Im Handbuch Der Mutterkirche macht Mrs. Eddy die große Bedeutung der Lektionspredigten klar. Sie sagt: „Die Leser Der Mutterkirche und aller ihrer Zweigkirchen müssen einen angemessenen Teil ihrer Zeit der Vorbereitung auf das Lesen der Sonntagslektion widmen — einer Lektion, von der die Wohlfahrt der Christlichen Wissenschaft in hohem Grade abhängt.“ Handb., Art. III Abschn. 1;
Die Wohlfahrt der christlich-wissenschaftlichen Bewegung liegt den Anhängern dieser Religion am Herzen. Was für die Sache gut ist, muß auch für die Mitgleider gut sein. Ernstes Studium der Lektionspredigt fördert daher den Fortschritt des einzelnen Mitglieds und der Bewegung als Ganzes.
Lesen allein genügt nicht. Die geistige Bedeutung der Stellen muß erfaßt werden. Das erfordert Zeit. Wer meint, daß ihm dafür nicht genügend Zeit zur Verfügung stehe, wird sich mit dem sorgfältigen Studium von einem oder zweien der sechs Abschnitte, die jede Lektion umfaßt, begnügen wollen. Die gesamte Lektion bildet jedoch ein zusammenhängendes Ganzes. Viele machen es sich darum zur Gewohnheit, täglich die ganze Lektion zu lesen.
Das war auch jeden Morgen meine erste Tätigkeit. Aber nach dem ersten oder zweiten Abschnitt fingen die Gedanken an, immer wieder zu den materiellen Dingen und Angelegenheiten des Tages abzuschweifen. Es war dann kein gründliches Studieren des Buchstabens und Aufnehmen des Geistes mehr, das es hätte sein sollen. Mrs. Eddy schreibt: „Frage. — Wie kann ich am schnellsten im Verständnis der Christlichen Wissenschaft vorwärtskommen?
Antwort. — Studiere den Buchstaben gründlich und nimm den Geist in dich auf.“ Wissenschaft und Gesundheit, S. 495; Schnell vorwärtskommen wollte ich.
Eines Morgens sah ich, wie unvernünftig ich handelte. Gott, von dem ich behauptete, daß Er Alles und die einzige Macht ist, widmete ich recht wenig Zeit durch aufmerksames Lesen. Ich vergaß Ihn zwar nicht, maß aber den materiellen Dingen doch noch eine ungebührliche Bedeutung bei.
Als ich hierüber nachdachte, ging mir ein neues Licht auf. Es war ein Aufleuchten, das sich nicht in Worte fassen läßt. Es war der Christus, die wahre, geistige Idee Gottes, die zum menschlichen Bewußtsein kommt. Danach wurden materielle Dinge weniger wichtig. Gott war an die erste Stelle getreten. Die Allheit Gottes nahm von meinem Denken Besitz und verlieh ihm Ruhe, Frieden, Freude, Freiheit, Sicherheit.
Das Lesen der Lektion hörte auf, eine Art pflichtgemäßen Gehorsams zu sein, den ich manchmal willensmäßig übte, um einen besseren Status oder einen Besitz zu erlangen. Es wurde zu einer dankbaren Anerkennung der Macht des geistigen Verständnisses, Harmonie und das Gute in unser Leben zu bringen. Durch Christus, Wahrheit, wurde das tägliche Studium zu einem freudig empfundenen Antrieb, von der gegenwärtigen Möglichkeit Gebrauch zu machen, den mir offenbarten Himmel schon jetzt zu erleben. Nur göttliche Offenbarung überzeugt die Vernunft von der Nichtsheit der Materie.
Jeder Blick in die geistige Wirklichkeit, jede Wahrheitserkenntnis, befreit das menschliche Bewußtsein von einer mesmerischen Suggestion. Solche Suggestionen sind sterbliches Gemüt oder irriger Glaube an ein materielles Leben. Wenn das sterbliche Gemüt einer erkannten Wahrheit gegenübergestellt wird, beginnt es seinen scheinbaren Halt im Denken zu verlieren, und das geistige Verständnis beherrscht die Lage.
Das Verlangen nach Erlösung von Sünde, Krankheit und Tod — von all den Begrenzungen, die uns der sterbliche Sinn auferlegt — schlummert in allen Menschen. Es ist der Wunsch, höherzusteigen. Mrs. Eddy schreibt: „Wir sollten danach streben, die Horebshöhe zu erreichen, wo Gott sich offenbart.“ ebd., S. 241; Die Horebshöhe der Christlichen Wissenschaft ragt immer über den Nebel der materiellen Annahmen hinaus. Der Blick von dort ist ein Schauen dessen, was Gott erschafft — das geistige Universum. In einem solchen Schauen liegt Heilung. Die Lektionspredigten im Vierteljahrsheft der Christlichen Wissenschaft weisen den Weg zu dieser Horebshöhe. Es lohnt sich, sie gründlich zu studieren.
Das tat ich an jenem Morgen zum erstenmal, mit vollkommener Aufmerksamkeit und in einer bis dahin nicht gekannten Freude — drei Stunden lang. Der scheinbare Zeitverlust wurde zum doppelten Gewinn. Das ganze für den Tag vorgesehene Programm wurde harmonisch und schnell abgewickelt. Ich empfand die Verheißung und Gewißheit, die Jesaja ausdrückt: „Denn gleichwie der Regen und Schnee vom Himmel fällt und nicht wieder dahin zurückkehrt, sondern feuchtet die Erde und macht sie fruchtbar und läßt wachsen, daß sie gibt Samen, zu säen, und Brot, zu essen, so soll das Wort, das aus meinem Munde geht, auch sein: Es wird nicht wieder leer zu mir zurückkommen, sondern wird tun, was mir gefällt, und ihm wird gelingen, wozu ich es sende.“ Jes. 55:10, 11.
Durch unser Verständnis dieser Verheißung gibt Gott, Wahrheit, dem Menschen Herrschaft über die menschlichen Umstände. Christus Jesus hatte diese Erkenntnis und Herrschaft. Er heilte die Kranken und die Sünder und weckte die Toten auf. Er ließ diejenigen, denen es an etwas mangelte, die Fülle dessen erleben, was sie brauchten. Petrus ließ er das Geld für die Steuer in dem Mund eines Fisches finden. Er speiste Tausende, als für die menschliche Wahrnehmung nur wenige Brote und Fische zur Verfügung standen. Er ging unbehelligt durch die Menge, als man ihm übelwollte. Er erbrachte viele weitere Beweise dafür, daß Wahrheit, wenn erkannt, Wunder für die Sterblichen tut. Auch seine Jünger bewiesen diese Christusmacht. Und sie zeigt sich noch heute im Heilen.
Für mich gestaltete sich der Ablauf der geschäftlichen Angelegenheiten einfacher und harmonischer. Es gab immer weniger Schwierigkeiten. So war seit jenem Morgen täglich Zeit für ein aufmerksames Studium der ganzen Lektion.
Die Christliche Wissenschaft erzieht in ihrer rechten Anwendung das Denken — fort von materiellen Abschweifungen und Annahmen zu geistiger Betrachtung und Wahrnehmung. Ihre Anhänger kommen in die Gottesdienste nicht nur, um etwas zu empfangen; sie bringen eine Kenntnis der geistigen Bedeutung der gelesenen Stellen mit. Sie kommen in dem Bewußtsein der Gegenwart des unkörperlichen Christus, der ihr Denken und das der Besucher aus materieller Gebundenheit befreit, der sie erhebt, sie für Heilung empfänglich macht und sie heilt. Sie empfangen und genießen den Segen, den das Verständnis der geistigen Bedeutung der Bibellektionen mit sich bringt.
