen, doch nur die wissenschaftliche Bejahung der alleinigen Wirklichkeit und selbsterhaltenden Macht des Guten und der Unwirklichkeit des Bösen und seiner Gebilde ist eine radikale Hilfe.
Das Heilmittel für die Materie ist die Wahrheit — nicht eine andere Form von Materie. Das Heilmittel gegen die Furcht vor dem, was das sterbliche Gemüt uns antun kann, ist nicht in den Mitteln und Wegen des materiellen Sinnes zu finden, sondern in dem Verständnis der Unwirklichkeit dieses Sinnes und der Nichtigkeit seiner Drohungen. Da eine Krise irgendwelcher Art in der Annahme besteht, das Böse balle sich zusammen, ist sie — grundsätzlich gesprochen — offensichtlich das Ergebnis der falschen sterblichen Überzeugung von der Wirklichkeit des Bösen und dessen Macht, das Gute zu überwinden. Das Heilmittel besteht folglich darin, die Wirklichkeit zu verstehen, das wahre Wesen des Guten und die Beziehung des Menschen zu Gott, der die unversiegbare Quelle seiner Versorgung und seines Schutzes ist.
Die Darlegung der Wirklichkeit, wie Mrs. Eddy sie uns gibt, ist grundlegend für die wissenschaftliche Handhabung einer jeden Form von Krise: „Alle Wirklichkeit ruht in Gott und Seiner Schöpfung und ist harmonisch und ewig. Was Er schafft, ist gut, und Er macht alles, was gemacht ist. Daher ist die einzige Wirklichkeit von Sünde, Krankheit und Tod die schreckliche Tatsache, daß der menschlichen, irrenden Annahme Unwirklichkeiten wirklich scheinen, bis Gott ihnen ihre Maske abnimmt. Sie sind nicht wahr, weil sie nicht aus Gott sind.“ S. 472;
Die Wirklichkeit ist daher das unveränderliche Gute. Sie enthält keine Bedrohung für das Gute, keine Krise, kein siegreiches Übel. In der Wahrheit gibt es kein Auf und Ab, und die Wahrheit ist das Leben selbst, die allwissende, alles lenkende göttliche Liebe, die der Mensch — das individuelle geistige Wesen — widerspiegelt. Weil alles Gute von Gott ist, ist es nicht etwas, was kommt und geht, sondern es wirkt und segnet in Übereinstimmung mit dem Gesetz Gottes. Gott, das göttliche Prinzip, enthält kein böses Element, keine angeborenen Schwächen, die sich entwickeln und Sein Gesetz des ewigen Schutzes und der ewigen Führung beiseite schieben könnten.
Der wirkliche Feind in irgendeiner Krise ist die verwirrende Furcht vor dem Bösen. Diese Verwirrung und Aufregung — die für das sterbliche Gemüt mit seiner Erwartung eines kritischen Wendepunkts in unserer Gesundheit oder in unseren Angelegenheiten natürlich sind — kann durch wissenschaftliches, vertrauensvolles Festhalten an der immer wirksamen, stets angemessenen erhaltenden Macht Gottes überwunden werden. Der Christus, die Wahrheit, wird dann den Aufruhr zum Schweigen bringen, die Menschen befähigen, von ihren gottgegebenen Fähigkeiten weitgehend Gebrauch zu machen, und den falschen Sinn und die Furcht vor einer bösen Ursache auslöschen.
Mrs. Eddys Anweisungen in Wissenschaft und Gesundheit unter der Randüberschrift „Wie eine Krisis zu behandeln ist“ lassen sich gleichermaßen auf die wissenschaftliche Behandlung einer jeden kritischen Situation anwenden: „Wenn während deiner Behandlung eine Krisis eintritt, mußt du den Patienten weniger gegen die Krankheit behandeln und mehr gegen die mentale Störung oder Gärung und mußt die Symptome überwinden, indem du die Annahme beseitigst, daß diese Chemikalisation Schmerz oder Krankheit erzeugt. Bestehe mit Nachdruck auf der großen, alles umfassenden Tatsache, daß Gott, Geist, alles ist und daß außer Ihm kein anderer ist.“ S. 421;
Im Matthäusevangelium wird der menschlichen Familie ein Beweis dafür gegeben, daß die verständnisvolle Erklärung der Allmacht der Wahrheit jegliche Krise und deren Befürchtungen und Verwirrungen verscheucht. Ein plötzlicher Sturm, der von den Bergen herniederfegte, die das Galiläische Meer umgeben, brachte die Menschen, die in einem kleinen Schiff unterwegs waren, in ernste Gefahr. Sie schienen verzweifelt in der Krise, die für alle verhängnisvoll zu werden drohte. Doch es war einer unter ihnen, der die lebenerhaltende Macht Gottes kannte und der wußte, welche unmittelbare Wirkung sie auf die tosende Bedrohung durch Wind und Wasser hatte und auf die Furcht und Verwirrung derer, die um ihn her waren. Es war Jesus der Christus. Matthäus berichtet: „Und die Jünger traten zu ihm und weckten ihn auf und sprachen: Herr, hilf uns, wir verderben! Da sagt er zu ihnen: Ihr Kleingläubigen, warum seid ihr so furchtsam? Und stand auf und bedrohte den Wind und das Meer. Da ward es ganz stille.“ Matth. 8:25, 26.
Der Meister verscheuchte jede Krise im Leben derer, die wegen Heilung zu ihm kamen, und er richtete in ihrem Bewußtsein die große Stille des Christus, der Wahrheit, auf, in der es nichts Böses, keine Krise, keine Verwirrung, keine Furcht gibt. Heute kann das durch die Christliche Wissenschaft gewonnene Verständnis von der Macht der Wahrheit, verbunden mit unserem wachsamen geistigen Widerstand gegen die listigen Einschüchterungen und offenen Drohungen des Irrtums, die gleiche Stille des Christus in unserem eigenen Bewußtsein herstellen. So können wir beweisen, daß, weil es in der Wahrheit nie irgendeine Krise gibt, auch keine in unserer Erfahrung eintreten kann.