Viele, die das Studium der Christlichen WissenschaftChristian Science: sprich: kr´istjən s´aiəns. aufnehmen, sind verwundert, daß manche, die sich Christliche Wissenschafter nennen, Eigenschaften aufweisen, die an Vollkommenheit zu wünschen übriglassen. Wenn der Mensch die vollkommene Widerspiegelung des vollkommenen Gottes ist, so fragen sie, wie kann dann jemand, der dies versteht, unvollkommene Gedanken hegen oder ein unvollkommenes Leben führen? Der Verwunderung wird durch manche Menschen Vorschub geleistet, die lieblos oder unehrlich handeln und ihre Handlungen durch Zitate aus der Bibel und aus den Werken Mary Baker Eddys, der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, zu rechtfertigen suchen.
Um diese Frage zu verstehen, sollten wir einmal darüber nachdenken, was Christus Jesus mit seinen Jüngern erlebte. Hier waren zwölf Männer, die ihre gewohnte Lebensweise aufgegeben hatten, um dem zu folgen, der den Christus, die Wahrheit, so hervorragend veranschaulichte. Sie gingen mit ihm, vernahmen seine Lehren, hörten seine einwandfreien Antworten auf die von ihnen gestellten Fragen und waren Zeugen seiner unvergleichlichen Heilungswerke. Doch Lukas berichtet von zwei Fällen, wo sich die Jünger miteinander zankten, „welcher unter ihnen sollte für den Größten gehalten werden“ Luk. 22:24; s. auch 9:46;. Als die Jünger im Garten Gethsemane Jesus hätten unterstützen sollen, schliefen sie. Judas verriet ihn. Petrus verlor den Mut, sich zu Jesus zu bekennen, und verleugnete ihn dreimal. Und nach der Auferstehung weigerte sich Thomas zu glauben, daß Jesus wirklich Jesus war, bis er die Wunden an seinem Körper sah.
Nachdem die Jünger den auferstandenen Jesus gesehen hatten, gingen sie fischen und fingen nichts, bis er am Ufer erschien und sie tadelnd ermahnte: „Werfet das Netz zur Rechten.“ Joh. 21:6; Mrs. Eddy erklärt uns den tieferen Sinn dieses Ereignisses: „Seine Traurigkeit war in Herrlichkeit und seiner Jünger Kummer in Reue übergegangen — die Herzen waren geläutert und der Stolz zurechtgewiesen worden. Von der Fruchtlosigkeit ihrer Arbeit im Dunkeln überzeugt und durch ihres Meisters Stimme erweckt, änderten sie ihr Verfahren, wandten sich von den materiellen Dingen ab und warfen ihr Netz auf der rechten Seite aus.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 35; Wenn wir hier zu lesen aufhörten, könnten wir zu dem Schluß kommen, daß unser Leben in dem Augenblick, wo wir die Wahrheit des geistigen Seins akzeptieren, ein Muster der Vollkommenheit wird. Doch lesen Sie weiter, was Mrs. Eddy im folgenden Satz sagt: „Indem sie Christus, Wahrheit, am Gestade der Zeit von neuem gewahrten, wurden sie befähigt, sich in etwas aus der sterblichen Sinnengebundenheit oder aus dem Begrabensein des Gemüts in der Materie in die Neuheit des Lebens, das Geist ist, zu erheben.“
Wenn sich die Jünger durch diese bedeutenden Erlebnisse und nach drei Jahren enger Gemeinschaft mit einem Menschen, durch den die Christus-Idee am lebendigsten zutage trat, „in etwas aus der sterblichen Sinnengebundenheit“ erhoben, sollten wir dann von denen, die das Studium der Christlichen Wissenschaft aufnehmen, oder selbst von denen, die ihre heilenden Wahrheiten aktiv ausüben, erwarten, daß sie über alle sterbliche Sinnengebundenheit erhaben sind? Sollten wir nicht vielmehr miteinander Geduld haben, das Gute erkennen, das diese Wissenschaft für diese Menschen getan hat, und uns vor Augen führen, daß das, was wir alle noch zu überwinden haben, schneller weichen wird, wenn wir uns gegenseitig demütig, ehrlich und in Liebe zu der vollkommenen Idee, dem Christus, unterstützen?
Die Christus-Idee bildet die Grundlage des christlich-wissenschaftlichen Heilens. Sie zeigt, daß der Mensch als das Ebenbild oder die Idee Gottes absolut vollkommen ist. Wenn wir uns ernsthaft damit befassen, was Mrs. Eddy über den Christus, die Wahrheit, sagt, können wir erkennen, was Gott ist — Leben, Geist, Seele, Prinzip — und wie der Mensch als der Ausdruck, die Offenbarwerdung, die Widerspiegelung oder die Idee alles dessen, was Gott ist, existiert. Durch unser Studium erhaschen wir Lichtblicke von der geistigen Wirklichkeit, die weit über unser gegenwärtiges Verständnis hinausgehen; doch diese Lichtblicke heben uns höher, und wir verstehen ein wenig mehr.
Wir stellen fest, daß wir, wenn wir uns um ein Verständnis von dem heilenden Christus, der Wahrheit, bemühen, für uns selber die Vollkommenheit, die Gott widerspiegelt, beanspruchen und die Unvollkommenheit zurückweisen müssen. Wenn wir dies tun, wird Unvollkommenes — schlechte Charakterzüge und Krankheit — geheilt. Wir müssen jedoch mit uns selbst ehrlich sein, wenn wir bei der Ausübung der Wissenschaft des Heilens stets erfolgreich sein wollen.
Der wirkliche Mensch ist vollkommen. Wenn wir auch diese Wahrheit für uns beanspruchen und die Annahmen verneinen, die behaupten, wir seien weniger als das, was der vollkommene Eine erschafft, so müssen wir doch diese Vollkommenheit nach bestem Können in unserem Leben zum Ausdruck bringen. Und das bedeutet unter anderem, es mit unseren menschlichen Unzulänglichkeiten aufzunehmen. Wenn wir nicht tatsächlich Jesu Rat befolgt haben: „Zieh zuvor den Balken aus deinem Auge“ Luk. 6:42;, versuchen wir vergeblich, den Splitter aus unseres Bruders Auge zu ziehen. Und wir richten viel Unheil an, wenn wir einen anderen Menschen so vergöttern, daß er den hohen Erwartungen, die wir in ihn setzen, nicht gerecht werden kann, es sei denn, er heuchele.
Im Lehrbuch Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift erklärt Mary Baker Eddy in dem Programm der Christlichen Wissenschaft die göttliche Vollkommenheit als die Wirklichkeit vom Dasein des Menschen und die Unvollkommenheit als die Unwirklichkeit. Und dieses Programm enthält unter anderem folgende Erklärung: „Die Christliche Wissenschaft demonstriert, daß nur die, die reines Herzens sind, Gott schauen können, wie das Evangelium lehrt. Im Verhältnis zu seiner Reinheit ist der Mensch vollkommen; und Vollkommenheit ist die Ordnung des himmlischen Seins, das das Leben in Christus, dem geistigen Ideal des Lebens, demonstriert.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 337.
