Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

DIE BIBEL ALS ZUSAMMENHÄNGENDES GANZES

[Diese Artikelserie zeigt die stetige Entfaltung des Christus, der Wahrheit, die ganze Heilige Schrift hindurch.]

Deutero-Jesaja: Prophet des Universalismus

Aus der April 1971-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Wie in dieser Artikelserie angedeutet wurde, sind maßgebliche Gelehrte der Ansicht, daß jenes bemerkenswerte Buch, das in der bekannten englischen King-James-Übersetzung als „Das Buch des Propheten Jesaja“ bezeichnet wird, einen großen Zeitraum der ereignisreichen Geschichte Israels behandelt.

Es bestehen kaum Zweifel, daß der größte Teil der ersten 39 Kapitel aus der Feder von „Jesaja, [dem] Sohn des Amoz“ (Jes. 1:1) stammt, der im 8. Jahrhundert v. Chr. lebte und sich mit den ständigen Angriffen des assyrischen Imperiums gegen sein Land auseinanderzusetzen hatte. Tatsächlich werden die Assyrer in den ersten 39 Kapiteln etwa vierzigmal erwähnt.

In Vers 6 des 39. Kapitels steht eine ernste Warnung an den König Hiskia, daß Gefahr und Schwierigkeiten aus einer neuen Richtung bevorstünden: „Siehe, es kommt die Zeit, daß alles, was in deinem Hause ist und was deine Väter gesammelt haben bis auf diesen Tag, nach Babel gebracht werden wird, so daß nichts zurückbleibt, spricht der Herr.“

Was konnte getan werden, um die wiederholten Angriffe Assyriens, die die Hebräer in der Vergangenheit aufgerieben hatten, zunichte zu machen? Und wie konnte die gefürchtete Macht Babylons zurückgedrängt oder vielleicht sogar gestürzt werden?

Der nachfolgende Teil des Buches Jesaja gehört genau der Zeitepoche an, die im 39. Kapitel vorausgesagt wurde. Die Kapitel 40–55 werden einem unbekannten, doch tief geistigen Verfasser und Prediger zugeschrieben, den Gelehrte mit dem Namen Zweiter Jesaja beziehungsweise (nach dem Griechischen) Deutero-Jesaja identifizieren. Es herrscht allgemeine Übereinstimmung darüber, daß dieser unvergleichliche Prophet zur Zeit der babylonischen Gefangenschaft im 6. Jahrhundert v. Chr. lebte, vielleicht zweihundert Jahre nach Fertigstellung des Werkes des ursprünglichen Jesaja.

Viele Stellen bestätigen, daß die Menschen, an die sich der Prophet wandte, tatsächlich in der Gefangenschaft waren. Aber der Prophet bestand darauf, daß sie mit ihm an seiner freudigen Erwartung des Guten teilhaben müßten, an seiner Gewißheit, daß, wenn auch große Trübsal sie getroffen hatte, dies nicht das schließliche Ergebnis ihrer Prüfungszeit wäre. Gottes Macht war noch immer wirksam; Er würde sie von denen, die sie gefangenhielten, den Babyloniern (oder Chaldäern), befreien.

Es ist klar, dieser Verfasser, der seine Weissagung hauptsächlich in Gedichtform niederschreibt, war überzeugt, daß die Stärke des babylonischen Imperiums, wie groß sie auch anscheinend war, nicht mit der Macht und Majestät der von Israel erwählten Gottheit verglichen werden konnte. Die wiederholten Angriffe auf Jerusalem und die schließliche Zerstörung ihres Tempels, die sein Zeitgenosse Hesekiel so lebhaft beschrieben hat, schienen vielleicht das Ende der Hoffnungen und Sehnsüchte der Hebräer anzuzeigen. Doch die unauslöschbare Begeisterung des Deutero-Jesaja gab seinem eigenen Volk Mut und die Zuversicht, daß alle Macht und Herrlichkeit Gott angehörte und niemals zerstört werden konnte; auch deren Auswirkungen konnten nicht von einem heidnischen Volk oder dessen Herrschern aufgehoben werden.

Das Volk bedurfte der Unterstützung, Ermutigung und Liebe, zusammen mit der sicheren Verheißung auf Befreiung. Der Prophet wurde vom Herrn inspiriert, diese in Überfülle zu geben. Der Grundgedanke seiner Botschaft ist in den ersten Worten des 40. Kapitels enthalten: „Tröstet, tröstet mein Volk! spricht euer Gott.“ Wie sich seine Botschaft entfaltet, versichert der Verfasser seinen Zuhörern darüber hinaus: „Die Herrlichkeit des Herrn soll offenbart werden... Das Wort unseres Gottes bleibt ewiglich... Siehe, da ist Gott der Herr! Er kommt gewaltig, und sein Arm wird herrschen. Siehe, was er gewann, ist bei ihm, und was er sich erwarb, geht vor ihm her“ (Vers 5, 8, und 10).

Vielleicht unübertroffen in ihrer Schönheit sind die Worte aus dem 40. Kapitel, die von den Verfassern aller vier Evangelien als Weissagungen für das Kommen Johannes des Täufers als Vorläufer des Messias, Christus Jesus, gedeutet werden (siehe Matth. 3:3; Mark. 1:3; Luk. 3:4; Joh. 1:23). Tatsächlich finden sich in all den 16 Kapiteln, die dem Zweiten Jesaja zugeschrieben werden, hoch geschätzte und oft zitierte Stellen, die große Höhen der Inspiration erklimmen, wenn der Verfasser das Denken der Menschen aus falschen Hoffnungen und düsterer Verzweiflung zu erwecken und sie in das Sonnenlicht wahren Glaubens und in die Freude über die Erlösung, die er erschaut, zu erheben versucht.

Als der Zweite Jesaja das Kommen eines gerechten Mannes „von Osten her“ prophezeite (Jes. 41:2), mochte er sehr wohl Cyrus gemeint haben, der um 538 v. Chr. den Niedergang Babels herbeiführen sollte. Dieser Cyrus, der König von Persien, wurde als der „Gesalbte“ des Herrn (45:1) und als Sein „Hirte“ bezeichnet, der „zu Jerusalem [sagen soll]: Werde wieder gebaut! und zum Tempel: Werde gegründet!“ (44:28; siehe Esra, Kapitel 1.)

In diesem Teil des Buches des Zweiten Jesaja ist eine Reihe von Abschnitten in Versform, die oft die „Knecht-Gottes-Lieder“ genannt werden und sehr wahrscheinlich vom Propheten selbst verfaßt wurden. In diesen Gedichten (Jes. 42:1–4; 49:1–6; 50:4–9 und 52:13–53:12) wird der Herr so dargestellt, als ernenne Er einen Delegierten oder Vertreter für die Menschen — jemanden, der als des Herrn Knecht angesehen wird.

Mit den Gefangenen in Babel lebend, war sich dieser Seher des fruchtlosen Götzendienstes der chaldäischen Zauberer und anderer deutlich bewußt, und mit beißender Satire verhöhnt er die Falschheit ihrer angeblichen Götter. „Die sich auf Götzen verlassen und sprechen zum gegossenen Bilde:, Ihr seid unsre Götter!‘, die sollen zurückweichen und zuschanden werden“ (42:17). Im 44. Kapitel erscheint ein hervorragendes Beispiel für die Kunstfertigkeit des Verfassers, den Unterschied zu zeigen zwischen dem heidnischen Gott, der von einem Menschen aus einem Stück desselben Holzes geschnitzt wird, das als Feuerholz verwendet wird, und dem Herrn, der den Menschen und die ganze Erde geschaffen hat.

Der Zweite Jesaja scheint eine so tiefgehende Auffassung von Gott besessen zu haben, daß er Ihn als den Schöpfer von allem erkannte und dem Herrn selbst die unvergeßlichen Worte zuschrieb: „Ich habe die Erde gemacht und den Menschen auf ihr geschaffen. Ich bin's, dessen Hände den Himmel ausgebreitet haben und der seinem ganzen Heer geboten hat“ (45:12).

Das 55. Kapitel enthält die Herausforderung an sein Volk, seinem hohen Ideal zu folgen und die Bedeutung ihres göttlichen Erbes und ihrer weltweiten Mission zu erkennen (siehe Vers 3–5).

Man kann sagen, daß Deutero-Jesaja ein klareres Bild vom Wesen und Charakter der Gottheit zeichnet, als es in irgendeinem Teil der hebräischen Schriften zu finden ist. In der Tat ist er der Evangelist des Alten Testaments genannt worden, der sein Volk immer wieder auf die Notwendigkeit hinwies, sich an seinen Gott zu wenden und Ihm zu gehorchen. Sein aufrüttelnder Ruf könnte vielleicht mit diesen Worten, die etwa am Anfang seiner erhabenen Botschaft stehen, zusammengefaßt werden: „Siehe, da ist euer Gott“ (40:9).

Man hat vielleicht gedacht, daß, als die Manuskripte, die als die Schriftrollen vom Toten Meer bekannt geworden sind, ausgewertet wurden, die Frage über die unterschiedliche Urheberschaft des Buches Jesaja endgültig geklärt würde, doch offenbar wurde Jesaja, wie wir ihn heute kennen, selbst im 2. Jahrhundert v. Chr., dem Entstehungsdatum der berühmten Jesajarolle, der vollständigsten und am besten erhaltenen, die gefunden wurde, als eine Einheit betrachtet. Vielleicht ist das auf die Tatsache zurückzuführen, daß in allen drei deutlich hervortretenden Abschnitten des Buches die Botschaft eine gewisse Einheitlichkeit aufweist, nämlich das Verhältnis anderer Völker zu Juda. Welche Beziehungen zwischen Assyrien und Juda bestehen, findet man in den Kapiteln 1–39; welche Beziehungen zwischen Babel und Juda bestehen, ist der Inhalt der Kapitel 40–55; und in den Kapiteln 56–66 wird die heidnische Welt aufgefordert, die Erlösung anzuerkennen, die der Religion Judas, wie der Verfasser sie erschaute, innewohnt.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / April 1971

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.