Dies ist ein offener Brief an Sie — an alle, die in den Militärdienst ihres Landes eintreten.
Wie im zivilen Leben, so werden auch beim Militär die traditionellen moralischen Werte angefochten. Viele fragen: „Warum soll ich gut sein? Was habe ich davon?“ Als Feldgeistlicher und als Freund möchte ich über Fragen der Moral sprechen, mit denen Sie zu tun haben werden.
Die moralische Patsche, in der sich viele befinden, kommt zum Teil von der Ansicht, daß die Menschen gewisse innere Triebe haben, denen sie freien Lauf lassen müssen, wenn sie glücklich und gesund sein wollen, und daß die althergebrachte Moral dem nicht im Wege stehen dürfe. Die Argumente, die gegenwärtig für die „neue Moral“ vorgebracht werden, scheinen allgemein auf dieser Voraussetzung zu beruhen. Sie sind jedoch irreführend, weil sie die wesentlichen Bedürfnisse der geistigen Natur des Menschen außer acht lassen.
Die Instinkte und das Vorgehen des fleischlichen Gemüts wurden Jahre vor Freud in dem Buch Wissenschaft und Gesundheit von Mary Baker Eddy aufgezeichnet. In dem Kapitel über die Ehe zeigt sie, daß man durch die Christusmacht den Geschlechtstrieb und andere Triebe unterwerfen und sie in Übereinstimmung mit dem moralischen Gesetz in konstruktive Bahnen leiten kann. Darüber hinaus zeigt sie, daß man sich Gesundheit und Harmonie nicht durch leichtfertiges Genußleben, sondern vielmehr durch solch eine Selbstbeherrschung bewahrt.
Aber Mrs. Eddy blieb nicht bei der Erklärung fleischlicher Instinkte stehen. Indem sie sich Christus Jesus zum Vorbild nahm, erforschte sie das wirkliche Wesen des Menschen als des Gleichnisses Gottes und bot es uns dar. Sie schreibt: „Der Mensch ist frei geboren; er ist weder der Sklave der Sinne noch tänzelt er töricht nach der Pfeife vermeintlicher Freuden und Leiden der selbstbewußten Materie. Der Mensch ist Gottes Bild und Gleichnis; was immer Gott möglich ist, ist dem Menschen als Gottes Widerspiegelung möglich.“ Vermischte Schriften, S. 183;
Was für eine Freude ist es für Sie, wenn Sie dies für sich selbst entdecken und so Herrschaft über die Sünde gewinnen! Es ist eine Erleichterung herauszufinden, daß die grundlegenden Elemente des menschlichen Lebens und die wirkliche Antriebskraft Ihres wahren Seins geistige Eigenschaften sind, und nicht fleischliche Begierden. Sie können leben, ohne sich fleischlichen Begierden hinzugeben, aber Sie können nicht ohne geistige Werte leben. Glück und Gesundheit sind von solchen Werten abhängig und können nicht ohne sie erreicht werden. Geistige Werte kommen als rechte Ideen von Gott und machen die Individualität des Menschen aus.
Die Christliche Wissenschaft zeigt, wie die Ansprüche des unbewußten sterblichen Gemüts durch das Verständnis von dem reinen Bewußtsein des Menschen, das das göttliche Gemüt widerspiegelt, zurückgewiesen werden können. Daher ist es eine demonstrierbare Tatsache, daß Geistigkeit, und nicht Triebhaftigkeit, das Gesetz für das Leben des Menschen ist. Paulus drückt es auf folgende Weise aus: „Das Gesetz des Geistes, der da lebendig macht in Christus Jesus, hat mich frei gemacht von dem Gesetz der Sünde und des Todes.“ Röm. 8:2;
Beim Militär werden Sie denselben Versuchungen ausgesetzt sein wie im zivilen Leben, aber die Umstände mögen sie zwingender erscheinen lassen. In der Grundausbildung zum Beispiel werden Sie mit allen möglichen Menschen auf engem Raum zusammengedrängt leben müssen. Viele von ihnen werden recht ungehobelt sein. Von morgens bis abends werden Sie in hartem Dienst stehen und viele geringe Arbeiten tun müssen. Sie werden wenig Freiheit haben, und wahrscheinlich werden Sie sich ganz ungebunden fühlen wollen, wenn Sie dienstfrei sind oder Stadturlaub bekommen. Das Böse mag flüstern, daß keiner weiß oder sich darum kümmert, was Sie machen, wenn Sie von zu Hause und von Ihren Freunden fort sind. Solch eine Umgebung mag Gelegenheit zum Sündigen bieten, und Gleichgesinnte mögen Sie noch anstacheln.
Es ist diese mentale Atmosphäre, mit der man es aufnehmen muß. Wenn Sie aber innehalten und die Versuchung analysieren — ist sie nicht eigentlich eine Aufforderung, mehr gottähnliche Eigenschaften zum Ausdruck zu bringen, eine Forderung nach mehr geistiger Kraft und Stärke, mehr Demut und Geduld für tägliche Aufgaben, mehr Selbstdisziplin statt äußerer Vorschriften? Sie können direkt die sittliche Erhebung spüren, wenn Sie bei einem ausgegebenen Befehl, der Ihnen nicht gefällt, dem Eigenwillen und dem Groll nicht nachgeben. Sie können wissen, daß Gottes Wille allerhaben ist — „Dein Wille geschehe“ Matth. 6:10;. Das Schauspiel der Triebhaftigkeit ist nichts weiter als ein mißverstandener Ruf nach mehr Geistigkeit. Wenn Sie diesem Schauspiel gegenüberstehen, dann sollten Sie nicht sich selbst oder andere erniedrigen, sondern statt dessen Ihr eigenes und das Leben der Menschen um Sie herum höher heben.
Wie kann man diese unentbehrlichen moralischen und geistigen Eigenschaften — Kraft, Demut, Geduld, Selbstdisziplin — gewinnen? Die Antwort liegt darin, daß wir uns Gott wieder zuwenden, daß wir die lebenswichtige Gewißheit erlangen müssen: Er ist unser Leben und unser Gemüt. Wenn Sie mehr über Gott lernen, erkennen Sie, daß Seine Eigenschaften eigentlich Ihre wahre Selbstheit als Sein Ebenbild ausmachen. Der verderbliche Einfluß des fleischlichen Gemüts wird dann als eine Täuschung erkannt. Wenn Sie als Sein Ebenbild Ihre unveränderliche Beziehung zu Gott beanspruchen, werden die Fesseln der Triebhaftigkeit gesprengt. Es stellt die innere Freude und den inneren Frieden des christusgemäßen Denkens wieder her.
Wenn wir nicht durch Gebet die Herrschaft über sündige Versuchungen gewinnen, ergreifen sie allmählich von unserem Denken Besitz. Nach und nach werden wir die Impulse, die wir fühlen, als unsere eigenen annehmen. Wie ein Mensch unter Hypnose, so werden auch wir nicht unsere eigenen Entscheidungen treffen, sondern einfach auf die uns gegebenen Einflüsterungen reagieren. Wir werden Dinge tun, die wir normalerweise auf keinen Fall tun würden. Weil das Gefühl für das Rechte und Unrechte verlorengeht, würde man schließlich ein moralisch Schwachsinniger werden und die ganze Tragik und den ganzen Schmerz erleben, die das für einen selbst und für andere mit sich bringt. Die Befürworter der „neuen Moral“ nehmen ganz naiv an, daß der Betreffende alle Entscheidungen auf moralischem Gebiet mit völlig geistiger Klarheit trifft, während sein Denken hingegen von Haß, Furcht oder Begierde mesmerisiert sein mag.
Wie können Sie dieser magnetischen Anziehungskraft des tierischen Wesens — oder des tierischen Magnetismus, wie die Christliche Wissenschaft es nennt — Herr werden? Sie können damit beginnen, daß Sie als Gottes Gleichnis Ihr Erbe an Güte und Reinheit beanspruchen. Dann wird die Bewußtheit von der Immergegenwart und Macht Gottes Sie tragen. Da das Böse eine Suggestion und nicht eine Macht ist, wird es zerstört, wenn Sie die Tür Ihres Denkens vor ihm verschließen. Das ist es, was Jesus tat, als er in der Wüste versucht wurde, und was er seine Nachfolger zu tun lehrte.
Was habe ich davon, wenn ich gut bin? Viele stellen heute diese Frage, und die beste Antwort, die ich kenne, wurde von dem Apostel Paulus gegeben: „Fleischlich gesinnt sein ist der Tod, und geistlich gesinnt sein ist Leben und Friede.“ Röm. 8:6. In meiner Arbeit habe ich dies bewiesen gesehen. Wenn Männer und Frauen vertrauensvoll ihr Herz ausschütten, hat die Sünde für sie ihren Glanz verloren. Sie erzählen, wie sie durch moralische Schwäche die echte Liebe verloren haben, ihre Selbstachtung aufgegeben und oft sogar ihre Arbeitsstelle und ihren Rang geopfert haben.
Wenn solche Dinge vorkommen, stellt es sich heraus, daß die Philosophie der Playboys, die alles zu legitimieren sucht, daß das Drängen der Kameraden, der fadenscheinige Vorwand des Erfahrenwerdens, der Mesmerismus, der als Liebe angesehen wird, die tausend Verlockungen — ja, daß dies alles töricht gewesen ist, und der Betreffende fragt sich, wie er sich nur so sehr hat täuschen lassen können. Fleischlich gesinnt sein ist in der Tat der Tod.
Aber geistlich gesinnt sein — das heißt sich an Gott und in allen menschlichen Beziehungen an die geistigen Werte halten — ist in der Tat Leben und Friede. Wer sich an Paulus' Worte hält, stellt fest, daß geistige Werte das Leben selbst sind, denn der Mensch ist nur dann er selbst, wenn er Gottes Eigenschaften zum Ausdruck bringt. Ich habe gesehen, wie Männer und Frauen, die heruntergekommen waren, plötzlich ein neues Licht in ihren Augen hatten, als sie in sich selbst erneut die Güte entdeckten, die Gott verleiht. Wenn wir uns Gott zuwenden, werden wir von dem Wirken des Christus, der erhebenden und läuternden Macht der Wahrheit erfaßt.
Es ist die göttliche Liebe, nicht der fleischliche Instinkt, die das gute Leben bestimmt und die Menschheit in ihrem Kampf darum unterstützt. Die göttliche Liebe, nicht die Fleischlichkeit, ist der Wesenskern des Universums und des Menschen. Wenn Sie Ihr Denken mit der göttlichen Liebe in Einklang halten, können Sie nicht falsch gehen, denn die Liebe verleiht die Gewißheit von dem, was recht ist, und die Kraft, ihm zu folgen. Dann wird Ihr Militärdienst ehrenhaft und konstruktiv sein. Er wird Sie und andere segnen.